Pressemitteilung, 12.09.2006 - 11:54 Uhr
Perspektive Mittelstand
Arbeitsrecht: Bei einem Betriebsübergang muss der Betriebserwerber einen bei einem früheren Betriebsinhaber eingetretenen Annahmeverzug gegen sich gelten lassen
(PM) , 12.09.2006 - Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hatte kürzlich über den Fall zu entscheiden, ob der Betriebserwerber auch Ansprüche des Arbeitnehmers eines unstreitigen Annahmeverzugslohns zu erfüllen hat. In seinem Urteil hat das LAG Köln festgestellt, dass im Falle eines Betriebsübergangs auch Ansprüche auf Annahmeverzugslohn auf den Betriebserwerber übergehen (LAG Köln, 4-Sa-1291/04, Urteil vom 28.04.2006; Vorinstanz: ArbG Köln 2 Ca 1439/03). Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist gemäß § 613 Abs. 1 BGB auf die Beklagte übergegangen. Ein Betriebsübergang liegt dann vor, wenn eine wirtschaftliche Einheit, das heißt eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung unter Wahrung ihrer Identität auf einen anderen Inhaber übergeht. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva zum Zeitpunkt des Übergangs oder und die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der Führungskräfte und der Arbeitsorganisation, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Übernommene sächliche und immaterielle Betriebsmittel machen dabei schon dann einen Betrieb aus, wenn der neue Inhaber mit ihnen und mit Hilfe der Arbeitnehmer bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgen kann. Dabei ist es nicht erforderlich, dass alle Wirtschaftsgüter, die zu dem Betrieb des alten Inhabers gehörten, auf den neuen Betriebsinhaber übergehen. Unwesentliche Teile des Betriebsvermögens bleiben außer Betracht. Die Kammer gelangt bei der notwendigen Gesamtwürdigung dazu, dass im vorliegenden Fall auch nach dem unstreitigen Vorbringen und dem Vorbringen der Beklagten die Identität des Betriebes gewahrt ist.Die Vergütungsansprüche des Klägers sind nach § 615 BGB aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges begründet.Die frühere Betriebsinhaberin war - wie im Übrigen in dem im Tatbestand zitierten Urteil rechtskräftig festgestellt worden ist - mit der Annahme der Leistungen des Klägers in Annahmeverzug. Diesen bei der früheren Betriebsinhaberin eingetretenen Annahmeverzug muss die Beklagte aufgrund des Schutzzweckes des § 613 a BGB gegen sich gelten lassen Es kann aufgrund des Vorbringens der beweispflichtigen Beklagten auch nicht festgestellt werden, dass der Kläger böswillig anderweitigen Erwerb unterlassen hätte. Um böswilliges Unterlassen handelt es sich, wenn der Arbeitnehmer grundlos zumutbare Arbeit ablehnt oder vorsätzlich verhindert, dass ihm zumutbare Arbeit angeboten wird. Dabei erfüllt nach Rechtsprechung des BAG nicht einmal das Unterlassen der Meldung des Arbeitnehmers beim Arbeitsamt als arbeitssuchend allein das Merkmal des böswilligen Unterlassens. Dieses kann im vorliegenden Fall indes dahin stehen, da der Kläger Leistungen der Arbeitsverwaltung bezog und deshalb der Arbeitsverwaltung als arbeitssuchend zur Verfügung stand. Im Übrigen ist nach Auffassung des BAG der Arbeitnehmer nicht einmal gehalten, eigene Anstrengungen zu unternehmen, um eine Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber zu finden. Vermittlungsaussichten auf dem Arbeitsmarkt begründen keine Obliegenheit für den Arbeitnehmer, sich arbeitssuchend zu melden. Nur wenn der Arbeitnehmer Arbeitsangebote ausschlägt oder sie verhindert, ist der böswillig versäumte Erwerb als wirklich gemachter zu behandeln . Will der Arbeitgeber seinen Risiken im Annahmeverzug mindern, so hat er die hierfür erforderlichen Handlungen selbst vorzunehmen.Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte im Juni erneut über die Einbeziehungen von AGB zu entscheiden. Danach kann es für die Möglichkeit der Kenntnisverschaffung es genügen, wenn bei einer Bestellung über das Internet die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters über einen auf der Bestellseite gut sichtbaren Link aufgerufen und ausgedruckt werden können.(BGH, I-ZR-75/03, Urteil vom 14.06.2006, Verfahrensgang: OLG Düsseldorf - 18 U 129/02 vom 05.02.2003; LG Mönchengladbach - 10 O 187/01 - 26.4.2002)Mitgeteilt von: rechtsanwalts-TEAM.de Warm & Kanzlsperger in Paderborn, Rechtsanwalt Martin J. Warm, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, Wirtschaftsanwalt (www.rechtsanwalt-in-paderborn.de)