Pressemitteilung, 04.05.2007 - 15:55 Uhr
Perspektive Mittelstand
Mehr Wert für weniger Geld – Müssen Deutschlands Autohersteller Billigheimer werden?
(PM) , 04.05.2007 - Düsseldorf/Hannover – In der Automobilbranche galt lange Zeit das Diktum: „Dicke Motoren bedeuten dicke Margen“. Zwischen 1994 und 2004 wuchs das Premiumsegment um 80 Prozent auf 5,3 Millionen Wagen im Jahr, während der Massenmarkt nur um ein Viertel zulegte. Peter Littmann, Partner der Markenberatung Brandinsider www.brandinsider.com und Professor in Witten/Herdecke www.uni-wh.de, meldet im Handelsblatt www.handelsblatt.de Zweifel an, ob dies die richtige Strategie sei. Denn in anderen Branchen gelte längst „small ist beautiful“. Ob bei Fluggesellschaften, Telekommunikation oder Hotellerie, Elektronik, Uhren, Textilien und Schuhen – „die Preise sinken, oft bei steigender Qualität“. Littmann zufolge heiße die angesagte Devise „Mehr Wert für weniger Geld“. Das Ansehen eines Produktes sei nicht mehr unbedingt eine Funktion seines Preises. Image entstehe heute durch gelungene Inszenierung und saubere Abgrenzung von anderen Produkten. Littmann wirft der deutschen Autoindustrie Versäumnisse vor. Die Prognose der Unternehmensberatung Roland Berger www.rolandberger.com, dass im Jahr 2012 jährlich 18 Millionen Autos für unter 10.000 Euro verkauft würde, habe die Branche so „unvorbereitet getroffen wie ein in die Windschutzscheibe schlagender Kiesel“. Dasselbe gelte für Publikumsbefragungen auf Autoausstellungen. Dort sage fast jeder dritte Besucher, er sei vor allem neugierig auf die neue Generation der Geld- und Spritsparer. „Ob die von vier Rädern besessene deutsche Bevölkerung wirklich reif ist für das Thema Auto light, sei dahingestellt; die schnell prosperierenden Gesellschaften in Indien, China und Russland sind es allemal“, so der Autor. Ausländische Anbieter setzten bereits auf Billigautos, um konkurrenzfähig zu bleiben. So wolle Ford www.ford.com ein kleines Nachfolgemodell des Ka für 8.000 Euro in Polen vermarkten. General Motors widme mit Chevrolet eines von sieben Logos zum Billiglabel um. Und Renault-Nissan habe sich mit Dacia eine ehemals rumänische Marke zugelegt und vertreibe den Logan jetzt in 42 Ländern. In Deutschland könne Daimler-Chrysler weder mit dem Smart noch mit dem Dodge für den internationalen Markt überzeugen. BMW www.bmw.de halte sich weitgehend heraus und baue stattdessen den „rasant teuren Mini“. Da nach Schätzungen jeder siebte Arbeitsplatz in Deutschland direkt oder indirekt von der Automobilindustrie abhängt, ist die Frage, ob die hiesige Branche aktuelle Trends verschläft, von großer Bedeutung. Uwe Röhrig, Inhaber des Hannoveraner Beratungsunternehmens International Car Concept (ICC) www.icconcept.de, nimmt die deutsche Autoindustrie in Schutz: „Trotz teilweise widriger Rahmenbedingungen werden jährlich über drei Millionen Neufahrzeuge in Deutschland zugelassen. Hier sieht man eine klare Kontinuität, obwohl die Arbeitslosigkeit lange Zeit hoch und das Wirtschaftswachstum gering war. Die Flucht einiger Fahrzeughersteller in eigene oder auf Kooperation basierender Billigheimerherstellung ist ein falsches Signal und ein Ausweis verfehlter Modell- und Preispolitik und der Vernachlässigung der eigenen Handelsorganisationen.“ Von einem Verschlafen der deutschen Automobilindustrie könne keine Rede sein, denn letztlich habe jeder deutsche Hersteller das Anforderungs-Profil der Kundschaft in seinen Dienstleistungsspektrum und in seinem Produktportfolio präsent. Zudem arbeite die Industrie unter Beobachtung der Märkte an den erforderlichen Veränderungen, die mit einem erheblichen Mitteleinsatz für die Forschung und Entwicklung, eingesetzt würden. Was passiere, wenn eine solche Ausrichtung vernachlässigt werde, zeige in aller Brutalität die amerikanische Autoindustrie. „Der potentielle deutsche Autokäufer orientiert sich bei seiner Kaufentscheidung nicht nur an Preiskategorien, sondern honoriert durchaus eine entsprechende Dienstleistungsqualität und so genannte Rundum-Sorglospakete. Auch in den unteren Fahrzeugsegmenten hat die Nachfrage nach immer mehr passiver und aktiver Sicherheit und auch an den Komfort stark zugenommen. Dies wird von den deutschen Herstellern gewährleistet. Und diese Qualität hat auch ihren Preis.“