Pressemitteilung, 18.04.2006 - 15:41 Uhr
Perspektive Mittelstand
Gesundheits- und Veterinärswesen belebt die ITK-Branche
(PM) , 18.04.2006 - Das deutsche Gesundheitswesen steht vor großen Herausforderungen und Veränderungsprozessen. Einerseits werden im schnellen Wechsel neue diagnostische und therapeutische Methoden sowie die dazugehörigen medizinischen Technologien entwickelt, andererseits bestehen altbekannte Probleme: steigendes Durchschnittsalter mit Zunahme von Erkrankungen und den damit verbundenen Kosten, arbeitsmarktbedingte Beitragsausfälle, sowie immer steigende Forderungen der Bürger nach hochwertiger und zeitgemäßer medizinischer Versorgung. Eine Verlangsamung dieser Entwicklung ist nicht absehbar. Dadurch steigen die Anforderungen an die Informationsverarbeitung im Gesundheitswesen enorm.Politik, Selbstverwaltungsorgane, Fachgesellschaften sowie Patienten sind sich zunehmend bewusst, dass die Herausforderungen für eine effizientere und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung nur mittels moderner medizinischer Informationssysteme sowie einer informationstechnologischen Vernetzung zum Zwecke der Verzahnung der Versorgungseinrichtungen bewältigt werden können. Zusätzlichen Antrieb erfährt die Problematik durch weit reichende Initiativen, wie die elektronische Gesundheitskarte, die elektronische Patientenakte und das elektronische Rezept.„Es ist zu erwarten, dass sich der Markt für Informations- und Kommunikations-technologie (ITK) im Gesundheitswesen trotz des hohen Kostendrucks, der Konsolidierungen in der Kliniklandschaft und der nach wie vor zurückhaltenden Investitionsfreudigkeit zumindest in ausgewählten Segmenten und im Umfeld innovativer Produkte sehr positiv entwickeln wird“, meint Heiko Miertzsch, Analyst des Beratungs- und Marktforschungsunternehmen TechConsult in Kassel. „Auf der Basis unserer jährlichen repräsentativen Erhebungen werden die ITK-Investitionen des Gesundheits- und Veterinärswesen in 2006 auf 3,4 Mrd. € anwachsen, ein Anstieg gegenüber 2005 von 3,9%“, so Miertzsch.Vor der Gesundheit machen auch keine Gesetze halt Neben dem hohen Kostendruck der ITK-Anwender im Gesundheitswesen stehen mehr und mehr auch die gesetzlichen Anforderungen (Compliance) im Vordergrund. So müssen die ITK-Systeme einen umfangreichen Anforderungskatalog erfüllen. Im Gesundheitswesen sind dies u.a. das SGB V (Sozialgesetzbuch –Fünftes Buch- Gesetzliche Krankenversicherung), das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und die Röntgenverordnung. Nicht zuletzt wegen der möglichen Schadensersatzforderungen ist sicher den Datenschutzbestimmungen die höchste Bedeutung beizumessen.Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Einhaltung der im Gesundheitswesen vorgeschriebenen Vorschriften zur Archivierung. Teilweise müssen Dokumente bis zu 30 Jahre vorgehalten werden. Derzeit macht der Anteil der Lösungen für die Informationsverwaltung wie Datenbanken, Dokumenten- und Content Management Systemen bzw. Archivierung schon 7 % am ITK-Budget aus. Nach Miertzsch wird dieser Anteil im Jahr 2006 weiter steigen.Sicherheit und Mobilität im KrankenzimmerBesonders gefragt ist zukünftig Mobilität und die ausreichende Sicherheit der ITK-Systeme. Denn der Trend zur Mobilität im Gesundheitswesen spielt eine wachsende Rolle. Der per WLAN vernetzte Tablet-PC oder PDA wird schon bald in den Händen der Ärzte, Pfleger und Schwestern so üblich sein, wie das Stethoskop und die Blutdruckmanschette. Erste Referenzprojekte in Hamburg-Barmbeck, das vom führenden Chiphersteller Intel und von Microsoft unterstützt wird, oder in dem Klinikum Saarbrücken (Intel, Siemens Business Services/Fujitsu Siemens) lassen einen Einblick in die nahe Zukunft zu. Das Klinikum Saarbrücken erprobt zudem zur durchgängigen Patientenbetreuung bereits RFID-Technologie. Diese Technlogie wird in Zukunft sicher ebenfalls zum Standard gehören und die Anwender müssen sich dafür rechtzeitig vorbereiten. Für das wachsende Sicherheitsbewusstsein sprechen auch die geplanten Investitionsvorhaben: die Ausgaben für Security-Lösungen werden 2006 im Gesundheitswesen um 14 % gegenüber Vorjahr ansteigen.Neues schaffen aber Altes bewahren Eine wesentliche Anforderung an ITK-Systeme für das Gesundheitswesen ist die Dringlichkeit zur einfachen Integration in bestehende Altsysteme. Denn in der Gesundheitsbranche existiert eine Vielzahl von Speziallösungen, die eine geringe Verbreitung haben. Und das Gesundheit- und Veterinärswesen wird datentechnisch von einigen Besonderheiten geprägt.Krankenhäuser sind seit dem Jahr 2003 mit einer grundlegenden Neufassung der Finanzierung konfrontiert. Das System der Tagespauschalen (teilweise in der Kombination mit fachspezifischen Vergütungssätzen) wurde durch ein fallpauschaliertes System ersetzt. Bei dieser Methode der Leistungsverrechnung werden kostenhomogene Klassifikationsgruppen gebildet - so genannte Diagnosis Related Groups (DRG). DRG-basierte Vergütungsmodelle werden zwar seit Jahren in Ländern wie Australien oder den USA genutzt, Deutschland ist jedoch das erste Land weltweit, in welchem eine 100%ige Abrechnung nach dem DRG-System angestrebt wird. Die Einführung der DRG bedingt die Fokussierung auf einen flächendeckenden ITK-Einsatz im medizinischen Aufgabenkreis. Das Hauptmerkmal des DRG-Systems liegt darin, dass die Höhe der Vergütung unabhängig von den tatsächlich entstandenen Kosten oder der Verweildauer der Patienten erfolgt; die Vergütung ist ferner für alle Leistungserbringer (Krankenhäuser) gleich. Somit werden die bis dahin vorherrschenden Unterschiede in der Vergütungshöhe zwischen Krankenhäusern bei der Behandlung identischer Fälle (Erkrankungen) abgestellt. Mögliche Gewinne aus dem Behandlungsprozess bleiben bei den Krankenhäusern; Verluste werden gleichfalls von den Krankenhäusern getragen. Business-Controlling so wichtig wie die täglichen Patienten-Messwerte Die Einführung des DRG-Systems bedeutet für den Klinikalltag ein hohes Maß an Mehrbelastung. Jeder einzelne Fall muss dokumentiert und „kodiert“ werden, da er nur mittels der vollständigen Beschreibung abgerechnet wird. Hinzu kommen regelmäßige interne Fortbildungen, um die Qualität der Beschreibungen zu verbessern. Das deutsche System (G-DRG) sieht zur Zeit ca. 600 bis 800 verschiedene DRGs vor. Wie sich das neue Abrechnungssystem auf die finanzielle Situation der Klinik auswirken wird ist noch völlig unklar und muss von Anfang an sehr genau im Auge behalten werden, d.h. auch dass zeitliche Verzögerungen bei der Erfassung, Kodierung und Weiterbelastung der Fälle absolut unternehmenskritisch ist.Daraus ergibt sich ein hoher Bedarf für Systeme, die einerseits ein effizientes DRG-Controlling ermöglichen und außerdem damit verbunden auch das Qualitätsmanagement unterstützen. Denn Qualtität ist eine weitere Herausforderung – letztendlich wird es für viele Einrichtungen auch zunehmend darum gehen, sich dem Wettbewerb zu stellen und Patienten auch als Kunden zu betrachten – erste Einführungen von CRM-ähnlichen Lösungen zeigen einen zukünftigen Trend auf. Einrichtungen des Gesunheitswesen werden „unternehmersicher“ geführt werden. Bedingt durch den erhöhten Kosten- und Leistungsdruck innerhalb der Krankenhäuser und damit regelmäßig knappen Ressourcen, wird eine optimierte Auslastung der medizinischen Infrastruktur durch den Einsatz von ITK-Lösungen angestrebt. Folgende Erfordernisse müssen dabei abgedeckt werden:• Betriebliches Management erfordert umfangreiche Transparenz - eine medizin-ökonomisch ausgerichtete Kosten-/Leistungsrechnung ist wegen der Komplexität (u.a. durch die Einführung der DRGs) erforderlich.• Zeitnahe Umsetzung neuester medizinischer Erkenntnisse in die Praxis - eine zeitnahe Integration neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und die damit qualitativ verbesserte Versorgung der Patienten, verbunden mit einer möglichen Reduktion der Kosten, wird nur durch die Integration moderner Informationstechnologie ermöglicht.• Standardisierung und effektivere Organisation - die angestrebte Straffung und Koordination der betrieblichen Leistungsprozesse kann ohne unterstützende ITK-Lösungen nicht geleistet werden. • Teilnahme an der integrierten Versorgung - ein effizientes und vernetztes Gesundheitswesen benötigt Systeme zur zeitnahen und medienbruchfreien Distribution der Primärressource „Information“.Mehr Aufgeschlossenheit für ITK-ServiceWährend Anwender aus dem Gesundheitswesen bisher nur sehr begrenzt empfänglich für ITK-Services waren, könnte sich das in Zukunft ändern. Zum einen treibt der Kostendruck die Versorgungseinrichtungen dazu, über klassisches „Outsourcing“ oder sogar das Auslagern ganzer Prozesse nachzudenken. Zum anderen führt die zunehmende Vernetzung sowie der Trend der Leistungserbringer, verstärkt miteinander zu kooperieren, dazu, dass über weitergehende Service-Modelle sowie Shared Services nachgedacht wird. Die Nachfrage nach ITK-Services wird den Erhebungen von TechConsult zufolge in diesem Jahr um 7,3% zunehmen.Kollaboration zwischen IT- und Fachabteilung ist gefragt„Die Einrichtungen im Gesundheitswesen müssen kreativ sein, um die Zerreisprobe zwischen Kostendruck und wachsenden Qualitätsanforderungen zu bestehen“, meint Heiko Miertzsch. „Einerseits müssen Kostensenkungspotenziale, die neue und mittlerweile reife Technologien wie beispielsweise VoIP bieten, genutzt werden, andererseits muss vielerorts die ITK erst einmal konsolidiert werden, um den Anforderungen der Reformen gerecht werden zu können“. Oft finden sich z.B. in Krankenhäusern noch selbstentwickelte Informationssysteme. Hier muss sehr kritisch hinterfragt werden, ob diese wirklich noch zukunftssicher sind, und ob sie zu vertretbaren Losten noch zu unterhalten, erweitert und gewartet werden können. Erfolgskritisch dürfte dabei vor allem die frühe Zusammenarbeit von IT- und Fachabteilung sein.Link zur Presseinfo:www.techconsult.de/presse/presse_infos/TC_PI_20060418_Healthcare.php?lang=de