Fachartikel, 23.03.2011
Perspektive Mittelstand
Gut investieren
Unternehmenserfolg erfordert Investitionen
Der Zeitpunkt ist günstig, genau jetzt zu investieren: die Zinsen sind so niedrig wie lange nicht, die Konjunktur steht auf Wachstum. Das Dilemma: Da die Banken die Kreditvergabe restriktieren und eine Fülle an Sicherheiten fordern, gestalten sich Investitionen für viele Unternehmen schwierig.
Wer kann, investiert – schließlich hängt das Schicksal des Mittelstands auch an seinen Investitionen. Denn wer zu wenig investiert, gefährdet die eigene Entwicklung – und zukünftige Gewinne. Aber wer zu viel oder falsch investiert, gefährdet Liquidität und Betriebsergebnis. Wie können Unternehmen nun klug investieren?

Besonders vier Aspekte gilt es dabei im Blick zu behalten:

1. Die Bank

Zuallererst ist es entscheidend, die Finanzierung zu sichern – und wer dafür die Bank braucht, muss überzeugen. Deren Anforderungen sind gestiegen, Kredite sind teurer und Banken verlangen mehr Sicherheiten, bevor sie Investitionen ermöglichen. Was können Unternehmer tun?

Vieles, was die Bank nun wissen möchte, gehört ohnehin zum Tagesgeschäft: die Bilanz, Quartalsauswertungen, Summen- und Saldenlisten. Wer die entsprechenden Zahlen aktuell hält, ist bereits im Vorteil. Darüber hinaus ist die Einschätzung von Risiken und Entwicklung entsprechender Maßnahmen wichtig. Will ein Produktionsunternehmen zum Beispiel eine neue Fertigungsstraße bauen, die nur von Aufträgen eines einzigen Kunden ausgelastet wird, geht es ein signifikantes Risiko ein. Was passiert, wenn dieser Kunde abspringt? Die Bank erwartet hier ein Szenario, das Lösungen für diesen Fall aufzeigt – zum Beispiel die Akquise weiterer Kunden oder vertragliche Absicherungen. Wer vorbereitet ist, zeigt nicht nur Kompetenz, sondern kann im Ernstfall auch schneller handeln. Und ist die neue Fertigungsstraße erst in Betrieb genommen, kann das Unternehmen den Bankberater einladen und ihm die Anlagen vorführen. So bekommt dieser einen unmittelbaren Eindruck, was das Vertrauen festigt und die langfristige Beziehung stärkt.

Wer geschickt investiert, kann auch sein Rating verbessern. So sorgt die termin- und kostengerechte Umsetzung der Investition dafür, dass die Anschaffungsauszahlungen wie geplant eintreten; und gleichzeitig für einen besseren Cashflow, da die geplanten Vorteile der Investition termingerecht wirken. Sorgfältige Planung, pünktliche Realisierung und Kostenklarheit zeigen außerdem ein gutes Management, was ebenfalls ins Rating einfließt. Und Investitionen, die das Unternehmen langfristig stärken und einen Innovationsvorteil sichern, beeinflussen die strategische Komponente des Ratings positiv. Die folgende Checkliste zeigt weitere Kriterien, die ins Rating einfließen.

Checkliste: einige Aspekte, die das Rating beeinflussen
  • Welche Leistungen bietet das Unternehmen (auch Weiterentwicklungen und F&E)?
  • Was sind die wichtigsten Einzelkunden (Umsatzanteil, Bonität, Geschäftsperspektive) und Kundengruppen?
  • Wird der Markt regelmäßig beobachtet?
  • Welche Zukunftstrends gibt es in der Branche, welche Trends sieht darüber hinaus die Geschäftsleitung?
  • Wie sieht die Wettbewerbssituation aus?
  • Wie werden die betriebswirtschaftlichen Steuerungselemente genutzt, und wird eine Ertragsplanung regelmäßig durchgeführt?
  • Wie gut ist das Forderungsmanagement?
  • Wie gut funktioniert die Liquiditätssteuerung?
  • Wer sind die wichtigsten Lieferanten? Wie weit sind sie gestreut?
  • Wie sieht die Aufgabenverteilung in der Geschäftsführung auf der zweiten Ebene aus (mit Organigramm)? Wie qualifiziert sind die Führungskräfte?
  • Gibt es einen Notfallplan, wenn der Geschäftsführer ausfällt? Existiert ein Nachfolgeplan?
  • Auf welchem technischen Stand sind die Produktionsanlagen?
  • Ist die Versorgung wichtiger Rohstoffe gesichert?

Wenn bei der Bank gar nichts geht, haben Unternehmer immer noch andere Möglichkeiten, um an Kapital zu kommen. Die Liquidität erhöht sich zum Beispiel sofort, wenn Anlagen, Patente, Markenrechte oder Immobilien verkauft und zurück gemietet werden (Sale-and-lease-back), oder durch Abtreten der Forderungen an einen Finanzdienstleister (Factoring). Allerdings sind auch die zusätzlichen Kosten zu bedenken, weshalb die so gewonnenen Mittel besser nur zur Finanzierung des Umlaufvermögens verwendet werden sollten.

2. Die eigene Finanzlage

Voraussetzung für die Gespräche mit der Bank und für vorausschauendes Investitionsmanagement ist eine exakte Planung der Liquidität. Gerade der Mittelstand hat die Krise gut überstanden, die Auftragsbücher sind voll und Unternehmer blicken zuversichtlich aufs neue Jahr. Bei dem ein oder anderen Unternehmen hat der Konjunktureinbruch jedoch an der Substanz gezehrt und das Eigenkapital gemindert. Gleichzeitig werden, gerade wenn die Aussichten positiv und die Euphorie für ein Investitionsprojekt groß sind, Risiken und tatsächlicher Kapitalbedarf gerne unterschätzt. Eine konsequente und saubere Finanzplanung bleibt also unausweichlich.

Sie beginnt damit, die Auslastung im kommenden Jahr abzuschätzen und auf dieser Basis Umsatz und Finanzen zu planen. Auch die Ausgaben und erwarteten Einnahmen für neue Anlagen und Techniken werden in den Finanzplan integriert, um dann mögliche Alternativen zu berechnen, bis der Plan aufgeht und finanziell gesichert ist. Die Fristenkongruenz ist dabei ein ganz entscheidender Punkt. Das bedeutet, dass langfristig gebundenes Vermögen auch langfristig finanziert wird. Eigenkapital steht dem Unternehmen langfristig zur Verfügung und ist daher ideal zur Finanzierung von Investitionen. Zur Zeit ist es aber auch günstig, Investitionen über langfristige Darlehen zu finanzieren.

3. Flexibilität

Familienunternehmen können schneller und flexibler entscheiden als Konzerne, das ist ein wichtiger Grund dafür, warum der Mittelstand die Krise besser überstanden hat als die größeren Unternehmen (PwC-Studie „Familienunternehmen 2010“). Große Investitionen binden aber Kapazitäten und finanzielle Mittel langfristig und reduzieren diese Flexibilität. Wie können Unternehmer ihre Investitionsprojekte so aufstellen, dass sie trotzdem flexibel genug bleiben?

Im Wesentlichen sind hier drei Grundsätze zu beachten:

1. Für Auslastung sorgen

Wenn die Investition ausreichend ausgelastet wird und Gewinn erwirtschaftet, lohnt sie sich. Gelingt es dazu, zusätzliche Marktanteile zu gewinnen, schafft sie auch ein Stück Unabhängigkeit von konjunkturellen Schwankungen. Deshalb ist es ratsam, sich auf die Kernaufgaben zu konzentrieren, um die volle Auslastung zu erleichtern; Randaktivitäten binden nur unnötig Zeit und Geld.

2. Unabhängigkeit bewahren

Wer eine neue Fertigungsstraße für einen einzigen Kunden aufbaut, macht sich abhängig, der Verlust bei Absprung des Kunden ist zu groß. Ein Verpackungshersteller dagegen hat sich auf Abnehmer in verschiedenen Branchen eingestellt und beliefert Konsumgüterindustrie wie Automobilzulieferer. So hat er die letzte Krise gut ausgeglichen. Um Kunden in verschiedenen Branchen aufzubauen, sind Investitionen in den Vertrieb notwendig. Diese haben in einem solchen Fall Priorität vor Investitionen in die Produktion.

3. Langfristig vorsorgen

Mit Unvorhergesehenem ist immer zu rechnen, und wer langfristig finanziell vorsorgt, kann viele Risiken ausgleichen. Es ist unausweichlich, die finanziellen Mittel nicht bis zum Limit auszuschöpfen, sondern ausreichend Reserven einzuplanen.

4. Kontinuierliche Weiterentwicklung

Wettbewerbsfähig bleiben und Vorsprung zur Konkurrenz sichern, das sind wesentliche Ziele der Investitionsstrategie. In schwierigen Zeiten Investitionen stark zurückzufahren birgt daher die Gefahr, in diesem Punkt zurückzufallen.

Gerade Investitionen in neue Technologien, Produkte und Entwicklungen machen auch die „Hidden Champions“ so erfolgreich. Wie zum Beispiel einen norddeutschen Getriebehersteller, der zwei Techniken kombinierte: die mechanische und elektronische Bearbeitung. Er investierte rund 90 Millionen Euro in ein neues Verfahren und entwickelte eine hocheffiziente Fertigung, die ihm einen deutlichen Kostenvorsprung verschafft. So konnte er wesentlich schneller wachsen als der Markt.

Erfolgreiche Unternehmen entwickeln ihr Know-how kontinuierlich weiter und investieren erwirtschaftete Gewinne wieder. So brachte ein deutscher Werkzeughersteller alle drei Monate ein technisch verbessertes Produkt auf den Markt, in dem er das erwirtschaftete Geld sofort wieder investierte.

Die Stärke der „Hidden Champions“ liegt besonders darin, zwei strategische Ansätze zusammenzuführen: geschickt kombinieren sie externe Chancen, die ihnen Märkte und Kunden bieten, mit ihren internen Ressourcen, also ihren Kernkompetenzen, besonderen Fähigkeiten und Stärken. Sie definieren genau einen engen Marktbereich und kombinieren diese Spezialisierung mit globaler Vermarktung, wobei Kundennähe immer ausschlaggebend bleibt. Ihnen gelingt fast immer die klare Identifizierung ihrer Produkte und Dienstleistungen durch eine Marke. Solchen „Hidden Champions“ nachzuspüren kann sich also lohnen, es lassen sich einige Erfolgsansätze von ihnen abschauen.

Insbesondere dann, wenn der Erfolg eines Unternehmens auf immer neuen Innovationen begründet liegt, ist es ganz wichtig, den entsprechenden Vorsprung zu behalten und in den Innovationsprozess zu investieren, zum Beispiel ein Kompetenzzentrum aufzubauen. Ist dagegen eine kostengünstige Produktion der Haupterfolgsfaktor, ist laufend zu hinterfragen, ob die eingesetzte Technologie noch den neuesten Maßstäben entspricht, um auch diesen Vorsprung zu behalten. In die eigene Weiterentwicklung investieren bedeutet ebenfalls, Randbereiche geschickt auszulagern und Investitionen auf die Kernthemen zu konzentrieren.

Investieren mit Weitblick

Investitionen sind ein strategisches Thema im Unternehmen, an ihnen hängen Weiterentwicklung, Wettbewerbsfähigkeit und zukünftiger Unternehmenserfolg. Wer seine Investitionen mit entsprechender Sorgfalt plant, mit den Vorhaben die Bank  überzeugt und die eigene Finanzlage genau im Blick behält, hat den Grundstein für systematisches Investitionsmanagement gelegt. Bei alldem gilt es, flexibel zu bleiben und den Vorsprung zur Konkurrenz auszubauen. Ist all das geschafft, steht dem Erfolg nichts mehr im Weg.

ZUM AUTOR
Über Wolfgang Rasspe-Dahmann
Rasspe-Dahmann
Wolfgang Rasspe-Dahmann war viele Jahre für Investitionen in produzierenden Betrieben verantwortlich – als Geschäftsführer und in verschiedenen Leitungsfunktionen. Heute begleitet der Diplom-Kaufmann mittelständische Betriebe bei ihren Investitionsprojekten.
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