Pressemitteilung, 19.02.2007 - 21:56 Uhr
Perspektive Mittelstand
EU-Abfallrahmenrichtlinie: Bundesregierung ist jetzt gefordert
(PM) , 19.02.2007 - EUROPATICKER Umweltruf (www.europaticker.de): Bundesregierung und EU-Kommission haben noch viel Arbeit vor sich, um aus dem Beschluss des Europäischen Parlaments zur Abfallrahmenrichtlinie tatsächlich eine gute Basis für die Weiterentwicklung der Recycling- und Entsorgungswirtschaft in Deutschland und Europa zu machen, erklärte der Präsident des bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V., Burkhard Landers. Erwartungsgemäß sei die Mehrzahl der vom federführenden Umweltausschuss des Europäischen Parlamentes vorgeschlagenen Änderungsanträge zum Kommissionsentwurf zur Novelle der Abfallrahmenrichtlinie im Plenum des Europäischen Parlamentes durch gewunken worden. Landers: „Diese Änderungen führen zu mehr Bürokratie, sind innovationsfeindlich, behindern die Entwicklung des gemeinsamen Wirtschaftsraums und sind ökologisch alles andere als fortschrittlich. Während EU-Kommissionsmitglied Günter Verheugen überflüssige Regelungen abschafft, werden an anderer Stelle neue Bürokratien aufgebaut“. Der bvse fordert daher insbesondere die Deutsche Bundesregierung auf, im Rahmen ihrer Ratspräsidentschaft eine tragfähige Lösung anzustreben. Hierzu gehört, dass die grundsätzlich zu begrüßende fünfstufige Abfallhierarchie (Vermeidung - Wiederverwendung - Recycling - andere Verwertungsverfahren – Beseitigung) befreit wird von den Lebenszyklusbetrachtungen. „Wir brauchen eine klare Abfallhierarchie, das ist auch in Deutschland schon lange gute Übung, aber das bürokratische Monster der Lebenszyklusanalysen wird im Ergebnis das Recycling in Deutschland nicht erleichtern, sondern behindern. Insbesondere für mittelständische Entsorgungsunternehmen ist dieser Aufwand nicht zu leisten“, machte bvse-Präsident Burkhard Landers deutlich. Die EU-Parlamentarier halten einige Korrekturen an der zentralen neuen Vorschrift über das Ende der Abfalleigenschaft für notwendig. Es soll nach ihrer Auffassung unter Beteiligung des Parlamentes erlassene Rechtsakte geben, die für bestimmte Stoffe (z. B. Granulate, Glas, Textilien) nähere Anforderungen im Hinblick auf ein Entlassen aus dem Abfallrechtsregime festlegen. Der Ansatz, für bestimmte Stoffgruppen die strengen abfallrechtlichen Regelungen nicht über den gesamten Recyclingprozess gelten zu lassen, ist aus Sicht des bvse wegen der damit verbundenen positiven Marktanreize zu begrüßen. Aber auch hier wird der gute Ansatz erstickt, weil versäumt wurde, Sekundärrohstoffe gleichzeitig aus dem Regelungsumfang der REACH-Verordnung zu entlassen. „Den Recyclingunternehmen darf über ein Entlassen aus dem Abfallrechtsregime nicht „Steine statt Brot“ gegeben werden. Denn die hiermit verbundenen Vorteile würden durch die neuen Anforderungen von REACH komplett zunichte gemacht werden. Dies kann nicht die Absicht des Parlamentes sein.“, so Burkhard Landers. Der bvse begrüßt in seiner Stellungnahme ausdrücklich, dass das Parlament sich die Mitentscheidung darüber vorbehalten will, welche Stoffe aus dem Abfallregime letztlich entlassen werden. Diese wesentlichen und für die Praxis höchst bedeutsamen Entscheidungen müssen in einem öffentlichen und transparenten Verfahren vorbereitet und beschlossen werden und nicht, wie ursprünglich geplant, „nichtöffentlich im Hinterzimmer“. Als „schwer nachvollziehbar“ bezeichnete der bvse die Beschlüsse des Parlamentes zur Altölaufbereitung. Im Gegensatz zur Kommission, die die Altölrichtlinie und mit ihr den Vorrang der Aufbereitung abschaffen wolle, sprachen sich die Abgeordneten auch hier für mehr Bürokratie und für einen unnötigen Eingriff in einen funktionierenden Markt aus. Nach Ansicht des bvse und im Übrigen auch des Bundesumweltministerium, gibt es hier ersichtlich keinen Regelungsbedarf. Der Beschluss des Europäischen Parlaments störe zudem das Gesamtsystem der Altölentsorgung. Landers: „Die Bundesregierung muss hier energisch Einfluss nehmen.“ Durch den funktionierenden Wettbewerb der verschiedenen Verwertungsverfahren werde die Sammlung großer Mengen an Altölen gewährleistet. Mehrere nationale wie europäische Studien hätten zudem bewiesen, dass es aus ökologischer Sicht keinen Grund für eine Regelung gebe, die einseitig den Vorrang für die Aufbereitung von Altöl vorschreibe. Auch aus rechtlicher Sicht spricht der durch den EG-Vertrag garantierte freie Warenverkehr gegen die Anordnung des Vorrangs, da dieser die Verkehrsfreiheit ohne sachliche Rechtfertigung beeinträchtigen würde.