Auf deutsche Firmenchefs kommen einige wichtige Änderungen zu, beispielsweise im Finanz- und Bilanzrecht. Unternehmen, die diese Neu-Regelungen ignorieren, müssen mit erheblichen Konsequenzen rechnen.
Neue gesetzliche Vorgaben, formale Regelungen und geänderte Bestimmungen im Finanzbereich können bei Geschäftsführung und Mitarbeitern schnell für Irritationen sorgen. Hier den Überblick zu behalten, ist keine leichte Aufgabe. Zudem drängt das Tagesgeschäft, wichtige Aufgaben wollen erledigt werden – mit entsprechenden Änderungen und Neuregelungen kann man sich auch später beschäftigen. So die Meinung in vielen Unternehmen. Eine gefährliche Haltung. Weshalb? Werden Unternehmen erst aktiv, wenn sich beispielsweise der Betriebsprüfer ankündigt, können erhebliche Mehrkosten anfallen.
In der Praxis bereiten vor allem drei Punkte Unternehmen Probleme:
1) Neuregelungen in der digitalen BuchführungDie neuen „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) gelten seit Anfang diesen Jahres. Damit hat das Bundesministerium der Finanzen strenge Anforderungen für die elektronische Buchhaltung festgelegt, die wesentlich in bisherige Arbeitsabläufe eingreifen. In der Praxis kann es zu Problemen kommen: Fristen werden nicht eingehalten, notwendige Softwareanpassungen nicht umgesetzt – je nach Unternehmensgröße können so größere Beträge zur Disposition stehen.
Ein Rechenbeispiel Damit die Finanzverwaltung Daten in ihr System einlesen kann, müssen Unternehmen diese Dateien in einem bestimmten Format erstellen. Kann die bisherige Software dies nicht leisten, muss nachgerüstet werden; zwei Szenarien sind denkbar: Erstens die bestehende Software muss angepasst werden – je nach Hersteller fallen dafür unterschiedlich hohe Programmierungskosten an. Je nach Tagessatz des Entwicklers rund 6.000 bis 8.000 Euro. Oder zweitens können die Daten nur durch ein Upgrade der Software bereitgestellt werden, sind zusätzliche Software und Lizenzkosten unumgänglich. Genaue Zahlen sind schwierig zu nennen, da dies immer von der eingesetzten Software abhängt, aber Beträge bis zu 30.000 Euro sind nicht unrealistisch.
Änderungen mit WirkungAb sofort müssen Geschäftsvorfälle wie Auftragseingänge innerhalb von zehn Tagen im Grundbuch erfasst werden. Dies kann bei KMU zu Schwierigkeiten führen, wenn zum Beispiel Detailthemen mit Kunden noch besprochen werden müssen – die Frist einzuhalten ist dann ein nahezu unmögliches Unterfangen. Unternehmen geraten so leicht in Verdacht, ihre Bücher nicht ordnungsgemäß zu führen. In vielen Fällen schätzt die Finanzverwaltung deshalb die Besteuerungsgrundlage, meist zum Nachteil der Firmen.
Ein weiterer Punkt: Daten müssen in einem auswertbaren Format zur Verfügung stehen. Wer eine Standardsoftware wie SAP benutzt, ist auf der sicheren Seite. Problematisch wird es jedoch, wenn die IT-Abteilung ausgelagert ist; oder bei internationalen Mittelständlern ausländische Software benutzt wird, die die Anforderungen der deutschen Finanzverwaltung nicht (ausreichend) berücksichtigt.
Praxistipp: Prüfen Sie, ob die Daten im gewünschten Format bereitgestellt werden können. Falls nicht, sollte schnellstmöglich der Kontakt zum Hersteller der Software gesucht und die nötigen Anpassungen vorgenommen werden. Wenn nötig, mit einem entsprechenden Zeitplan.
2) Änderungen der Leasingbilanzierung im IAS 17Gemäß den Änderungen der Leasingbilanzierung im IAS 17 können Leasingverträge nun nicht mehr bilanzneutral behandelt werden, sondern müssen in der Bilanz aufgeführt werden. Das haben das International Accounting Standards Board (IASB) und das Financial Accounting Standards Board (FASB) Anfang des Jahres beschlossen. Was das für Unternehmen bedeutet, die nach IFRS bilanzieren? Die Verschuldung steigt, während die Eigenkapitalquote sinkt.
Das Ziel der geänderten Regelungen war, mehr Transparenz in die Verpflichtungen aus eingegangen Leasingverhältnissen zu bringen.
Der Unterschied zur ursprünglichen BilanzierungBisher wurden Leasing Verträge in Operational und Financial Verträge klassifiziert. Dementsprechend wurden sie in der Bilanz aufgeführt – oder eben nicht. Financial Leasingverträge galten als Kauf von Vermögenswerten, Operational Verträge als Mietverträge und somit schwebendes Geschäft; sie wurden nicht in der Bilanz aufgelistet. Genau diese Unterscheidung fällt im neuen Vorschlag der Boards weg.
Das hat erhebliche Konsequenzen für in Darlehensverträgen aufgeführte Covenants. Wird die Eigenkapitalquote verfehlt, können Darlehen platzen, weil die Covenants gebrochen werden.
Überwiegend betroffen von den Änderungen sind Unternehmen, die stark von Investitionen getrieben werden; dazu zählen beispielsweise Fluggesellschaften, Einzelhändler, die Verkaufräume anmieten und Parkhausbetreiber – soweit sie nicht Dienstleistungsverträge eingegangen sind.
Praxistipp: Sichten Sie Ihre Darlehensvereinbarungen und suchen Sie möglichst schnell den Kontakt zur Hausbank. Durch die erwartete Umstellung sollten die Berechnungen der Covenants angepasst werden.
Ausnahme „Small-Ticket-Leases“Es gibt aber auch Ausnahmen im neuen Entwurf: die Small-Ticket-Leases. Dazu zählen Laptops, Tablets, Desktopdrucker oder auch Büromöbel mit einer Leasingsumme von höchsten 5.000 USD. Ausgenommen sind PKWs oder hochwertige Drucker, sie müssen wie „normale Leasinggegenstände“ bilanziert werden. Ebenfalls nicht aufgeführt werden müssen Leasingverhältnisse, deren Laufzeit weniger als ein Jahr beträgt.
3) Ein unprofessionelles Forderungs- und Working Capital ManagementLaut einer aktuellen Erhebung des Atradius Zahlungsmoralbarometers zahlen rund 42 Prozent der deutschen Geschäftskunden ihre Rechnungen zu spät – den meisten Firmen fehlt es an einem aktiven Forderungsmanagement. Kunden zu erinnern, ihre Rechnungen und Außenstände zu bezahlen, ist für viele Unternehmen schlichtweg ein unangenehmer Punkt. Gerade wenn langjährige Beziehungen bestehen. Doch jedem Geschäftsführer muss daran gelegen sein, die Liquidität seines Unternehmens zu optimieren und den Geldfluss aufrecht zu erhalten. Denn Zahlungsverzüge, die Kosten für ausstehende Forderungen und ein mangelhaftes Working Capital Management wirken sich negativ auf die Rentabilität des Unternehmens aus.
Vorgehen in der PraxisEin professionelles Forderungsmanagement beginnt bereits bei der Akquise von Neukunden, unabhängig davon, ob es in- oder ausländische Kunden sind. Jeder Neukunde muss auf seine Kreditwürdigkeit gecheckt werden. Fällt sie negativ aus, ist ein offenes Gespräch mit dem Kunden sinnvoll. Danach liegt es meist im Ermessen des Unternehmens, den Auftrag anzunehmen oder nicht.
Praxistipp: In jedem Fall sollten Sie einen möglichen Forderungsausfall detailliert mit dem potenziellen Kunden besprechen. Lehnen Sie den Auftrag ab, ist es trotzdem empfehlenswert, den Kontakt nicht abreißen zu lassen und die wirtschaftliche Entwicklung zu verfolgen. Bei einer Verbesserung, kann jederzeit eine neue Prüfung der Kreditwürdigkeit veranlasst werden. Als Alternative können Sie auch eine Warenkreditversicherung abschließen oder aber Forderungen verkaufen („Facturing“). In beiden Varianten ist mit zusätzlichen Kosten zu rechnen, die Sie am besten bei der Preisgestaltung mit berücksichtigen.
Bei bestehenden Kunden ist eine enge Verzahnung von Forderungsmanagement und Vertrieb wichtig: Der Bereich Debitoren kennt das Zahlungsverhalten des Kunden und sollte bei Unregelmäßigkeiten unbedingt den Vertrieb einschalten. Dieser ist nah am Kunden und kann in der Regel schnell die Gründe für Außenstände erfassen. Auch hier gilt: Wird das vereinbarte Zahlungsziel überschritten, muss angemahnt werden. In der Praxis haben sich zwei Mahnungen mit unterschiedlich starker Formulierung bewährt.
Praxistipp: Neben einem professionellen Forderungsmanagement sollten Sie außerdem stets Ihre Verbindlichkeiten und Lagerbestände im Blick haben – und immer wieder optimieren. Das schafft Sicherheit und einen wertvollen Wettbewerbsvorteil.