Pressemitteilung, 09.03.2006 - 09:42 Uhr
Perspektive Mittelstand
Liberale Gesellschaften verzichten auf moralisch überhöhte Familienpolitik - Vorabmeldung der Frühjahrsausgabe des Printmagazins NeueNachricht
(PM) , 09.03.2006 - Bonn – Jetzt hat auch das der Spiegel www.spiegel.de die Familie entdeckt. Der derzeitige Kindermangel werde eine Gesellschaft von Egoisten schaffen, so die Prognose des Hamburger Magazins, das bisher noch nicht als Streiter für Familienwerte in Erscheinung getreten ist. Gegen eine ideologische Überhöhung der Debatte, wie sie vor allem von katholisch-konservativen „Familienideologen“ und Zeitgeistjüngern betrieben wird, wendet sich Frank Schirrmacher. Der Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) www.faz.net kritisiert diejenigen, die das Kinderkriegen als eine rein materielle Frage begreifen. Denn selbst die so genannten „Familienideologen“, die so viel von Werten reden, äußern die Ansicht, dass die Erhöhung staatlicher Leistungen die Geburtenrate anheben würde. „Diese Diskussion ist absurd. Man hat dabei den Eindruck, als würden diejenigen, die solche Thesen vertreten, mit dem Taschenrechner herumfuchteln. Erst kürzlich wurde ja bekannt, dass der Staat über ein Dickicht von Förderinstrumenten pro Jahr rund 100 Milliarden Euro an Familien zahlt. Dabei ist laut Auflistung des Finanzministeriums der größte Posten das Kindergeld plus Freibeträge mit geschätzten 36,1 Milliarden Euro allein in 2006“, so die Einschätzung von Ansgar Lange, Chefredakteur des Bonner Wirtschaftsmagazins NeueNachricht www.ne-na.de. Lange kündigte an, dass das Fokusthema von NeueNachricht im April die demographische Frage sei. Es sei entscheidend, vom hohen moralischen Ross herabzusteigen und sich dem Thema unideologisch zu nähern. In diesem Punkt liege Frank Schirrmacher völlig richtig. „Die Familienpolitiker wollen die Realität an das System anpassen“, schreibt NeueNachricht-Redakteur Nicolaus Gläsner in der April-Ausgabe des Magazins. Selbst ausgewiesene Experten seien nicht davor gefeit, einem sachlichen und nüchternen Austausch von Argumenten im Wege zu stehen. Mit leichtem Unbehagen greife man zum Beispiel zu dem schmalen Band von Herwig Birg, der den Titel „Die ausgefallene Generation“ trägt: „Auf dem Cover hat der C. H. Beck-Verlag werbewirksam leere Kinderbetten auf der Säuglingsstation plaziert. An der fachlichen Kompetenz Birgs kann kein Zweifel bestehen. Bis 2004 war er Leiter des Instituts für Bevölkerungsforschung und Sozialpolitik der Universität Bielefeld. Außerdem weisen ihn seine zahlreichen Publikationen in nationalen und internationalen Fachzeitschriften und diverse Bücher als Experten aus. Befremdlich wirken die Passagen, in denen Birg einen moralisierenden Ton anschlägt. Birg wolle mit seinem Buch Meinung machen. Das sei völlig legitim. Aber es sei fraglich, ob sein kulturkämpferischer Duktus nicht eher dazu beitrage, die Gräben zwischen Kinderlosen und Leuten mit Kindern aufzureißen. Zweifelhaft bleibe auch, ob allein die Durchsetzung des politischen Willens der Eltern dazu führen würde, dass in Deutschland wieder mehr Kinder in die Welt gesetzt werden. Die Forderungen mancher „Familienideologen“, die jetzt eine Benachteiligung der Familien beklagten, plädierten letztlich dafür, nun den Spieß umzudrehen und die Kinderlosen abzustrafen. Familienpolitik werde so zu einer moralische frapierten Interessenpolitik. Gläsner pflichtet dem Welt-Redakteur Matthias Kamann zu: Deutschland habe keine Familienpolitik, sondern nur eine Ideologiepolitik. „Eine liberale Gesellschaft schreibt den Menschen nicht vor, wie sie zu leben haben. Liberale Politiker – nicht im parteipolitischen Sinn – richten ihr Handeln nicht danach aus, was vielleicht wünschenswert wäre. Sie nehmen zur Kenntnis, dass die ‚Reproduktionsrate’ von 2,1 Kindern pro Frau in Deutschland gravierend unterschritten wird. Sie werden alles tun, damit die Rahmenbedingungen, die sie beeinflussen können, kinder- und familienfreundlich ausfallen. Doch sie werden sich dafür hüten, Menschen dafür zu bestrafen, dass sie gewollt oder ungewollt kinderlos oder ohne Partner leben. Denn dies ist reine Privatsphäre. Sie werden sich nicht zum Richter aufschwingen über Menschen, die anders leben als sie es selbst tun. Es ist aber zu befürchten, dass es ihnen an Mut mangeln wird, den Bürgern reinen Wein einzuschenken. Und dieser ‚reine Wein’ besteht darin, dass mehr Geld nicht automatisch mehr Kinder bedeutet. Und zur Wahrheit gehört auch, dass ein radikaler Systemwechsel in der Renten-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik vonnöten ist. Denn wer immer mehr Geld in marode und unzeitgemäße Systeme schießt, handelt verantwortungslos. Vielleicht sehen dann auch diejenigen, die so gern auf dem hohen Ross der Moral sitzen, ein, dass man Kinder bekommt, weil man sie liebt und einen natürlichen Wunsch danach verspürt. Wer sich den eigenen Kinderwunsch nur auf dem Taschenrechner ausrechnet und ein paar mehr oder weniger Euro Staatsknete für entscheidend hält, der bleibt vielleicht sowieso besser kinderlos“, so Gläsner.Das Magazin NeueNachricht erscheint vierteljährlich. Das Einzelheft kostet 8,20 Euro. Bestellungen per Fax unter: 0228 – 620 44 75 oder E-Mail: baerbel.goddon@sohn.de. Redaktionen erhalten Besprechungsexemplare kostenlos. Wir schicken Ihnen auch gerne vorab den kompletten Beitrag.