Pressemitteilung, 20.04.2011 - 10:55 Uhr
Perspektive Mittelstand
Die Abbildung eines Geschmacksmusters ausschließlich zu Werbezwecken ist keine zulässige Zitierung i.S.v. § 40 Nr.3 GeschmMG
(PM) Saarbrücken, 20.04.2011 - In seinem Urteil vom 07.04.2011 (Aktenzeichen: I ZR 56/09) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Abbildung eines Geschmacksmusters nicht nach § 40 Nr. 3 Geschmacksmustergesetz (im Folgenden: GeschmMG) "zum Zwecke der Zitierung" erlaubt ist, wenn sie ausschließlich Werbezwecken dient.SachverhaltDie Entscheidung erging in einem Rechtsstreit der Fraunhofer-Gesellschaft gegen die Deutsche Bahn AG. Die Deutsche Bahn AG ist Inhaberin von Geschmacksmustern, die sie für Züge des Typs ICE 3 benutzt. Die Fraunhofer-Gesellschaft betreibt eine Einrichtung für angewandte Forschung im Bereich der Schienenfahrzeugtechnik. Nach den Angaben in der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs entwickelte sie für die Deutsche Bahn AG eine Radsatzprüfanlage für den Zugtyp ICE 1. Im Ausstellerkatalog einer Fachmesse warb die Fraunhofer-Gesellschaft für ihre Leistungen unter Darstellung ihres Leistungsspektrums und des Forschungsbedarfs auf dem Gebiet der Schienenfahrzeugtechnik. In diesem Zusammenhang war auch der ICE 3 abgebildet. Die Deutsche Bahn AG verlangte darauf hin von der Fraunhofer-Gesellschaft eine Lizenzgebühr von 750,00 EUR unter Hinweis auf ihr Geschmacksmuster. Letztere verweigerte jedoch die Zahlung und erhob negative Feststellungsklage, womit sie die Feststellung begehrte, dass der Deutschen Bahn AG keine Ansprüche wegen der beanstandeten Abbildung des ICE 3 zustehen. Die Klage wurde in den Vorinstanzen abgewiesen. Auf die Revision der Fraunhofer-Gesellschaft hat nunmehr der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.EntscheidungDie Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist in zweierlei Hinsicht wichtig. Zum einen hat das Gericht zum wiederholten Male festgelegt, dass die Prüfung einer Geschmacksmusterverletzung im Wege eines Vergleichs des Gesamteindrucks der beanstandeten Abbildung mit dem des Geschmacksmusters erfolgen muss. Dabei sind nicht nur Übereinstimmungen, sondern auch Unterschiede zu berücksichtigen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hat das Berufungsgericht diesen Anforderungen nicht genügt, da es seine Annahme einer Geschmacksmusterverletzung allein auf gewisse Übereinstimmungen in der Linienführung gestützt habe. Deshalb wurde die Sache zur erneuten Prüfung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Zum anderen befasst sich die Entscheidung mit der Auslegung des Rechtfertigungsgrunds nach § 40 Nr. 3 GeschmMG. Diese Vorschrift besagt sinngemäß, dass Rechte aus einem Geschmacksmuster nicht gegenüber Wiedergaben zum Zwecke der Zitierung geltend gemacht werden können. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist die Abbildung des ICE 3 im Ausstellungskatalog der Fraunhofer-Gesellschaft jedoch nicht nach § 40 Nr. 3 GeschmMG "zum Zwecke der Zitierung" erlaubt, da eine Abbildung zu Zitierzwecken voraussetze, dass eine Verbindung zwischen dem abgebildeten Geschmacksmuster und der im Katalog dargestellten Tätigkeit besteht und das Muster damit als Belegstelle für eigene Ausführungen des Zitierenden dienen würde. Dies sei jedoch in dem Rechtsstreit zwischen der Fraunhofer-Gesellschaft und der Deutschen Bahn AG nicht der Fall, da das im Ausstellungskatalog beschriebene Leistungsspektrum der Fraunhofer-Gesellschaft sich auf den Zug des Typs ICE 1, nicht aber auf den ICE 3 bezieht. Daher diene die beanstandete Abbildung des Triebwagens eines ICE 3 ausschließlich dem Marketing und stelle folglich kein der Veranschaulichung der eigenen Tätigkeit dienendes Zitat im Sinne von § 40 Nr. 3 GeschmMG dar. FazitDiese Entscheidung des Bundesgerichtshofs zeigt auf, unter welchen Voraussetzungen der Rechtfertigungsgrund der Wiedergabe eines Geschmacksmusters zum Zwecke der Zitierung zum Tragen kommt. Diejenigen, die Geschmacksmuster wiedergeben, ohne eine Lizenz hieran zu haben, sollten darauf achten, dass zwischen dem wiedergegebenen Geschmacksmuster und den eigenen Ausführungen eine Verbindung dergestalt besteht, dass sich die Wiedergabe als Belegstelle für die Ausführungen des Zitierenden verstehen lässt. Dabei ist zu beachten, dass die Wiedergabefreiheit unabhängig von dem Medium besteht, in dem die Wiedergabe erfolgt.Die Inhaber von Geschmacksmustern sollten vor Geltendmachung ihrer Ansprüche gegenüber angeblichen Verletzern sorgfältig prüfen, ob einerseits eine Geschmacksmusterverletzung vorliegt und im Fall einer solchen, ob die Wiedergabe doch nicht nach § 40 GeschmMG zulässig ist.


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