Fachartikel, 13.12.2010
Perspektive Mittelstand
Krisenmanagement
Führungsprinzipien beim Turnaround-Management
Zu keinem Zeitpunkt wirken Führungsschwächen fataler als in Zeiten einer Unternehmenskrise. Denn beim Krisenmanagement gibt es meist nur die eine Chance. Wird sie vertan, bedeutet das das Aus.

Abstrakt betrachtet ist eine Unternehmenskrise ein instabiler Zustand, der zu problematischen, mit einem Wendepunkt verknüpften Entscheidungssituationen führt. Konkret bedeutet dies meist, dass in absehbarer Zeit keine ausreichenden Geldmittel mehr verfügbar sind, um den weiteren Geschäftsbetrieb zu finanzieren. Daher besteht akuter Handlungsbedarf, um eine Insolvenz zu vermeiden.


Für Manager ist diese Situation eine herausfordernde Aufgabe. Die unausweichliche Forderung nach tatsächlichen Ergebnissen, die sich direkt in der Gewinn- und Verlustrechnung sowie der Bilanz abbilden lassen, stellt für viele Führungskräfte absolutes Neuland dar. Erschwerend kommt hinzu, dass keine Zeit für ausgedehnte Analysen und Diskussionen zur Verfügung steht, da Krisen meist erst erkannt werden wenn sie bereits akut sind. Es muss schnell und ergebnisorientiert gehandelt werden.

Als ob dies nicht genug wäre wird eine Krisensituation in der Regel von hoher Nervosität der Kapitalgeber begleitet. Vorsorglich erfolgt die Betreuung deshalb in speziell für diesen Zweck eingerichteten Risikoabteilungen. Die Anforderungen an die Kommunikation von Finanzinformationen und betrieblichen Kennzahlen steigen dadurch massiv. Berichtsperioden sind zwischen wöchentlich und monatlich angesetzt, detaillierte Fragenkataloge der Kapitalgeber sind unmittelbar zu bearbeiten und ausführliche Szenarien integrierter Planungen sowie Maßnahmenkataloge sind aufzustellen. Ziel ist den aktuellen Unternehmensstatus und künftige Szenarien möglichst detailliert zu quantifizieren, um die Situation messbar zu gestalten. Für Führungskräfte bedeutet das eine Zunahme an Reportingtätigkeit, um die Ergebnisse aus der Restrukturierungsarbeit zeitnah an den Interessenskreis kommunizieren zu können. Die Rahmenbedingungen in der Krise führen zu einer enormen Belastung für alle Beteiligten. Ohne effiziente und pragmatische Führung ist diese Situation nicht zu bewältigen. Jeder muss wissen wohin die Reise geht und was von ihm erwartet wird.

„Führung ist ganz einfach: man muss sagen, was man will.“ (Helmut Maucher)

Sieben Führungsprinzipien beim Krisenmanagement

1. Autorität schaffen – Führungsposition festigen

Für die Rolle der Führungskraft ist Akzeptanz und Respekt seitens des zu führenden Teams erforderlich. Vor diesem Hintergrund ist proaktiv Position zu beziehen, um die Führungsrolle erfolgreich ausfüllen zu können. Das heißt, die Führungskraft stellt die Regeln für die zukünftige Zusammenarbeit auf, kommuniziert diese klipp und klar und schafft auf diese Weise die notwendige Autorität. Angesprochen werden sollte beispielsweise der Nutzen, den das Team von der Führungskraft hat, die Abgrenzung zwischen Führung und Mitarbeiter, die Erwartungen an das Team, die Zuordnung von Aufgaben, Rollen und Verantwortlichkeiten, die Gestaltung von Abläufen, die Regelung von Terminen und Arbeitszeiten und die Budget- und Ressourcenverwaltung. Umso klarer und zielstrebiger die Führungskraft die Rahmenbedingungen festlegt, desto eindeutiger festigt sie ihre Führungsposition.

2. Ziele definieren und beschreiben

Die Definition eines Ziels sollte die Bausteine der SMART-Formel beinhalten. Das heißt, das Ziel muss spezifisch (S) definiert werden, messbar (M) gestaltet, von den Betroffenen akzeptiert, relevant (R) und terminiert (T) sein. Um sicherzustellen, dass die Führungskraft und der Mitarbeiter ein gemeinsames Verständnis des Ziels haben, sollte bei wichtigen Aufgaben zusätzlich eine Zielbeschreibung angefertigt werden. Eine Zielbeschreibung ist eine gut lesbare schriftliche Fixierung des Ziels mit Angabe der Durchführungsvorgaben, Rahmenbedingungen und Leistungsanforderungen. Der Umfang sollte maximal eine DinA4-Seite betragen. Die Beschreibung ist von allen Beteiligten zu unterschreiben.

3. Führen – Anweisung geben und steuern

Aufgrund des Reizthemas soziale Kompetenz kommt es bei der Mitarbeiterführung immer wieder zu Missverständnissen. Häufig wird als sozial kompetent bezeichnet, wer lieb und nett ist und unter allen Umständen versucht, die Gefühle seiner Kollegen nicht zu verletzen.  Es ist allerdings ein Trugschluss, dass aufgrund sozialer Kompetenz nichts im Unternehmen geschehen darf, dass die Gefühle von Mitarbeitern verletzt. Soziale Kompetenz ist ein Ausdruck für das Verständnis und den Aufbau von Beziehungen mit anderen. Sozial kompetente Menschen haben ein gutes Gespür für andere und den Umgang mit ihnen. Mit lieb und nett hat das nichts zu tun. Bei der Führung von Mitarbeitern geht darum, auf Menschen zugehen, Gespräche zu führen, Menschen einbeziehen und konstruktiv mit Menschen arbeiten zu können. Dies erfordert die Kommunikation einer klaren Erwartungshaltung, gemeinsame Zielabstimmung, Unterstützung der Mitarbeiter im Bedarfsfall sowie das Einfordern von Ergebnissen.

4. Aufgaben Delegieren – Arbeit abgeben, Verantwortung behalten

Aufgabendelegation erfordert einen klaren Rahmen. Es ist konkret zu definieren was delegiert wird, bis wann es zu erledigen ist und vor allem mit welcher Zielstellung dies erfolgt. Auf dieser Grundlage ist zu entscheiden, wer die Aufgabe übernehmen soll und inwiefern weitere Instruktionen oder Hilfestellung durch die Führungskraft erforderlich sind. Dies ist grundsätzlich abhängig von der Fähigkeit des Mitarbeiters. Vor Übertragung der Aufgabe ist der entsprechende Mitarbeiter mit einzubeziehen, um die Hintergründe und Zusammenhänge der Aufgabendelegation gemeinsam durchzusprechen und eine Erwartungshaltung zu definieren. Klare Regeln, offene Kommunikation und gemeinsame Zielsetzung sind die Basis für erfolgreiches Delegieren.

5. Klar und ergebnisorientiert kommunizieren

Der „kommunikativen Informationsflut“ die von Email und Präsentationssoftware in den letzten zwei Jahrzenten ausgelöst worden ist, ist kaum noch Herr zu werden. Anstatt eine klare Botschaft an den Empfänger zu geben werden regelmäßig nutzlose Details, themenfremde Informationen, Informationen mit Absicherungscharakter oder auch reines Eigenlob des Senders transportiert. Mit etwas Glück findet der Empfänger zwischen den Zeilen die entscheidungsrelevante Information. Manchmal fehlt diese auch völlig. Diese Kommunikationskultur hat leider vor der Führungskommunikation nicht halt gemacht. Die Führungskraft sollte daher mit gutem Beispiel vorangehen und darauf achten, dass die Kommunikation im Team vornehmlich klar, reduziert, ergebnisorientiert und empfängerbezogen ist.

6. Entscheiden

Die primäre Aufgabe von Führungskräften ist das Treffen von Entscheidungen. Dieser Verantwortung versuchen sich manche Führungskräfte immer wieder zu entziehen, indem sie Entscheidungen delegieren oder im Team treffen. Dies führt zum Verlust von Verbindlichkeit und Verantwortung, da keine konkrete Person für die Zielerreichung einstehen muss. Des Weiteren neigen Teams zum Denken und Handeln in Kompromissen. Das führt häufig zu Entscheidungen ohne klare Richtung. Führungskräfte sollten daher folgende Trennung beherzigen: Die Erarbeitung einer Entscheidung sollte im Team erfolgen, die Entscheidung selbst wird von einer Person getroffen.

7. Ergebnisse kontrolliere und messen

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Eine der zentralen und nicht delegierbaren Aufgaben der Führungskraft ist die Kontrolle bzw. Messung von Forecasts, Fortschritten und Ergebnissen. Die Kontrolle sollte im Rahmen der Begleitung oder Hilfestellung der Mitarbeiter erfolgen und somit eine übliche Tätigkeit innerhalb der Linien- bzw. Projektarbeit sein. Der Schwerpunkt der Kontrolltätigkeit muss auf zukünftigen Ergebnissen liegen. Wer nur Erreichtes überprüft, hat keine Möglichkeit Abweichungen rechtzeitig zu erkennen, um diese zu korrigieren. Daher ist die Definition von Meilensteinen und Ergebnisforecasts unerlässlich.

Die sieben zentralen Führungsregeln aus dem Turnaround-Management sind pragmatisch und zielorientiert. Deren Berücksichtigung führt zu mehr Effizienz und Verbindlichkeit bei Führung und Steuerung auf sämtlichen Unternehmensebenen. Resultate sind unter anderem höhere Umsetzungsgeschwindigkeit, ergebnisorientierte Führung und frühzeitiges Gegensteuern bei Planabweichungen. Kurz gesagt, gute Ergebnisse mit einfachen Mitteln.

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ZUM AUTOR
Über Peter Daiser
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Peter Daiser ist geschäftsführender Gesellschafter von | 8e. Das Unternehmen | 8e ist ein Zusammenschluss ehemaliger Krisenberater mit dem Fokus, die effizienten und pragmatischen Vorgehensweisen aus dem Turnaround-Management im Alltagsgeschäft von Unternehmen nutzbar zu machen. Grundlage bildet das von | 8e entwickelte Konzept Tigao, das zu strukturierter Verbesserung in Führung und Steuerung indirekter Bereiche führt.
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