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Pressemitteilung

Gerichte schädigen Insolvenzmasse durch rechtswidrige Gutachtenvergabe

Seit vielen Jahren entledigen sich die Insolvenzgerichte in Deutschland in rechtswidriger Weise von Aufgaben, die ihnen gesetzlich zugewiesen sind. Der GSV fordert eine umfassendere Aufgabenwahrnehmung der Richter und Rechtspfleger.
(PM) Köln, 09.03.2012 - Obwohl den Insolvenzgerichten die Kontrolle und Aufsicht in Insolvenzverfahren als originäre Aufgaben gesetzlich zugewiesen sind, verlagern sie Prüfungsaufgaben wegen mangelnder Qualifikation und/oder Überlastung zunehmend auf angebliche Sachver-ständige. Während die Gerichte sehenden Auges massiv gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen, dürfen sich die externen Prüfer über Euro-Einnahmen in jährlich mehrstelliger Millionenhöhe freuen. "Die Praxis vieler Insolvenzgerichte ist es, nahezu ausnahmslos Sachverständige mit der Prüfung von Schlussrechnungen zu beauftragen", moniert der Vorsitzende der Gläubigerschutz¬vereinigung Deutschland e.V. (GSV), Prof. Dr. Hans Haarmeyer. "Das ist ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig; dadurch entstehende Kosten dürfen nicht länger zu Lasten der Gläubiger abgerechnet werden, sondern sind von der Staatskasse zu tragen."

Entscheidungskompetenz der Gläubiger hat Vorrang

Gerade nach dem Inkrafttreten des "Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen" (ESUG), das die Position der Gläubiger stärkt, ist die vorrangige Entscheidungskompetenz der Gläubigerausschüsse sowie der Gläubigerversammlung zu beachten, bevor teure Aufträge an regelmäßig nicht hinreichend qualifizierte Dritte vergeben werden. Ohne konkrete Erkenntnisse, die Zweifel an der Richtigkeit der Schlussrechnung zum Nachteil der Gläubiger aufkommen lassen, kann es nach GSV-Ansicht eine Sachverständigenbeauftragung durch die Gerichte nicht geben. Ist gar ein Gläubigerausschuss bestellt und hat dieser eine eigene oder externe Rechnungsprüfung veranlasst, so darf zum Schutz der Insolvenzmasse kein zweiter Prüfauftrag durch das Gericht erteilt werden, sondern das Gericht hat schlicht in eigener Kompetenz zu prüfen. "Verzichtet ein Gläubigerausschuss", so Haarmeyer, "auf die Hinzuziehung eines Sachverständigen zur Rechnungsprüfung, so verzichten die Gläubiger über ihr Organ unter Kosten-Nutzen-Effekten auf eine massemindernde Gutachtenerstellung". Auch in diesen Fällen sei eine gleichwohl erfolgende gerichtliche Beauftragung unzulässig. Dies gelte auch für den Fall der Bestellung eines begleitenden Rechnungs- oder Kassenprüfers durch den Gläubigerausschuss – hier sei ebenfalls kein Platz für eine "Gutachterschlacht" auf dem Rücken und auf Kosten der Insolvenzgläubiger. Erfolgt in diesen Fällen gleichwohl eine begründungslose Auslagerung, so muss der Insolvenzverwalter die Bezahlung der Gutachterkosten aus der Insolvenzmasse ablehnen – denn die Gerichte dürfen sich nicht auf Kosten der Gläubiger von ihren Aufgaben entlasten.

Gerichte bestellen Insolvenzverwalter zu Sachverständigen über andere Verwalter

Mit dem Inkrafttreten des ESUG und der deutschlandweiten Wirkungen bei Vergabe-entscheidungen über Insolvenzverwaltungen muss auch eine weitere Unsitte aufhören: die Bestellung eines Insolvenzverwalters zum Sachverständigen über die Schluss¬rechnung eines Kollegen. Eine Unparteilichkeit ist hier generell nicht gegeben. Auch die 2012 begonnene Einführung eines einheitlichen Kontenrahmens innerhalb des ZEFIS-Projektes erleichtert den Gerichten die ihnen zugewiesene Prüfungsaufgabe erheblich. Fazit des GSV: Von den Gerichten ist ab sofort zu erwarten, dass sie ihre ureigenen, von den Gebühren der Gläubiger vergüteten Tätigkeiten endlich selbst wahrnehmen.

Die gemeinnützige Gläubigerschutzvereinigung Deutschland e.V. (GSV) streitet für die Interessen der Gläubiger in Krise und Insolvenz. Der GSV e.V. vertritt insbesondere den ungesicherten Mittelstand (KMUs) sowie die institutionellen Gläubiger, die die größten Lasten in Insolvenzverfahren zu tragen haben. Ihre bessere Beteiligung an den wesentlichen Entscheidungen im Verfahren ist die vorrangige Aufgabe des GSV. Der GSV handelt solidarisch und kooperiert mit allen beteiligten Interessengruppen partnerschaftlich, um durch frühzeitige Sanierungsbemühungen volks- und betriebs¬wirtschaftliche Schäden zu reduzieren. Darüber hinaus trägt er dazu bei, qualitäts¬gesicherte Standards und transparente Abläufe zu etablieren.
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