Häufig halten Bauherren dem Bauunternehmer einen Baumangel vor mit der Begründung, die Bauleistung sei unter Verstoß gegen DIN-Normen errichtet worden.
(PM) Augsburg, 28.02.2012 - Verstoß gegen DIN-Norm = mangelhafte Leistung ?
Es stellt sich insoweit die Frage, ob ein solcher tatsächlicher Verstoß gegen DIN-Normen gleichzeitig einen rechtswirksamen Mangelvorwurf i.S.d. § 633 BGB begründet und die Nacherfüllungsansprüche i.S.d. § 634 BGB (früher: Gewährleistungsansprüche) des Bauherren gegen den Bauunternehmer auslöst.
Hierbei muss in rechtlicher Hinsicht beachtet werden, dass nach der Gesetzeslage (§ 633 Abs. 2 BGB bzw. § 13 Abs. 1 VOB/B) ein Sachmangel immer nur dann vorliegt, wenn die vereinbarte (Bau-) Leistung entweder gegen
- die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit verstößt,
oder (ohne eine solche Vereinbarung)
- die Leistung der vertraglich vorausgesetzten Verwendung nicht entspricht, oder
- die Leistung der sonst üblichen Beschaffenheit nicht entspricht.
Ist die vertragliche Beschaffenheit der Bauleistung zwischen den Vertragsparteien nicht explizit vereinbart und ist die Verpflichtung zur Einhaltung der DIN-Norm nicht genannt, kommt es allein auf die vorgenannten Verwendungstauglichkeit (Gebrauchstauglichkeit) oder deren sonst üblichen Beschaffenheit – und im Zusammenhang insbesondere dann auch auf die Frage der Einhaltung der sog. anerkannten Regeln der Technik - an.
DIN-Normen = anerkannte Regeln der Technik?
Insbesondere die anerkannten Regeln der Technik werden jedoch nicht (alleine) durch die DIN-Normen festgelegt. Bei den allgemeinen bekannten DIN-Normen handelt sich nämlich lediglich um sog. private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter, die häufig hinter den anerkannten Regeln der Technik zurückbleiben oder im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens sogar noch darüber hinausgehen können. Als anerkannte Regeln der Technik gelten in der Bauwirtschaft nur solche technische Regelungen, die sich in der (Bau-) Wissenschaft durchgesetzt haben und sich in der Praxis über mehrere Jahre bewährt haben.
Fazit
Alleinig eine Abweichung von DIN- Normen begründet keinen (Bau-) Mangel. Auch, wenn die Bauleistung von DIN-Normen abweicht, kann durchaus der (nach Gesetzeslage) geschuldete Erfolg erreicht sein. Nur, wenn die Einhaltung bestimmter DIN-Normen im Bauvertrag ausdrücklich vereinbart wird, so gehört deren Einhaltung zur vertraglich vereinbarten Beschaffenheit (sog. Beschaffenheitsvereinbarung) und ein Verstoß gegen die DIN-Norm begründet dann zugleich einen (Bau-) Mangel; und zwar unabhängig davon, ob die (Bau-) Leistung tatsächlich in der Gebrauchstauglichkeit eingeschränkt ist oder aber die anerkannten Regeln der Technik verletzt sind.