Fachartikel, 15.10.2013
Perspektive Mittelstand
Change Management
In Change-Prozessen erfolgreich Widerstände überwinden
Stehen in Unternehmen Veränderungen an, reagieren Mitarbeiter oft mit Skepsis und nicht selten mit Blockade. Führungskräfte müssen in der Lage sein, konstruktiv mit diesen Emotionen umzugehen – und bereits im Vorfeld von Change-Vorhaben dem Entstehen von Unsicherheiten, Ängsten und Widerständen entgegen wirken.
Jede Veränderung, über die man nicht selbst entscheidet, löst Gefühle aus: etwa Angst oder Wut bei Mitarbeitern, wenn das Management bestimmte Bereiche auslagert, Personal abbaut oder einfach nur neue IT-Lösungen einführt, die den einzelnen in seiner Entscheidungsfreiheit einschränken. Jeder geht dabei mit der Situation anders um. Während der eine seinem Ärger offen Luft macht und seinen Vorgesetzten darauf anspricht, wird der andere womöglich nur still den Kopf schütteln und sich relativ schnell fügen. Fakt ist jedoch: Change Management, also das wirksame Umsetzen von Veränderungen im Unternehmen, gehört zu den schwierigsten Aufgaben von Führungskräften.

Denn in Change-Prozessen wird häufig auf den Ebenen von Strategie, Organisation und Management über Veränderungen entschieden, geplant und möglichst schnell umgesetzt. Ob diese Veränderungen wirksam werden, hängt allerdings im Wesentlichen davon ab, ob sie auf der emotionalen Ebene angenommen werden – sich die Emotionen der Belegschaft also hin zu Neugier und Offenheit für das Neue entwickeln. So zeigen die sogenannten „weichen“ Faktoren ihre Härte im Hinblick auf den Erfolg einer Veränderung.

Was bei Veränderungen passiert

Die aufeinander folgenden Emotionen in Veränderungsvorgängen sind vom Prinzip her immer ähnlich, sie unterscheiden sich bei jedem Mitarbeiter vor allem in ihrer Intensität und Dauer. Ausschlaggebend ist, inwiefern der Einzelne bereits gelernt hat, Veränderungen in seinem Leben zu bewältigen und auch, welche Bedeutung er der Veränderung für seine Situation beimisst.

Zum Beispiel soll in einem Finanzunternehmen eine neue Vertriebsstrategie eingeführt werden, in der es nicht mehr einfach um Produktverkauf geht, sondern um eine ganzheitliche Beratung. Die Reaktionen der Mitarbeiter zeigen die Gefühle, die dabei aufkommen: „Bisher habe ich meine Kunden doch auch gut beraten “, „Warum soll ich etwas anders machen, wenn ich meine Zahlen auch so erreiche“, „Ich mache das nicht mit!“. Sie ärgern sich und verweigern das Neue. Diese Gefühle laufen generell in Phasen ab – bei jedem unterschiedlich schnell: In der ersten Phase sind die betroffenen Vertriebsmitarbeiter verunsichert und leugnen schlicht die Notwendigkeit eines neuen Verkaufsansatzes. Es folgt eine Phase des Ärgers, sie fühlen sich womöglich nicht ausreichend einbezogen in die Entscheidung und gehen in eine Haltung des Widerstands. Erst mit dem Erleben, dass ihr Widerstand nichts an der Entschiedenheit des Managements ändert, beginnt der Abschied vom gewohnten System. Je unangenehmer ein Mitarbeiter die Veränderung empfindet, desto tiefer ist dieses „Tal der Trauer“ – das Bedauern, das Alte und Vertraute aufzugeben – durch das er muss. Erst dann kommt in Phase drei der Moment der Neugier und Erforschung des Neuen: Was bedeutet das? Was wird dadurch möglich, und welche Chancen bestehen für mich? Bis schließlich in Phase vier die neue Vertriebsstrategie akzeptiert und tatsächlich angewendet wird. Der Strategiewechsel ist gelungen, wenn die Mitarbeiter sich mit dem neuen Verkaufsansatz identifizieren, d.h. sich hingezogen fühlen. Widerstand und Ablehnung sind also wichtig, damit Veränderungen überhaupt beginnen.

Unterschiedliche Veränderungsphasen bei Management und Mitarbeitern

Die Unternehmensleitung plant die Veränderung und entscheidet darüber. Wenn sie dies den Mitarbeitern mitteilt, befindet sie sich selbst bereits in der vierten Gefühlsphase. Die Mitarbeiter stehen jedoch erst am Anfang und müssen alle vier Phasen noch durchlaufen. Das mittlere Management erfährt meist erst zeitgleich mit den Mitarbeitern davon, hat also ebenfalls noch alle emotionalen Höhen und Tiefen vor sich. Die Erwartung der Unternehmensleitung ist allerdings, die Belegschaft auf schnellstem Weg in die Phase der Erneuerung zu bringen. So sind die Anforderungen an das mittlere Management im Change-Prozess besonders hoch: diese Führungskräfte müssen selbst möglichst schnell mit der Veränderung zurecht kommen und sie akzeptieren, und gleichzeitig ihren Mitarbeitern gegenüber emotional intelligent handeln und konstruktiv mit deren Gefühlen umgehen.

Mit Emotionen umgehen


Im Beispiel der Einführung einer neuen Beratungsstrategie im Vertrieb können die Führungskräfte folgendermaßen vorgehen: zunächst erkennen sie den Ärger der Mitarbeiter an. Wenn sie wissen, welche Werte ihrer Mitarbeiter durch die Veränderung verletzt werden, sollten sie das ruhig ansprechen – zum Beispiel die Individualität beim Verkaufen oder persönliche Freiheit. Im nächsten Schritt geht es darum, zu der Entscheidung zu stehen, ohne die emotionale Anerkennung zu relativieren: „und es ist entschieden“ – ohne mit einem „aber“ die Wirkung des Vorigen aufzuheben. Wenn die Mitarbeiter schon aufnahmefähig dafür sind, können sie zusätzlich den Sinn der Veränderung erklären. Hier wäre das wohl eine andere Wahrnehmung der Kunden, denn es geht im neuen Ansatz nicht mehr nur um eine bessere Zielerreichung, sondern vor allem um eine stärkere Kundenbindung.

Falls diese Kombination aus Anerkennen der Emotion und Entschiedenheit das Team in die nächste Phase führt – das Bedauern – dann gilt es, auch diese Emotion anzuerkennen. Es ist schließlich ein wichtiger Schritt zum Ziel, bevor sich die Mitarbeiter für die Möglichkeiten der neuen Strategie interessieren können.

Checkliste: emotional intelligent auf negative Stimmung reagieren
  1. Die Emotion anhören und sie anerkennen, z.B. mit „Ich sehe und verstehe, dass Dich das ärgert.“ oder „Du bist nicht besonders angetan von dieser Entscheidung, oder?“
  2. Die Werte ansprechen, die offenbar betroffen sind und verletzt wurden: Zum Beispiel der Wert „Mitbestimmung“, wenn Mitarbeiter sich nicht in die Entscheidung einbezogen fühlen.
  3. Eine Pause im Gespräch einlegen, das vorher Gesagte wirken lassen.
  4. Klar bleiben, ohne mit einem „Aber“ die Anerkennung der Emotion zu relativieren: „Das verstehe ich – UND es ist entschieden.“
  5. Wenn die Mitarbeiter aufnahmefähig sind, das Ziel und den Sinn der Veränderung erklären.
Entschieden Handeln

Es ist gut, wenn Mitarbeiter auf angekündigte Veränderungen nicht gleichgültig reagieren, sondern Unsicherheit, Ärger und Bedauern ausdrücken. All das zeigt, die Belegschaft setzt sich mit der Veränderung auseinander – dies ist die notwendige Basis dafür, dass die Mitarbeiter das Neue irgendwann nicht nur akzeptieren, sondern sich auch wieder damit identifizieren. Emotional intelligent damit umzugehen heißt zuallererst, dies anzuerkennen – und das ist die Voraussetzung für erfolgreiches Change Management.
ZUM AUTOR
Über Sabine Grüner
EQ Dynamics
Der intelligente Umgang mit Emotionen in der Businesswelt ist der Schwerpunkt von Sabine Grüner. Als Geschäftsführerin von EQ Dynamics arbeitet sie mit ihren Kunden unter anderem an Veränderungsprozessen und Führungsthemen – immer dann, wenn emotionale Intelligenz weiter hilft.
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