Überfällige Forderungen und Forderungsausfälle belasten die Liquidität, Verringern den Gewinn und sind nicht selten Ausgangspunkt für eine Unternehmensinsolvenz. Statt jedoch die Risiken in diesem Feld zu minieren, tragen viele Unternehmen hierzu noch ihr Scherflein bei – wie unter anderem durch Fehler bei der Kundenauswahl und nicht zuletzt ein mangelhaftes Forderungs- und Kundenmanagement.
Kunden bestellen Waren, lassen Handwerksleistungen oder Reparaturen ausführen und können hinterher nicht zahlen – ein alltägliches Bild in vielen Unternehmen, quer durch die ganze Wirtschaft. Über die Zahlungsmoral in Deutschland scheiden indes sich die Geister: Geht aus der Frühjahrsumfrage des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen noch hervor, dass die Zahlungsmoral in Deutschland gesunken ist, stellt die Creditreform im Juni fest, dass Unternehmen 2010 pünktlicher zahlen als noch im vergangenen Jahr 2009. Eines jedenfalls steht fest: Zahlungsausfälle kosten Unternehmen enorm viel Geld und schlimmstenfalls die Existenz.
Außenstände wirken sich unmittelbar auf die Ertragssituation eines Unternehmens aus. Besonders im Baugewerbe oder der Dienstleistungsbranche sind Unternehmen häufig von der schlechten Zahlungsmoral ihrer Kunden betroffen, die wiederum jedoch selbst auf Zahlungseingänge hoffen. Dieser Dominoeffekt sorgt dafür, dass gewerbliche Schuldner einfach nicht in der Lage sind, offene Rechnungen fristgerecht zu bezahlen. Müssen Unternehmen durch die Insolvenz von Schuldnern mehrere Prozent ihres Jahresumsatzes abschreiben, hat dies oft schlimme Folgen. Doch wie lassen sich Zahlungseingänge sichern und damit auch die eigene Liquidität bis hin zur persönlichen Existenz?
Oftmals gibt es kritische Vorzeichen, die viele Unternehmen nicht erkennen (wollen):
- Verändertes Zahlungsverhalten: Früher wurde das Konto nie überzogen – auf einmal fängt das an.
- Man hört die Standardausreden des Kunden.
- Die gemachte Zusage auf einen Zahlungstermin wird nicht oder unpünktlich eingehalten.
- Man muss öfters anrufen und auf offene Rechnungen hinweisen.
- Der Kunden/Ansprechpartner ist komischerweise nicht (mehr) persönlich zu sprechen.
- Auf Anrufe/Mailbox wird nicht reagiert und es gibt keine Rückrufe (mehr).
- Man hört von anderen Unternehmen, Handwerkern, Industrie negative Botschaften!
Ein Hebel, die Zahlungsmoral bei Kunden hoch zu halten, ist: die eigenen Kunden jeden Tag aufs Neue zu begeistern. Wer in guten Zeiten aus seinen Kunden Fans gemacht hat, wird auch in schwierigen Zeiten auf eine offene Kommunikation bauen können. Allerdings sollten Unternehmen, die bei der Kundenbegeisterung Weltmeister in Kleinigkeiten sind, dieses Wissen auch im Hinblick auf Zahlungseingänge nutzen – hier ein paar umsetzbare Tipps:
- Zahlungsziele konsequent setzen und ebenso konsequent überwachen.
- Bonitätsprüfung zu Beginn der Zusammenarbeit, und auch regelmäßig im weiteren Verlauf.
- Klare Kompetenzregelung innerhalb Vertrieb und Buchhaltung.
- Hart einkaufen! (Zentraleinkauf besser nutzen)
- Mehr mit dem Kunden reden: Offen den Engpass ansprechen – am besten sogar persönlich beim Kunden.
- Kontosperrung darf auf keinen Fall von Mitarbeitern selbstständig zu umgehen sein.
- Lieferscheinbearbeitung/Restarbeiten, etc. schneller angehen – vieles dauert einfach zu lange.
- Kriterien erarbeiten, um Kunden kritisch(er) zu beurteilen.
- Kontoüberwachung nicht durch den Vertrieb, der, um die Geschäftsbeziehung nicht zu gefährden, dem Kunden so gut wie alles glaubt.
- Keine Gutschriftsauszahlung an gesperrte Kunden!
- Keine RISIKO-Geschäfte, im Zweifelsfall lieber einmal öfter verzichten. Widerstehen Sie der Verlockung auf das vermeintlich gute Geschäft.
- Schnelle Reklamationsbearbeitung, am besten innerhalb von 1-3 Tagen.
- Im Vorfeld von Chef zu Chef (bei A-Kunden) konsequente Vorgehensweise vermitteln.
- Professionelles Debitoren-Management und klares Schema für eine Risikobewertung: Jeden Montag gibt es eine Liste. Die Verkäufer müssen sich schriftlich rechtfertigen, am besten in einem Meeting mit Protokoll.
- Schulung mit professionellen Einkäufern, „richtig professionell verhandeln“.
- Dem Kunden kürzere Zahlungsziele mit Skonto schmackhaft machen, ja regelrecht „versüßen“. Unterbewusst vermitteln: Wer kein Skonto zieht, der kann nicht/hat kein Geld zur Verfügung.
- Eindeutige Verantwortlichkeiten festlegen, Kunden also jeweils EINEM Mitarbeiter zuordnen.
- Klare Verhaltens-Regeln festlegen und vielleicht auch einmal mit den Auszubildenden üben: Umgang mit Kunden, Verhalten an der Kasse, am Tresen, wenn einem Kunden gesagt wird, dass „das Konto“ gesperrt ist.
- Um das Verhältnis im Hinblick auf eine zukünftig Zusammenarbeit nicht weiter zu belasten, sollten Kundengespräche zum Thema Inkasso NICHT vom Verkäufer geführt werden.
- Das telefonische Mahnwesen ist die effektivste Form des Mahnens – vorausgesetzt die Mitarbeiter sind entsprechend geschult und haben trainiert.
Die Perspektive Mittelstand ist eine unabhängige, branchenübergreifende Business-Plattform zur Förderung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittelständischer Unternehmen und ihrer Mitarbeiter. Ziel der Initiative ist es, über hochwertige Informations-, Kommunikations- und Dienstangebote rund um den unternehmerischen und beruflichen Alltag die Wissensbildung, Kommunikation und Interaktion von und zwischen Existenzgründern, Unternehmern, Fach- und Führungskräften und sonstigen Erwerbstätigen zu unterstützen. Weitere Informationen zur Perspektive Mittelstand unter: www.perspektive-mittelstand.de