Pressemitteilung, 03.03.2014 - 08:56 Uhr
Perspektive Mittelstand
Zentrum für seltene Kopfschmerzerkrankungen, SUNCT-Syndrom
(PM) Kiel, 03.03.2014 - Unter den 363 Kopfschmerz-Hauptdiagnosen, die heute klassifiziert werden, befinden sich neben den Volkskrankheiten Migräne und Kopfschmerz vom Spannungstyp eine Reihe von sehr seltenen Kopfschmerzerkrankungen. Dazu zählen insbesondere der episodische und der chronische Clusterkopfschmerz (CK), die episodische und chronische paroxysmale Hemikranie (CPH), das SUNCT-Syndrom (short-lasting unilateral neuralgiform headache with conjunctival injection and tearing – siehe nebenstehendes Video, Beschreibung unten) und andere Kopfschmerzformen. Die Einjahres-Prävalenz einzelner Formen dieser sog. trigemino-autonomen Cephalgien (TACs) liegt deutlich unter 0,01 %. Die Erkrankungen sind durch extrem schwere einseitige Kopfschmerzanfälle in Verbindung mit ipsilateralen autonomen Symptomen klinisch charakterisiert. Gemeinsam ist diesen Kopfschmerzen eine vernichtende Schwere der Schmerzen, die bei ineffektiver Diagnose und Therapie sehr häufig zum Suizid führt. Die korrekte und schnelle Diagnose der TACs ist essentiell, da ihre Behandlung sich grundlegend von der Therapie anderer Kopfschmerzformen unterscheidet (Link: www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=hUjmOnhGKFE)Zielführende adäquate Diagnosen werden jedoch oft sehr spät oder gar nicht gestellt, effektive Therapien bleiben daher aus oder werden erst nach vielen qualvollen Jahren einer Schmerz-Odyssee, Doktor-Hopping, Doktor-Shopping, Anwendung unkonventioneller Methoden und schwerwiegenden Komplikationen eingeleitet. Zusätzlich größtenteils unerforscht, nicht diagnostiziert sowie fehl- oder unbehandelt zählen TACs zu den bösartigsten und gleichzeitig am stärksten behindernden Schmerzerkrankungen des Menschen. Soziale Isolation, Persönlichkeitsänderung, Angst, Depression, Mutlosigkeit, Wut, Trauer, Verzweiflung und Aufgabe des Lebenswillens heißen die vielfältigen Begleiter. Angehörigen leiden meist verängstigt und verzweifelt mit. Dabei können TACs heute in der Regel mit spezialisiertem Wissen schnell und präzise diagnostiziert werden. Es gibt sehr wirksame Behandlungsmöglichkeiten, die bei Kenntnis und adäquater Anwendung meist wirksame und schnelle Hilfe ermöglichenDurch das Projekt soll Patienten eine Behandlungsodyssee, Diagnoseverzögerungen und ineffektive Therapien erspart bleiben. Gerade schwere und seltene Kopfschmerzerkrankungen wie die TACs äußern sich mit komplexer Phänomenologie, haben multikausale Entstehungsmechanismen und präsentieren sich mit vielfältigen körperlichen und psychischen Auswirkungen. Sie können daher in der Regel nicht flächendeckend spezialisiert und auf aktuellem Stand behandelt werden. Ohne Kenntnis zeitgemäßer diagnostischer Kriterien, Bündelung von Erfahrungen durch Spezialisierung und Umsetzung aktueller wissenschaftlich gesicherter Behandlungspfade entstehen Fehldiagnosen und unwirksame Behandlungsverläufe.Im Mittel dauert es acht bis zwölf Jahre, bis die Betroffenen eine adäquate Diagnose und eine spezifische Behandlung erhalten. Seltene Kopfschmerzerkrankungen sind ein Bereich der Medizin, der sich randomisierten kontrollierten Studien aufgrund der Seltenheit der Erkrankungen nur sehr schwer zugänglich macht. Evidenzbasierende Leitlinien, Aus-, Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen für Ärzte sowie Forschungsanstrengungen der Industrie fehlten bisher.In Zusammenarbeit mit der Schmerzklinik Kiel, dem Bundesverband der Clusterkopfschmerz-Selbsthilfegruppen (CSG e.V.) und der Techniker Krankenkasse wurde zur Überwindung der Versorgungsdefizite die Idee von Kompetenzzentren für Clusterkopfschmerzen (CCC) entwickelt und 2007 erstmals umgesetzt. In Kooperation mit der Techniker Krankenkasse wurde zudem ein bundesweites integriertes Versorgungsnetz für die Behandlung von Kopfschmerzerkrankungen entwickelt, in das die Kompetenzzentren integriert wurden. Das Ziel war, bundesweit abgestimmte und fachübergreifende Behandlungspfade für eine effektive, koordinierte, rasche und barrierefreie Diagnostik und Therapie zu ermöglichen. Dieses Versorgungsnetzwerk soll einerseits vor Ort den Zugang zu spezialisierten Praxen ermöglichen. Über das Internet können bundesweit entsprechende schmerztherapeutische Regionalzentren ausfindig gemacht werden. Gleichzeitig wurden die Versorgungswege koordiniert und durch Behandlungspfade hinsichtlich ihrer Effizienz optimiert.


ANSPRECHPARTNER/KONTAKT

Schmerzklinik Kiel
Herr Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Hartmut Göbel
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ÜBER SCHMERZKLINIK KIEL

Die Schmerzklinik Kiel wurde als wissenschaftliches Modellprojekt 1997 gegründet und beschritt mit dem Beginn der Patientenversorgung 1998 neue Wege in der Schmerztherapie. Der Behandlungsschwerpunkt zielt auf chronische neurologische Schmerzerkrankungen, insbesondere Migräne- und chronische Kopfschmerzen. Ziel der Klinik ist, das gesamte Wissen, das für die Versorgung von chronischen Schmerzen verfügbar ist, unmittelbar zur Anwendung zu bringen und hochspezialisiert die Belange von Menschen mit chronischen Schmerzen zu berücksichtigen. Auch der Erforschung von neurologischen Schmerzerkrankungen, Migräne und anderen Kopfschmerzen gilt die zentrale Aufmerksamkeit, um die zukünftige Behandlung weiter zu verbessern. Die externe wissenschaftliche Begleitforschung der Gesellschaft für Systemberatung im Gesundheitswesen GSbG bestätigte, dass mit dieser Konzeption Schmerzen nachhaltig gelindert, soziale und berufliche Tätigkeiten wieder aufgenommen und die direkten und indirekten Kosten chronischer Schmerzerkrankungen deutlich gesenkt werden können. In den vergangenen 10 Jahren wurden über 10 000 stationäre und über 50 000 ambulante Behandlungen durchgeführt. Mehr als 70% der behandelten Patientinnen und Patienten kommen überregional aus dem gesamten Bundesgebiet und dem Ausland. Das Konzept nahm moderne Entwicklungen in der Medizin voraus, insbesondere die integrierte Versorgung. Integrierte Versorgung (IV) bedeutet, dass die Behandlung nicht durch Fachgrenzen eingeschränkt wird. Auch die Abschottung von ambulanten und stationären Versorgungsbereichen wird aufgehoben. Experten der verschiedenen medizinischen Fachgebiete wirken zusammen, um mit zeitgemäßen Methoden optimal koordiniert zu behandeln. Die ambulante und stationäre Behandlung funktioniert nicht losgelöst nebeneinander, sondern ist vernetzt und aufeinander abgestimmt. Möglich ist dadurch eine Behandlung auf neuestem Stand und ohne Schranken. Das im Jahre 2007 mit der Techniker Krankenkasse initiierte Behandlungsnetzwerk greift diese Erfahrungen für die Behandlung von Migräne und Kopfschmerzen auf und nutzt sie bundesweit. Dazu wurde erstmals ein flächendeckendes koordiniertes Versorgungsnetzwerk geschaffen, um die Behandlungsqualität überregional zu verbessern. Die Schmerzklinik Kiel übernimmt dabei die Koordination des Netzwerkes, die umfassende Information der Patienten, die Fortbildung und den Erfahrungsaustausch der Therapeuten. Mit der AOK Schleswig-Holstein wurde eine landesweite koordinierte Versorgung entwickelt. Zahlreiche weitere regionale und überregionale Krankenkassen nutzen diese innovativen Versorgungskonzepte für ihre Versicherten.