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Kolumne
Balance–Akt, 11.11.2011
Kreative Ruhepausen
Langweilen zum Wohle des Unternehmens
In den meisten Firmen wird non-stop durchgepowert. Besser wäre es, Phasen des Innehaltens und des Langweilens zu institutionalisieren. Wie eine US-Wissenschaftlerin herausfand, kann Langeweile nämlich beflügeln und kreative Ideen fördern. Von Kurzauszeiten profitieren somit Unternehmen und Mitarbeiter.
Dass Mitarbeiter, die sich langweilen, dies auch zum Nutzen ihres Arbeitgebers tun, denken wohl die wenigsten. Dabei liegt es auf der Hand: Gezielt eingesetzte Phasen der Langeweile können in Unternehmen ein starker Innovationsmotor sein. Insbesondere nach Phasen großer Anspannung empfiehlt es sich, Langeweile als Kreativitätstechnik einzusetzen.

Aus Zeiten der Regeneration und Reflexion entspringen nämlich nicht selten kreative Ideen als Mittel, die Langeweile zu vertreiben. Fritz B. Simon, Professor für Führung und Organisation am Institut für Familienunternehmen der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Witten/Herdecke, fordert deswegen folgerichtig sogar mehr Langeweile für Organisationen, zumindest phasenweise.

Doch das Thema Langeweile im Berufsalltag wird meistens tabuisiert, schließlich ist jeder Arbeitnehmer laut Arbeitsvertrag verpflichtet, über die gesamte Arbeitszeit aktiv zu arbeiten. Wer sich jedoch langweilt, gilt als nicht ausgelastet und wird mit neuen Aufgaben zugeschüttet. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Aufgaben stellt sich dabei oft nicht mehr. Wie Voltaire sind die meisten Entscheider in Organisationen der Meinung, dass „in der Langeweile unser größter Feind liegt.“

Anders der deutsche „Dichterfürst“ Johann Wolfgang von Goethe, der, frei zitiert, die Langeweile als die „Mutter der Musen“ verstand. Es liegt damit im Verantwortungsbereich der Führungskräfte, ihre Mitarbeiter vor dem Versiegen ihrer Kreativität durch mehr Freiräume des Nichtstuns zu schützen. Denn, wo ausgefüllte Terminkalender die Regel sind, fehlt die Zeit für kreativitätsfördernde Ruhephasen, die ein wichtiger Motor für Innovationen unserer Wirtschaft sein könnten.

Warum das so ist, belegt etwa die US-Wissenschaftlerin Malia F. Mason. So fand die Forscherin der Harvard University heraus, dass Langeweile zu Tagträumen anregt. Ist das Gehirn nicht ausgelastet, fangen die Gedanken automatisch an zu wandern. Zum einen dient die Tagträumerei, langweilige Routineaufgaben zu bewältigen, zum anderen werden dadurch neue Gedanken und Ideen hervorgebracht.

Oft sind es gerade Situationen ausgeprägter Langeweile, in denen uns Geistesblitze nur so durchfließen. Wenn das Gehirn nichts anderes zu tun hat, werden Areale aktiv, die für Gedächtnis, Kreativität und Intelligenz zuständig sind, ermittelte die Wissenschaftlerin mithilfe der funktionalen Magnetresonanz-Tomografie. Das Gehirn macht also nie nichts. Denn in Phasen des geistigen Leerlaufs sucht unser Hirn nach Wegen, um der Langeweile zu entfliehen. Hier findet ein enormer Kreativitätsprozess statt.

Es ist also an der Zeit, nicht nur den Begriff „Langeweile“ positiver zu besetzen, sondern in Organisationen dafür zu sorgen, dass Mitarbeiter dieses Potenzial für neue Ideen besser nutzen können. Phasen der Langeweile, wie ausgeführt, sind keine verschwendete Zeit, sondern beinhalten kreative Produktivität. Der Nutzen für Unternehmen ist evident, auch weil die Mitarbeiter nach diesen kreativen Phasen wieder leistungsfähiger sind. Gleichzeitig sinkt das Risiko, dass Mitarbeiter sich völlig auspowern.
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Über Dr. Michaela Moser
Dr. Michaela Moser verfügt über eine jahrelange Management-Erfahrung in diversen international tätigen Konzernen. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre und berufsbegleitende Promotion an der Universität zu Köln war sie zunächst als Steuerassistentin ... mehr
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