Fachartikel, 22.10.2012
Perspektive Mittelstand
Change Management
Mithilfe systemischer Dominanzen Change-Prozesse effektiv steuern
Wie erreichen wir Veränderungen in den Haltungen und im Verhalten von Menschen? Das so genannte Dominanz-Modell zeigt auf, an welchen Hebeln es bei Change-Vorhaben anzusetzen gilt.

Interaktion ist ein wesentliches Merkmal von Systemen. Denn Dinge, die nicht in Wechselwirkung, in Interaktion miteinander stehen, existieren nicht. Systeme leben durch Interaktion. Daraus folgt, dass es in Systemen nichts gibt, das unbeeinflusst ist. Alles beeinflusst sich gegenseitig. Beeinflussung geschieht allerdings hierarchisch. Der Stärkere beeinflusst stärker, der Schwächere schwächer.

Wir sollten also herausfinden, wer oder was in unserem System dominiert. Dann haben wir einen Ansatzpunkt für eine wirkungsvolle Beeinflussung des Systems. Wir können dann an den Stellen ansetzen, an denen unser Handeln mehr Auswirkungen hat, also bei den dominierenden Stellgrößen.

Die verschiedenen Ebenen des Dominanz-Modells

Das Dominanz-Modell beschreibt 4 Ebenen:

  • Externe Bedingungen
  • Interne Bedingungen
  • Regeln und Vorschriften und
  • Verhalten und Prozesse

Wenn wir in einem System, z.B. in einem Unternehmen oder in einer Abteilung etwas verändern wollen, können wir auf der unteren Ebene des Systems ansetzen. Das ist die Ebene des Verhaltens und der Prozesse. Das ist im Unternehmensalltag ein oft beschrittener Weg. Doch leider ist er meistens nicht von viel Erfolg gekrönt. Wenn wir mit Mitarbeitern reden, sind wir auf der Appell-Ebene. Damit haben wir erfahrungsgemäß die geringste Wirkung auf das Verhalten. 

Eine bessere Basis für Veränderungen ist die darüber liegende Ebene, die Ebene der Regeln. Das heißt, wir verändern Regeln, nach denen sich alle richten müssen. Wenn wir Regeln ändern, wird nicht nur eine Person ihr Verhalten ändern, sondern wahrscheinlich mehrere. Die Wirkung ist damit eine wesentlich größere.

Noch mehr Wirkung erzeugen wir auf einer Ebene darüber, nämlich auf der Ebene der internen Bedingungen. Diese bestimmen letztendlich die Regeln. Wenn wir Bedingungen ändern, ändern wir automatisch auch die Regeln. Dies führt automatisch zu Verhaltensänderungen.

Wenn wir dann sogar unser System verlassen (können) und externe Bedingungen ändern, dann ist das Maß der Einflussnahme maximal. Das passiert z.B., wenn durch massive Werbe- und Marketingaktionen sich die Bedürfnisse einer Zielgruppe ändern. Welches Unternehmen und welche Marketingexperten träumen nicht davon. Dann ändern sich auch die internen Bedingungen im Unternehmen, woraus die Änderung der Regeln und des Verhaltens resultiert. Das ist dann eine Funktionskette mit gewaltiger Wirkung. Sie ist aber nicht für jedermann zugänglich.

Denn normalerweise ist es bereits eine Herausforderung, wenn wir Regeln in einem Unternehmen neu setzen oder verändern. Wenn wir es dann schaffen, interne Bedingungen zu ändern, ist das ein noch tieferer Eingriff in das Geschehen eines Unternehmens. Dann sind wir schon „richtig gut“.

Das dargestellte Dominanz-Modell lenkt somit den Fokus für Veränderungen auf die Ebenen von Regeln und Bedingungen. Den Mitarbeitern steht dann die Ebene des Verhaltens und der Prozesse als Freiraum zur Verfügung. Trotzdem kann aber wirkungsvolle Steuerung – auf indirekte Weise – geschehen.

Die entscheidende Frage für uns ist, wo und wie können wir als Individuen ein System auf den verschiedenen Ebenen ganz konkret beeinflussen.

Wenn wir Verhalten und Prozesse ändern wollen

Das erreichen wir, wenn wir andere Personen beeinflussen durch:

  • Anweisungen
  • Macht ausüben
  • Lob und Tadel
  • Vorbild sein
  • Prämien auszahlen
  • Überzeugen
  • Beispiele schaffen

Außerdem können wir natürlich direkt bestimmte Prozesse gestalten, z.B. durch KVP (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess), Vorschlagswesen, Dokumentationsvorgaben, usw.

Wenn wir Regeln ändern wollen

Auf der Ebene der Regeln gibt es z.B. vereinbarte Verhaltensregeln. Dazu gehört „pünktlich sein“, „pünktlich aufhören“, Meetings nur mit einer maximalen Länge von 90 Minuten machen. Aber auch „ungeschriebene Gesetze“ und Verfahrensanweisungen gehören zur Regelebene. Desweiteren können wir auf der Ebene der Regeln Qualitätsmanagement-Systeme, Arbeitszeitregelung, Führungsleitlinien und Prämiensysteme nennen.

Wenn wir in der entsprechenden Position sind, können wir Regeln setzen oder verändern. Das kann geschehen, indem wir:

  • Gesetze schaffen (Legislative / Exekutive / Judikative)
  • Erlaubnisse erteilen oder entziehen
  • Leistungsbeziehungen gestalten
  • Verträge schließen

Wir können dies auch eher subtil veranlassen, indem wir eine informelle Hierarchie ausprägen. Diese können wir dafür nutzen, die Regelebene innerhalb unseres Verantwortungsbereiches in unserem Sinne zu prägen.
Komplexe Regeln können wir oft als einzelne nicht beeinflussen. Denn hier müssen wir andere Personen und Institutionen beachten, z.B. den Betriebsrat, andere Abteilungen, andere Bereichsleiter und Kollegen. In diesem Fall müssen wir versuchen, die Dinge so zu installieren und zu arrangieren, dass es unseren Zielen entspricht. Hierzu ist es notwendig, in Verhandlung zu treten mit den Kollegen und mit dem Betriebsrat. Hier wird deutlich, dass es die Hauptwaffe des Managers ist, zu reden und zu verhandeln.

Wenn wir interne Bedingungen verändern wollen

Zu den internen Bedingungen gehören: Unternehmensstrategien, Aufgabenverteilungen, Arbeitsort, Entlohnungsstrukturen, Platzverhältnisse und Ausstattung, Budgets und Qualifizierungsstrukturen.
Veränderungen auf dieser Ebene erreichen wir dadurch, dass wir:

  • Raum- und Zeitvorgaben machen
  • Ressourcen zuordnen
  • Strategien und Ziele vorgeben

Wenn wir externe Bedingungen ändern wollen

Zu der Ebene der externen Bedingungen zählen Märkte und Kunden, der Wettbewerb, die politischen Bedingungen, der Arbeitsmarkt, aber auch die Bedarfsentwicklung und Trends auf den Märkten, die Lieferantensituation und Tarifvereinbarungen.

Die Voraussetzung für Änderungen in diesem Bereich ist, die externen Bedingungen und deren Trends sehr gut zu kennen. Ein exaktes Monitoring ist also der erste Schritt. Die Tools für die Beeinflussung sind natürlich etwas gewichtiger. Es gehören dazu:

  • politische Einflussnahme
  • prägende Innovationen
  • Medienmacht
  • Meinungsbildung, Meinungsführerschaft
  • Kundenclubs, Fanclubs
  • Kapital-Expansion
  • Entwicklung kritischer Massen

Wie sichere ich meinen Erfolg?

In jedem Unternehmen gibt es Erfolgsfaktoren. Dazu gehören die strategischen oder betriebswirtschaftlichen Faktoren und die soziosystemische Erfolgsfaktoren. Das sind Sinn, Offenheit, Vertrauen und Verantwortung. Wenn diese vier Faktoren im Unternehmen stimmen, dann wird es auf Erfolgskurs gehen. Dann werden auch die strategischen Erfolgsfaktoren entsprechend gut gesteuert, ohne die letztendlich nichts geht.

Die soziosystemischen Erfolgsfaktoren werden von den verschiedenen Dominanz-Ebenen, z.B. von den Regeln und Bedingungen beeinflusst. Allerdings beeinflussen auch die Faktoren Verantwortung, Sinn, Offenheit und Vertrauen die Regeln und das Verhalten in Unternehmen.

Das Fazit aus der Auseinandersetzung mit dem Dominanz-Modell heißt, dass wir Regeln und Bedingungen gestalten müssen. Dann schaffen wir Erfolgsgrundlagen für unser Unternehmen, für unseren Verantwortungsbereich.

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ZUM AUTOR
Über Dr. rer. nat. Stefan Fourier
Humanagement GmbH
Dr. rer. nat. Stefan Fourier ist Autor des Buches „Jenseits von schnellen Gewinn“, Vortragsredner und Gründer der Unternehmensberatung Humanagement, die er seit 1990 leitet. Der promovierte Physiker ist seit über 30 Jahren im Management von Unternehmen tätig und berät globale und mittelständische Unternehmen bei der Entwicklung von Prozessen und Organisationen, Menschen, Netzwerken und Kulturen.
Humanagement GmbH
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