Fachartikel, 25.05.2010
Perspektive Mittelstand
Gut investieren
Investitionen als Erfolgstreiber im Unternehmen
Investitionen gefährden die Liquidität in der Gegenwart – fehlende Investitionen gefährden die Liquidität in der Zukunft.

Mit der schlechten Auftragslage im vergangenen Jahr ist Liquidität für viele Unternehmen zur zentralen Sorge geworden. Gleichzeitig ist es inzwischen schwieriger, Kredite zu beantragen. So manche geplante Investition ist daher nicht mehr finanzierbar, und einige langfristige Investitionsprojekte verursachen echte Engpässe in der Zahlungsfähigkeit.

Wer deshalb Investitionen einfach streicht, gefährdet allerdings die Entwicklung seines Unternehmens – und damit die eigene Zukunft. Das Schicksal des deutschen Mittelstands hängt also an den Investitionen. Wie schaffen es Unternehmen, damit erfolgreich umzugehen?

Diese Frage lässt sich von zwei Seiten angehen: erstens, die Bank überzeugen und so Kredite sichern; zweitens, das eigene Investitionsmanagement effektiv führen. Hierzu sechs Überlegungen:

1. Wie man die Bank überzeugt


Für manche Unternehmen ist es derzeit besonders schwer, einen Kredit zu bekommen: rückläufiger Umsatz oder Stellenabbau zum Beispiel sind kritisch, oder auch, von einer stark gefährdeten Branche abhängig zu sein, wie im Augenblick vom Automobilsektor. Die Anforderungen an Sicherheiten und Dokumentation sind insgesamt gestiegen, aber wer die Bank überzeugen kann, bekommt dennoch Kredit.

Wer investiert, will damit eine gute Kapitalverzinsung erreichen – und genau das interessiert auch die Bank. Der Unternehmer kann das zunächst anhand der Berechnungen zeigen und dabei auch begründen, warum die Investition diese Verzinsung nachhaltig einbringt.  Zum Beispiel möchte ein Unternehmer, der einen Schmiedebetrieb führt, die Wärmebehandlung effektiver gestalten. Er investiert in eine Anlage, in der das Schmiedegut nur soweit abkühlt, dass die erneute Erwärmung für den nächsten Arbeitsschritt wegfällt.

Mit einer Investitionsrechnung lässt sich gut belegen, ob die Maßnahme wirtschaftlich vorteilhaft ist. Zum Beispiel beträgt die Investitionssumme 100.000 Euro und die jährliche Kosteneinsparung 20.000 Euro. Das Unternehmen bezahlt 8 Prozent Zinsen für das Fremdkapital, es wird kein Guthabenzins erwirtschaftet. Der modifizierte interne Zinssatz, der die Fremdkapitalzinsen bereits berücksichtigt, macht über einen Zeitraum von zehn Jahren 7,18 Prozent aus. Das bedeutet: diesen Betrag erzielt die Investition über die Fremdkapitalzinsen hinaus, damit kann zum Beispiel das Darlehen getilgt werden. Nach etwas über sieben Jahren hat sich die Investition somit verzinst amortisiert.

Wer dann die entsprechenden Kennzahlen fortlaufend dokumentiert, kann der Bank immer Auskunft über die Projekte geben.

2. Investitionsmanagement für Basel II

In vielen Branchen fallen die Umsatzrenditen – im Maschinen- und Anlagenbau zum Beispiel um durchschnittlich 5 Prozentpunkte (Quelle: VDMA). Das verschlechtert auch das Rating.

Mit intelligenten Investitionen lässt sich ein Unternehmen für den Wettbewerb stärken – wer dies der Bank nachweist, verbessert sein Rating. Ein systematisches Investitionsmanagement sichert außerdem die termingerechte Einführung der Investitionen und verhindert Überraschungen auf der Kostenseite. Das spricht für gute Führung und verbessert wiederum das Rating.

Dafür ist nicht nur die detaillierte Analyse der Kosten für die Investition erforderlich, sondern auch die zeitliche Planung der Installation und der Vertriebsvorbereitung. Meilensteine dokumentieren dies und zeigen an, wenn wichtige Termine überzogen werden. Die Entwicklung der Ist-Kosten wird einfach über einen Kostenträger in der Betriebsbuchhaltung festgehalten. Dort sind auch die innerbetrieblichen Leistungen zu dokumentieren. Qualitätsstandards werden mit einem Pflichtenheft oder einer Checkliste überprüft. Diese internen Dokumentationen können auch der Bank präsentiert werden – oder aber dafür auf einem Blatt zusammengestellt. Verbesserungen der Produktivität werden mit Kostenstellenberichten oder Sonderberechnungen gezeigt.

Für die Bank sind aber letztlich die Auswirkungen auf die Gesamtentwicklung des Unternehmens entscheidend. Im Beispiel von oben wirkt sich die Investition auf das Rating folgendermaßen aus:

  1. Strategische Vorteile: Energie ist eine der Hauptkostengrößen dieses Unternehmens. Indem sich diese Kosten deutlich verringern, wird das Unternehmen in Zukunft weniger von der Preisentwicklung der Energie abhängig sein. Da das Unternehmen die Produkte dann günstiger anbieten kann, ergeben sich zusätzliche Vertriebschancen. Das wirkt sich positiv aufs Rating aus.

  2. Finanzielle Vorteile: Der Energieverbrauch kann nun genauer geplant werden, das Risiko einer Preisabweichung wirkt sich auf eine verringerte Menge aus und wird damit kleiner.

  3. Rentabilitätsvorteile: Rentabilität und Verschuldung haben grundsätzlich einen großen Einfluss auf das Rating. Durch die hohe Kapitalverzinsung verbessert sich die Rentabilität, der Cash-flow erhöht sich ebenfalls durch die Maßnahme.

3. Alternativen für die Finanzierung der Investitionen nutzen

Möglichkeiten der Kapitaloptimierung sind zum Beispiel Sale-and-lease-back – das Verkaufen und zurück Mieten von Anlagen oder Immobilien, was die Liquidität sofort erhöht – oder Factoring, bei dem offene Forderungen an einen Finanzdienstleister abgetreten werden und somit schneller Kapital ins Unternehmen fließt.

Sind diese Möglichkeiten ausgeschöpft, können auch öffentliche Kredite und Bürgschaften ein Weg sein: das KfW-Sonderprogramm etwa, für das die Bundesregierung im Rahmen des Konjunkturpakets Gelder bereitgestellt hat. Mittelständischen Unternehmen werden damit Investitions- und Betriebsmittelkredite als Durchlaufkredite ermöglicht, wobei die Bank von der Haftung freigestellt wird. Um diese Mittel zu nutzen, können die Unternehmen einen KfW-Kreditantrag über die Hausbank stellen. Wichtig dafür ist eine gute Dokumentation, welche die Nachhaltigkeit des Projekts deutlich macht und so die Kapitaldienstfähigkeit nachweist.

Auch Landesbürgschaften oder Bürgschaftsbanken, die mit bis zu 10 Millionen Euro pro Fall Kreditbürgschaften übernehmen, ermöglichen eine Verbesserung der Liquidität.

Der erste Schritt ist dafür immer das Gespräch mit der Hausbank, über sie ist der Antrag zu stellen. Die finanziellen Mittel müssen so eingesetzt werden, dass das Unternehmen langfristig seine Wettbewerbsfähigkeit wieder erlangt, so Arbeitsplätze sichert und für einen zuverlässigen Kapitaldienst sorgt. Das ist durch eine detaillierte Planung im Antrag nachzuweisen, der dementsprechend durch eine vom Land beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüft wird. Für den Antrag braucht das Unternehmen auch eine Stellungnahme einer öffentlichen Institution, zum Beispiel der zuständigen IHK. Es kann daher einige Monate dauern, bis alle Unterlagen eingeholt, der Antrag genehmigt und die Bürgschaftsurkunde ausgestellt wurde.

4. Investitionen sichern und gleichzeitig liquide bleiben

Wer genau weiß, wie sein Unternehmen gerade da steht, ist klar im Vorteil. Deshalb ist es besonders wichtig, Bilanzen und betriebswirtschaftliche Auswertungen immer aktuell zu halten. Außerdem ist es sinnvoll, die zukünftige Entwicklung zu planen. Vielen Branchen geht es inzwischen wieder besser, Unternehmen können sich also auf eine höhere Auslastung als im vergangenen Jahr einstellen. Dafür lässt sich eine Annahme treffen und auf deren Basis Umsatz und Finanzen planen. Sind dann Investitionen in neue Anlagen oder Techniken erforderlich, werden die nötigen Ausgaben und erwarteten Einnahmen in den Finanzplan integriert und so lange Alternativen berechnet, bis der Plan stimmt und mit ausreichenden finanziellen Reserven gesichert ist.

5. Investitionsprojekte prüfen

Wer Investitionen einfach streicht, gefährdet seine Wettbewerbsfähigkeit – deshalb ist die Frage wirklich entscheidend, welche Investitionen weitergeführt werden und welche nicht. Auf jeden Fall sollten alle laufenden Projekte genau geprüft werden und solche, die nicht oder nicht mehr in den Finanzplan passen, aufgegeben werden. Wer aber Investitionen streicht, die strategisch wichtig für die Zukunft des Unternehmens sind, bremst seine eigene Entwicklung aus und wird leicht vom Wettbewerb überholt.

Projekte, die unmittelbar und kurzfristig zusätzliche Erlöse bringen oder Kosten einsparen, sind jetzt ganz besonders wichtig. Das können kundenspezifische Produkte sein, oder auch in Maschinen integrierte Mess-Einrichtungen oder Energie-Einsparungen. Weiterzuführen sind auch die Projekte, die das Unternehmen langfristig stärken, zum Beispiel neue Software, mit der Fertigungsaufträge noch flexibler und schneller erledigt werden können. So hat die Sicherung von Alleinstellungsmerkmalen und Wettbewerbsvorteilen die höchste Priorität.

Wichtig ist immer: welchen zusätzlichen Nutzen bringt die Investition den Kunden, und wie schnell werden sie ihn spüren? Werden etwa Mess-Einrichtungen in Maschinen integriert, profitieren Kunden von kürzeren Lieferzeiten und günstigeren Preisen, wenn der Kostenvorteil an sie weitergegeben wird. Ähnliches gilt auch bei Energieeinsparungen oder einer neuen Software, die Kosten und Lieferzeiten verbessert.

6. Auch mit Investitionsprojekten flexibel bleiben

Investitionen nützen dem Unternehmen langfristig, binden damit Kapazitäten und vor allem finanzielle Mittel auf Dauer – wie also da flexibel bleiben? Wichtig ist, auch nach der Investition handlungsfähig zu bleiben. Das heißt:

  1. Keine große Abhängigkeit entstehen lassen. Ein Verpackungshersteller etwa, der sich auf verschiedene Branchen von der Automobilindustrie bis zur Konsumgüterindustrie ausgerichtet hat, konnte die letzte Krise gut ausgleichen.

  2. Langfristig finanziell vorsorgen, die Mittel nicht bis zur Belastungsgrenze erschöpfen. So lassen sich unvorhergesehene Risiken auffangen.

  3. Sich auf die Aktivitäten konzentrieren, die voll ausgelastet sind. Jede Randaktivität bindet wertvolle Zeit und Geld.

Investitionen, die ausgelastet werden, rechnen sich – und sind damit immer konjunkturabhängig. Wer Kunden in verschiedenen Branchen aufbaut, wird ebenfalls unabhängiger. Das erfordert vertriebliche Investitionen, die in schwierigen Situationen der Investition in die Fertigung vorzuziehen sind.

Liquidität durch Investitionen

Unternehmen brauchen einen bewussteren Umgang mit Investitionen, müssen sie strategisch auswählen, als Projekte sauber aufstellen und zugleich die Liquidität managen. Investitionen sind ein unternehmensstrategisches Thema und sollten immer so ausgerichtet sein, dass der Unternehmenserfolg steigt. Wer dies mit Weitsicht und unternehmerischem Geschick angeht, verbessert also das Unternehmensergebnis und damit die Liquidität – langfristig.

ZUM AUTOR
Über Wolfgang Rasspe-Dahmann
Rasspe-Dahmann
Wolfgang Rasspe-Dahmann war viele Jahre für Investitionen in produzierenden Betrieben verantwortlich – als Geschäftsführer und in verschiedenen Leitungsfunktionen. Heute begleitet der Diplom-Kaufmann mittelständische Betriebe bei ihren Investitionsprojekten.
Rasspe-Dahmann
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