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Fachartikel, 29.09.2008
Kundenfokussierte Unternehmensführung
Den Kunden zum Chef machen
Unternehmen, deren Produkte und Leistungen nicht auf die Bedürfnisse des Kunden ausgerichtet sind, haben heutzutage kaum mehr eine Chance. In Spitzenunternehmen hingegen wirkt der Kunde an Verbesserungsprozessen aktiv mit und wird zum Ideengeber, Innovationstreiber und kostenlosen Unternehmensberater. Worum es in Zukunft geht, ist eine kundenfokussierte Unternehmensführung - angefangen vom Sales und Marketing bis hin zur Organisationsentwicklung.
Man braucht kein Detektiv zu sein, um in jedem x-beliebig gewählten Unternehmen kundenfeindliche Prozesse, Strukturen, Sprach- und Verhaltensweisen aufzuspüren. Schuld daran ist zweierlei: selbstorientiertes Denken und Handeln sowie mangelndes Verständnis dafür, was den Kunden wirklich bewegt. So schätzt Tim Bosenick, Geschäftsführer der Firma Sirvaluse, dass nur 30 Prozent aller technischen Produkte vor ihrer Markteinführung auf Benutzerfreundlichkeit getestet werden.

Was Kundennähe wirklich bedeutet

Kunden lassen sich nicht länger an Sales & Marketing wegdelegieren, sie gehen Jeden im Unternehmen an. Die Tüftler müssen ihr stilles Kämmerlein, die Manager den grünen Tisch und die CEO‘s ihre behütende Vorstandsetage verlassen, um Feedback-Schleifen zu drehen. Sie sollten sich Mikrofone schnappen und die Kunden inständig befragen. Sie sollten sich Kameras nehmen und hinter den Kunden herlaufen, um aufzuzeichnen, wie sie agieren. ‚Go-and-see for yourself‘ nennen die Amerikaner diesen Kurs.

In kundenfreundlichen Unternehmen kommt man sich nicht in Sitzungsräumen, sondern am Ort des Geschehens näher. Hierzu können etwa die Werksleiter und Ingenieure ihre Zelte beim Kunden aufschlagen oder sich vom Kunden anstellen lassen und mitarbeiten, um zu verstehen, was tatsächlich Sache ist. Die Kunden selbst sollten in die Forschungs- und Entwicklungslabors eingeladen werden, um Hinweise zu geben und Anliegen zu äußern.

In jedem Fall müssen Mitarbeiter und Kunden regelmäßig zusammentreffen, um mehr Verständnis füreinander zu entwickeln. In den Fahrradläden der US-Firma Zane’s Cycles gibt es beispielsweise in der Mitte eine riesige Coffee-Bar. Die Monteure nehmen dort die Mittagspause ein und können dabei mit Kunden plaudern.

Kundenähe in der Chefetage

In seinem Buch ‚Hidden Champions des 21. Jahrhunderts‘ macht Hermann Simon deutlich: Die Besten betrachten langjährige Kundenbeziehungen als ihre größte Stärke und praktizieren eine Kundennähe, die über das übliche Maß weit hinausgeht. Hermann Kronseder, Gründer von Krones, einem Hersteller und Weltmarktführer von Flaschenabfüllanlagen, sagt dazu:

„Bei uns ist es seit Jahren eingeführt, dass bei der Rückkehr der Monteure die aufgetretenen Schwierigkeiten an den Maschinen dem Konstrukteur und mir erzählt werden müssen, und zwar, welche Mängel auftraten, was geändert werden müsste, wie die Maschine verbessert werden kann usw.. Ich bin grundsätzlich bei solchen Besprechungen mit dabei, denn sonst würde der Monteur rücksichtslos an die Wand gedrückt. Der Konstrukteur hat eine wesentlich stärkere Stellung und ist in der Regel auch viel redegewandter. Dieser Punkt ist in vielen Betrieben ein Manko. Die Monteure haben kaum Gelegenheit, den Konstrukteuren mal über ihre Erfahrungen beim Kunden zu berichten.“

Wie die Fachzeitschrift Absatzwirtschaft berichtete, besuchen Audi-Manager aus allen Unternehmensbereichen repräsentativ ausgewählte Kundenfamilien, um deren Alltag mitzuerleben. Bei Bizerba, einem Hersteller von Wägetechnik, gehen die Ingenieure bei der Erstinstallation mit zum Kunden. Dabei lernen sie, wie der Bediener mit dem Gerät umgeht und welche Schwierigkeiten auftreten. So kam man drauf, wie wichtig Piktogramme sind, wenn beispielsweise Aushilfskräfte im Einzelhandel mit den Kassensystemen arbeiten.

Der Kunde an erster Stelle?

Die knappste Ressource im Unternehmen ist nicht das Kapital, sondern es sind die Führungskräfte, die kundenfokussiert denken und handeln. Dabei zählt allerdings nicht das, was in wohlklingenden Sonntagsreden, aufwändigen Geschäftsberichten und weichgespülten Pressemeldungen ertönt, sondern vielmehr das, was von montags bis freitags im Unternehmen tatsächlich gelebt wird – und zwar aus Sicht des Kunden betrachtet.

Betrachten wir beispielhaft eine typische BtoB-Präsentation, so läuft diese in etwa wie folgt ab: „Ich erläutere Ihnen zunächst einmal, wer wir sind und was wir für Sie tun können.“ Dazu auf den Folien 1 bis 20: das eigene Unternehmen, die Standorte, die Geschichte, die Umsatzentwicklung, die Führungsmannschaft, die Produkte, noch mehr Produkte, die dazugehörigen Services, das Leitbild und so weiter und so fort. Nach 30 Minuten schließlich auf der letzten Seite: die bestehenden Kundenbeziehungen in Form eines Logofriedhofs. So lernt man dann: Der Kunde kommt zum Schluss. Dabei müsste er gerade im Vertrieb an erster Stelle stehen.

In der kundenfokussierten Kommunikation bleiben solche Präsentationen zunächst im Koffer oder sie beschränken sich auf fünf Minuten und höchstens drei Folien. Alles soll sich um den Kunden und dessen Unternehmen drehen. Ziel muss es sein, einzigartige Lösungen zu finden, die dem Kunden helfen, (noch) erfolgreicher zu werden.

Bester Problemlöser sein

Das Wissen über Kundenwünsche und -probleme muss systematisch in alle Abteilungen getragen werden. Dabei gibt es:

  • Die scheinbare, oberflächliche, selbst entwickelte Problemlösung. Hierbei wird nach eigenem Ermessen um ein bestehendes Produkt herum ein bisschen Service gepackt, als Lösung umschrieben und dann in den Markt gedrückt. Das ist der alte Weg.
  • Die echte, tiefe, kundenfokussierte Problemlösung. Hierbei beschäftigt man sich intensiv mit den Problemen des Kunden und erarbeitet mit ihm gemeinsam eine einzigartige, differenzierende und möglichst unkopierbare Lösung. Das ist der neue Weg.

Wer kundenfokussierte Problemlösungen entwickelt, verabschiedet sich von seiner egozentrierten Sichtweise und taucht tief ein in die Kundenwelt. „Was ist Ihr brennendstes Problem?“ wird er fragen, oder: „Wovon träumen Sie?“ und sich selbst: „Welche Lösungen bieten nur wir diesem Kunden – und was können wir deutlich nachvollziehbar besser als alle Anderen?“

Dort, wo die größten Kundenprobleme sind, schlummert oft auch die höchste Rendite. Weil ein echter Lösungsanbieter als langfristig wertvoller Partner gesehen wird und nicht als austauschbarer Lieferant, fördert der Lösungsverkauf auch die Kundenloyalität und das Empfehlungsgeschäft. Reine Konditionen- und Mengengespräche rücken dann schnell in den Hintergrund.

Der Kunde ist der wahre Boss

„Wonach haben die Kunden denn heute gefragt“, muss Standard werden im Kommunikationsrepertoire einer Führungskraft. Von Kunden kann man eine Menge lernen. Unternehmen müssen täglich neu in Erfahrung bringen, was die wirklich Kunden wollen, um in Rekordgeschwindigkeit auf Marktveränderungen zu reagieren. Bei Kunden schlummert das bislang am wenigsten genutzte Kreativpotenzial. Wer Kunden aktiv einbindet und sie zum Mitgestalter macht, erhält automatisch bessere Lösungen.

So lässt sich der Kunde entlang der gesamten Wertschöpfungskette in Entwicklungsprozesse einbeziehen, er initiiert, beschleunigt, bereichert, verändert oder stoppt. Über Befragungen, Tests, Verbesserungsvorschläge und Kritiken liefert er wichtige Indikatoren, wie unternehmerische Leistungen kundenspezifisch weiterentwickelt werden können, sollen und müssen. Jede Innovation hat ja schließlich ein Ziel: den Kunden. Kundenwünsche steuern heute die Unternehmen. Der Kunde ist der wahre Boss.

Querverweis
www.kundenfokussierte-unternehmensfuehrung.com

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