Pressemitteilung, 19.09.2006 - 11:11 Uhr
Perspektive Mittelstand
Wirtschaftsrecht: Verjährungsbeginn einer Bürgschaftsforderung
(PM) , 19.09.2006 - Das Oberlandesgericht (OLG) München hatte kürzlich einen Fall hinsichtlich der Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft und die damit möglicherweise eingetretene Verjährung zu entscheiden. Wenn in einem Bürgschaftsvertrag vereinbart wurde, dass sich die Bank bei Fälligkeit der Forderung und Nichtleistung des Hauptschuldners an den Bürgen wenden kann, „der dann ...nach Aufforderung der Bank Zahlung zu leisten hat“, so liegt hierin eine wirksame vertragliche Fälligkeitsvereinbarung. Die Bürgschaftsforderung wird danach erst mit der Zahlungsaufforderung der Bank fällig, so dass auch die Verjährung der Bürgschaftsforderung erst zu diesem Zeitpunkt beginnt (OLG München 20.7.2006, 19 U 3419/06). Die Klägerin ist eine Bank. Sie hatte A. einen Kontokorrentkredit eingeräumt, für den sich der Beklagte selbstschuldnerisch verbürgt hatte. Im Bürgschaftsvertrag war unter der Überschrift „Inanspruchnahme aus der Bürgschaft“ vereinbart, dass sich die Bank bei Fälligkeit der gesicherten Forderung und Nichtleistung des Hauptschuldners an den Bürgen wenden kann, „der dann auf Grund seiner Haftung als Selbstschuldner nach Aufforderung durch die Bank zu leisten hat...“. Mit Schreiben vom 5.11.2001 kündigte die Klägerin den Kreditvertrag mit A., sofern keine Rückzahlung der Kreditforderung bis zum 31.1.2002 erfolge. A. folgte der Zahlungsaufforderung nicht. Daraufhin kündigte die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 14.1.2002 an, dass sie ihn aus der Bürgschaft in Anspruch nehmen werde. Mit Schreiben vom 3.11.2004 forderte sie ihn zur Zahlung von 200.000 Euro auf. Da der Beklagte nicht zahlte, beantragte die Klägerin einen Mahnbescheid. Nach dem hiergegen gerichteten Widerspruch des Beklagten beantragte sie am 25.5.2005 die Abgabe der Sache an das Streitgericht. Im Klageverfahren machte der Beklagte geltend, dass die Bürgschaftsforderung verjährt sei. Das LG folgte dieser Argumentation und wies die Klage ab. Die Verjährung der Bürgschaftsforderung habe bereits mit Ablauf des Jahres 2001 begonnen, da die Bürgschaftsschuld bereits mit Fälligstellung des Darlehensrückzahlungsanspruchs im November 2001 fällig geworden sei. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte Erfolg. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 200.000 Euro aus dem Bürgschaftsvertrag. Entgegen der Auffassung des LG ist dieser Anspruch nicht verjährt. Die Verjährung eines Anspruchs beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem er entstanden ist. Es ist zwar umstritten, wann Bürgschaftsforderungen grundsätzlich fällig werden. Die Streitfrage muss hier aber nicht geklärt werden, da eine wirksame Fälligkeitsvereinbarung vorliegt und solche vertraglichen Fälligkeitsbestimmungen den gesetzlichen Regelungen vorgehen. Im Streitfall haben die Parteien vereinbart, dass die Bürgschaftsforderung erst nach einer entsprechenden Zahlungsaufforderung der Klägerin fällig werden soll. Diese Klausel ist weder überraschend noch mehrdeutig (§ 305c BGB). Bürgen müssen damit rechnen, dass im Bürgschaftsvertrag die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung geregelt wird. Die streitige Fälligkeitsbestimmung enthält zudem eine klare Aufzählung der Fälligkeitsvoraussetzungen (Fälligkeit des Anspruchs, Nichterfüllung des Anspruchs durch Hauptschuldner und Zahlungsaufforderung der Bank). Dass es sich bei der Zahlungsaufforderung um eine echte Tatbestandsvoraussetzung handelt, ergibt sich aus der Formulierung „der dann ...auf Grund seiner Haftung als Selbstschuldner nach Aufforderung durch die Bank zu leisten hat“. Die Formulierung „erst dann“ wäre zwar noch eindeutiger gewesen. Es ist jedoch auch bei der gewählten Formulierung offensichtlich, dass die Bürgschaftsforderung erst mit der Zahlungsaufforderung der Bank fällig werden soll. Da die Klägerin den Beklagten erstmals mit Schreiben vom 14.1.2002 zur Zahlung aufgefordert hat, begann die Verjährung der Bürgschaftsforderung erst mit Ablauf des Jahres 2002. Im Zeitpunkt der Durchführung des Klageverfahrens im Jahr 2005 war der Anspruch daher noch nicht verjährt. (Quelle: Otto Schmidt Verlag)Mitgeteilt von: rechtsanwalts-TEAM.de Warm & Kanzlsperger in Paderborn, Rechtsanwalt Martin J. Warm, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, Wirtschaftsanwalt (www.rechtsanwalt-in-paderborn.de)