Nur wenige Unternehmen passen Versorgungswerke an neue Regelaltersgrenze an
(PM) München, 14.03.2013 - Eine Untersuchung von Aon Hewitt bei 200 großen und mittelständischen Unternehmen zeigt, dass dem BAG-Urteil zur Anpassung der Altersgrenzen in vielen Fällen noch unzureichend Beachtung geschenkt wird. Das Bundesarbeitsgericht hatte im letzten Mai verfügt, dass die betriebliche Altersgrenze im Rahmen der Versorgungswerke in der Regel mit der gesetzlichen mitwandert, also für Geburtsjahrgänge ab 1947 schrittweise auf 67 Jahre angehoben wird. Knapp ein Dreivierteljahr später haben dies aber nur etwa 13 Prozent der deutschen Unternehmen in der betrieblichen Praxis umgesetzt. Der Großteil der Betriebe hat bisher entweder noch keine Entscheidung getroffen oder sich explizit für eine Beibehaltung der bisherigen Altersgrenze ausgesprochen (35 Prozent). „In kleinen Unternehmen dürften diese Anteile noch weitaus höher sein“, so Carsten Hölscher, bAV-Experte und Partner bei Aon Hewitt.
„Ein Grund dafür mag sein, dass die Chancen, die eine solche Umstellung mit sich bringt, derzeit noch nicht erkannt werden“, meint Hölscher. Gerade für Unternehmen, die sich mit Fachkräftemangel konfrontiert sehen, kann eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit strategische Vorteile haben. „Zudem ließen sich so zusätzliche Kosten in der betrieblichen Altersversorgung, wie sie zum Beispiel aus der gestiegenen Lebenserwartung resultieren, wenigstens zum Teil kompensieren“, ergänzt der Experte. Langfristig ist eine Diskrepanz zwischen der betrieblichen Regelaltersgrenze und der gesetzlichen Regelung auch schwer vermittelbar. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich immer mehr Mitarbeiter dazu entscheiden, über das 65. Lebensjahr hinaus arbeiten zu wollen.
Anhebung von 65 auf 67 Jahre
Die Anpassung der Altersgrenzen betrifft vor allem Versorgungsordnungen, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2008 geschaffen wurden und das 65. Lebensjahr als normale Altersgrenze vorsehen. Sie sind laut BAG-Urteil dahingehend auszulegen, dass diese Altersgrenze mit der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung mitwandert. Im Ergebnis hätten die Mitarbeiter ab 2031 erst bei Vollendung des 67. Lebensjahres einen Anspruch auf eine ungekürzte betriebliche Altersrente. Die praktische Umstellung auf das neue Rentenalter vollzieht sich dabei in den meisten Fällen keineswegs automatisch. Vor allem bei den „alten“ Leistungsplänen entstehen oft Regelungslücken. Darüber hinaus müssten Bescheide geändert beziehungsweise für die Vergangenheit sogar korrigiert werden. „Der Aufwand einer Umstellung ist nicht zu unterschätzen“, urteilt Hölscher. „Daher ist es durchaus nachzuvollziehen, dass viele Unternehmen noch keine Abwägung getroffen haben, inwieweit sie eine Anpassung der Regelungen vorantreiben wollen.“ Bei neueren beitragsorientierten Plänen sei eine Änderung in der Regel aber deutlich einfacher.
Vor allem kleine Unternehmen warten ab
Beobachtungen von Aon Hewitt zeigen, dass in kleinen Betrieben ein noch viel geringer ausgeprägtes Problembewusstsein hinsichtlich einer Überprüfung der Frage der Anhebung der Altersgrenzen besteht als in größeren Unternehmen – auch entgegen der ausdrücklichen Empfehlungen von Beratern und Anwaltskanzleien. Gründe dafür sind, dass der Umstellungsaufwand in keinem Verhältnis zu den möglichen Kosteneinsparungen steht und es sich meist nur um kleine Bestände handelt. Hinzu kommt, dass die bAV überwiegend über beitragsorientierte Leistungszusagen geregelt ist, die über Direktversicherungen finanziert sind. Da sich die Versicherungswirtschaft derzeit noch sehr abwehrend gegenüber einer Anpassung der Altersgrenze verhält, liegen potenzielle Anpassungen hier ebenfalls auf Eis. „Die meisten kleinen Unternehmen warten ab, bis der erste reale Fall eintritt und ein Mitarbeiter über 65 im Unternehmen verbleibt“, so Hölscher. „In diesem Fall wird sich die Frage stellen, ob der Mitarbeiter die Leistungen aus der Direktversicherung bereits mit 65, also noch vor Ausscheiden aus dem Unternehmen, in Anspruch nehmen kann oder anderenfalls, ob für ihn weiter Beiträge gezahlt werden können. Auf diese Fragen sollten die Unternehmen zumindest vorbereitet sein.“