Pressemitteilung, 30.10.2006 - 12:31 Uhr
Perspektive Mittelstand
Grüner Punkt-Müllkonzern erwirtschaftet hohen Gewinn: Für den Finanzinvestor KKR hat sich das DSD-Engagement bereits gelohnt – Experten rechnen mit Verkauf
(PM) , 30.10.2006 - Von Matthias Schmitz Frankfurt am Main/Köln, www.ne-na.de - Jetzt lüftet sich so langsam der Schleier um die Bilanz des Kölner Grünen Punkt-Müllkonzerns: „Trotz lauter Klagen über angeblich unfairen Wettbewerb bei der Entsorgung von Verpackungsmüll hat sich der Kauf des Grünen Punktes für die amerikanische Beteiligungsgesellschaft Kohlberg Kravis Roberts (KKR) schon nach dem ersten Jahr ausgezahlt. Das ist dem Jahresabschluss der Duales System Deutschland GmbH (DSD) für das vergangene Geschäftsjahr zu entnehmen, der dieser Zeitung vorliegt. Die dem Unternehmen nach dem Kauf aufgebürdeten Schulden von knapp 160 Millionen Euro sind vollständig getilgt“, berichtet die FAZ und schreibt weiter: „Bei leicht rückläufigem Umsatz verblieb ein operativer Gewinn von 230 Millionen Euro, die Umsatzrendite wird im Abschluss mit 15,7 Prozent vor Steuern ausgewiesen. Unter dem Strich verblieb ein Gewinn von knapp 146 Millionen Euro“. KKR habe 260 Millionen Euro für den Grünen Punkt bezahlt. „Das Investment hat sich bereits gelohnt. Eigentlich könnte KKR jetzt schon verkaufen", zitiert die FAZ einen mit den Zahlen vertrauten Branchenkenner. Die überraschend guten Geschäftsergebnisse könnten die politische Rückendeckung für das DSD in Frage stellen. Das Unternehmen fordere zur Stabilisierung seines Geschäftes seit Monaten eine Änderung der Verpackungsverordnung, um das sogenannte Trittbrettfahrerproblem zu beseitigen. Das Bundesumweltministerium hat dafür erste Eckpunkte vorgelegt, denen in Kürze ein Referentenentwurf folgen soll. Im Zentrum steht eine generelle Lizenzierungspflicht für Verpackungen, die in privaten Haushalten anfallen und über Gelbe Tonnen und Säcke haushaltsnah entsorgt werden. DSD-Chef Stefan Schreiter warnte wiederholt vor einem Zusammenbruch des Grünen Punktes, sollte es in nächster Zeit keine neuen gesetzlichen Vorschriften zur Stabilisierung des Systems geben. „Bisher ist es dem DSD gelungen, den Umsatzrückgang durch eine Reduzierung der Entsorgungskosten aufzufangen. Im vorigen Jahr wurden sie von 1,513 auf 1,260 Milliarden Euro gedrückt. Das Ergebnis bewertet Schreiter im Lagebericht als ‚gut’. Die Umsatzrendite sei gegenüber 2004 sogar gestiegen, wenn man die in der damaligen Non-Profit-Gesellschaft gezahlte Rückgewähr an die Kunden von 160 Millionen Euro für den Vergleich heranziehe“, schreibt die FAZ. Für Abfallexperten stellt das Zahlenwerk keine Überraschung dar: „Das Herumjammern über zunehmende Fehlwürfe bei der Getrenntsammlung und die gestiegene Zahl von Verpackungen, die bei Konkurrenzunternehmen lizenziert werden, ist nicht nachvollziehbar. Schon seit der Novelle der Verpackungsverordnung von 1998 ist der Grüne Punkt nicht mehr verpflichtet, die Gesamtverbrauchsmenge an Verkaufsverpackungen zu erfassen und zu verwerten. In der Öffentlichkeit erwecken die Interessenvertreter des DSD aber genau den gegenteiligen Eindruck. In Wahrheit hat der Grüne Punkt in den Entsorgungsverträgen längst Vorkehrungen getroffen, die sich an der fallenden Tendenz der Entsorgungskosten auf rund 1,2 Milliarden Euro gut ablesen lassen. Je mehr Verpackungen bei Konkurrenzunternehmen entsorgt werden, desto weniger zahlt das DSD an seine Entsorger“, so ein Vertreter der Entsorgungswirtschaft. Interessant sei allerdings die Entwicklung der liquiden Mittel und Wertpapiere in der DSD-Bilanz, die sich im Geschäftsjahr 2005 von 902 auf 483 Millionen verringert hätten: „Insgesamt wurden also 419 Millionen Euro entnommen. 122 Millionen Euro für stille Gesellschafter und 190 Millionen für Treueprämien, um die Lizenznehmer des Grünen Punktes bei der Stange zu halten. Dann bleiben immer noch 107 Millionen Euro übrig, für die kein Verwendungszweck erkennbar ist. Zusammen mit dem Gewinn nach Steuern fällt wohl für die Anteilseigner von KKR, wer immer das sei, eine sehr ordentliche Rendite ab“. DSD-Chef Schreiter hatte in den vergangenen Wochen Gerüchte zurückgewiesen, wonach der DSD-Eigner KKR sich im Zuge der Übernahme des Unternehmens 2004 bei Rückstellungen bedient habe. In einem Schreiben an das Bundesumweltministerium, dem eine Stellungnahme der Düsseldorfer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte & Touche beigefügt ist, stellt Schreiter klar: „Die Rückstellungen der DSD GmbH haben sich seit dem Zeitpunkt der Übernahme durch KKR von 883 auf 569 Millionen Euro vermindert." Die Differenz von 314,2 Millionen Euro zwischen den Geschäftsjahren 2004 und 2005, sei „angabegemäß" an die Branche geflossen. Sie setze sich aus zurückgezahlten Lizenzentgelten in Höhe von 128 Millionen Euro und Umstellungsprämien von 177,7 Millionen Euro zusammen. „Das Schreiben von Deloitte & Touche sagt überhaupt nichts aus. Liquide Mittel kann man an vielen Stellen abziehen. Die gesamte Bilanz des DSD für das Geschäftsjahr 2005 ist da schon aussagekräftiger. Mit der Umwandlung in eine GmbH kann man alles Mögliche rausnehmen und Positionen verändern im Wege einer neuen Eröffnungsbilanz. An dem Prüfbericht ist zudem interessant, dass er von dem Unternehmen Deloitte & Touche erstellt wurde, das zu den Finanzinvestoren ein ausgesprochen positives Verhältnis pflegt, und nicht von der DSD-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers“, bemerkt ein DSD-Insider und führt weiter aus: „Die Heuschrecken-Debatte hinterlässt bei den politischen Akteuren in Berlin zunehmend Spuren. Derzeit wird ja überlegt, die Verpackungsverordnung zu ändern, damit möglichst alle Firmen der Konsumgüterindustrie und des Handels sich an den Entsorgungskosten für gebrauchte Verpackungen beteiligen. Vom Prinzip her ist das richtig. Wenn aber die Entsorgungsgebühren für den Grünen Punkt dann aber in irgendwelchen dunklen Kanälen auf den Cayman-Inseln oder in Luxemburg landen sollten, wird es in Öffentlichkeit einen erheblichen Aufschrei geben. Das kann sich keine Partei und auch kein Ministerium erlauben“. So warf Michael Brand, CDU/CSU-Berichterstatter für Abfallwirtschaft, dem Bundesumweltministerium vor, es bei der Novellierung der Verpackungsverordnung „auch unter dem Druck von Lobbyisten" an der notwendigen Gründlichkeit fehlen zu lassen. Er warnte, dass die angestrebte rechtliche Neufassung den Wettbewerb erheblich behindere und das Quasi-Monopol DSD begünstige. Beim Bundeskartellamt liegen Beschwerden vor, dass das DSD ihre Marktposition mit teils fragwürdigen Methoden verteidige. Unter anderem geht es dabei um neue Rahmenverträge, die das DSD mit Aldi und anderen großen Discountern abgeschlossen hat. Die Handelsketten übernehmen darin die Abführung der Lizenzentgelte für sämtliche bei ihnen gelistete Waren. Hersteller und Abfüller können also nicht mehr auf konkurrierende duale Systeme ausweichen. Langfristige Ausschließlichkeitsverträge oder Rahmenverträge mit Handelsketten dürften den Wettbewerb nicht durch die Hintertür aushebeln, so Kartellamtspräsident Ulf Böge. Aufklärungsbedarf herrsche nach Ansicht von Umweltexperten auch bei der Frage, wer nun wirklich Eigentümer des DSD sei und welche Anleger hinter dem KKR-Deal steckten. Es sei doch recht merkwürdig, dass mittlerweile die KKR-Tochter Blacksmith Holding S.à.r.l. im Steuerparadies Luxemburg als 100prozentiger Gesellschafter der DSD-GmbH aufgeführt werde. Unklar sei auch die Rolle des früheren DSD-Finanzvorstandes Diether Buchmann, der jetzt als Geschäftsführer und Kommanditist der KKR-Firma Blacksmith Management Beteiligungs-GmbH & Co. KG tätig sei und in der Grafenberger Allee in Düsseldorf in Nachbarschaft zur Metro-Konzernzentrale residiere. Onlinemagazin NeueNachricht www.ne-na.de.