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Fachartikel, 14.10.2008
Wissensmanagement und –bilanzierung, Teil 4
Erfahrungsbericht IT-Dienstleister
Im Jahr 2005 startete die badenIT ein Projekt mit dem Titel „Qualitätsoffensive“. Der Anspruch: Durch die Verbesserung der Services sollte die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gesteigert werden. Positioniert als Dienstleister für innovative, pragmatische und kostenbewusste IT-Lösungen war sehr schnell klar: Entscheidend hierfür ist nicht nur die Optimierung von Prozessen, sondern auch das Thema Wissensmanagement und -bilanzierung.
„Welche Konsequenzen dieses Projekt nach sich ziehen würde, war damals noch nicht abzusehen. Heute erkennen wir, dass sich das gesamte Unternehmen im Laufe dieses Projekts erheblich verändert hat“ blickt Dr. Oliver Kriessl, Leiter Kundenbeziehungen badenIT GmbH, zurück. Zu den augenfälligsten Veränderungen gehörte die Umgestaltung sämtlicher Serviceprozesse der badenIT, die nach ITIL Best Practices angepasst, überarbeitet und dokumentiert wurden. Folgerichtig hatte man sich entschlossen, diese Leistungen durch den TÜV mit der ISO 20000-Zertifizierung regelmäßig überprüfen zu lassen. Seit 2007 gehören deshalb jährliche Re-Zertifizierungen zum normalen Ablauf eines Geschäftsjahres im Unternehmen. Damit diese neue Ausrichtung überhaupt erst wirksam werden konnte, war ein Umdenken im Unternehmen notwendig: Die Mitarbeiter sollten sich nicht mehr vorrangig an ihren eigenen Aufgabenbereichen orientieren, sondern lernen, sich als Teil einer größeren Gesamtheit im Sinne der Prozessorientierung zu begreifen.

Die Idee: Wissen als „Rohstoff“ nutzen

Seit dem Projektstart in 2005 ist innerhalb der badenIT aber auch die Erkenntnis gewachsen, dass ein Unternehmen sich durch eine optimale Prozessorganisation zwar sehr gut aufstellen kann, dass dies jedoch im härter werdenden Wettbewerb auf Dauer keineswegs ausreicht. Insbesondere in der IT-Dienstleistungsbranche tragen spezialisiertes Fachwissen und unbedingter Innovationswille wesentlich zum Geschäftserfolg bei. Um angesichts des rasanten technologischen Wandels auf der Höhe der Zeit zu bleiben, wird vorausgesetzt, dass sich die Mitarbeiter täglich neues Fachwissen aneignen und sich kontinuierlich weiterentwickeln. Auch die Kunden erwarten von einem IT-Dienstleister - neben der Gewährleistung eines produktiven IT-Betriebs - mehr und mehr qualifizierte Beratungsleistungen, um im komplexen Geflecht der IT ihren individuell richtigen Weg in die Zukunft nicht aus den Augen zu verlieren. Deshalb hielt es der IT-Dienstleister für wichtig, das vorhandene Wissen im Unternehmen genauer unter die Lupe zu nehmen und die eigene Fähigkeit, das eigene Wissen zu entwickeln, weiter zu verbessern.

Startschuss zur Wissensbilanzierung

Ende 2007 setzte sich die badenIT erstmals mit dem Thema „Wissensbilanzierung“ auseinander. Der Gedanke, dass es möglich sein sollte, das Wissen eines Unternehmens gewissermaßen auf den Prüfstand zu legen und auf Zukunftsfähigkeit zu trimmen, sorgte für Begeisterung. Deshalb wurde kurzerhand ein kleines Projektteam gebildet.

„Nach einem ersten Treffen mit dem Unternehmensberater Günter Monjau (RMC GmbH) und einer vertiefenden Recherche auf der Homepage des Arbeitskreises Wissensbilanzierung zeigte sich, dass wir die Dimension des Themas einigermaßen unterschätzt hatten“, berichtet Kriessl.

So wurde schnell klar, dass der methodische Ansatz einer Wissensbilanzierung nicht nur ein Instrument ist, mit dem das Fachwissen einzelner Mitarbeiter konsequent gefördert werden kann, sondern vielmehr das gesamte verfügbare Wissen innerhalb eines Unternehmens mit einbezieht – und zwar sowohl das Fachwissen der Mitarbeiter als auch jenes Wissen, das im Netzwerk der Firma (beispielsweise zu Kunden und Lieferanten) oder in den Prozessen und Strukturen des Unternehmens vorhanden ist. Durch den Prozess der Wissensbilanzierung sollte nun Wissen der badetIT anhand spezifischer Indikatoren greifbar gemacht werden, mit dem Ziel, den Wissensaufbau im Unternehmen konsequent zu fördern und weiterzuentwickeln.

Identifizierung der immateriellen Ressourcen

Zur Erarbeitung dieser Bilanz griffen der IT-Dienstleister auf die Wissensbilanz-Toolbox des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) zurück. Der Vorteil dabei: Dieses Werkzeug erlaubt eine strukturierte Erarbeitung des Themas und hat uns kompetent auf dem Weg zu den ersten Resultaten begleitet. „Um den Aufwand für dieses Projekt sinnvoll einzugrenzen, beschränkten wir unsere Überlegungen auf die Abteilung Kundenbeziehungen, in der die Bereiche Vertrieb, das Marketing und das Produktmanagement zusammengefasst sind“, so Kriessl.

Da die badenIT schon seit geraumer Zeit zur Unternehmenssteuerung die Balanced-Score-Card-Methode eingeführt hatte, konnten wir die badenIT das zugrunde liegende Geschäftsmodell mit Vision, Strategie und den Erfolgsfaktoren in kurzer Zeit erarbeiten und in der Toolbox hinterlegen. Gleiches galt für die Definition der Geschäftsprozesse, wo ebenfalls auf bereits geleistete Vorarbeit zurückgegriffen werden konnte, da im Zuge der ITIL-Ausrichtung der Prozesse eine detaillierte Prozesslandkarte mit Zusammenhängen und Schnittstellen erstellt worden war.

Als ungleich aufwändiger sollte sich die Erarbeitung des intellektuellen Kapitals innerhalb des Unternehmens erweisen: Das Modell der Wissensbilanzierung unterscheidet mit Humankapital, Strukturkapital und Beziehungskapital drei Kapitalarten, deren einzelne Faktoren jeweils erfasst und beschrieben werden mussten. „Hierbei halfen uns einerseits diverse Checklisten, die zahlreiche Vorschläge und Fragestellungen lieferten, andererseits aber auch die eminent wichtige Diskussion mit unserem externen Berater, unsere Definitionen hinterfragten. Die schwierigste Aufgabe hierbei bestand darin, sich auf die wirklich relevanten Punkte zu beschränken, da im nächsten Arbeitsschritt eine Bewertung aller Kapitalfaktoren und deren Wechselwirkungen durchgeführt werden musste“, erinnert sich Kriessl.

Gezielt und effizient den Wissensaufbau steuern

Die Bewertung der einzelnen Faktoren stellte für die badenIT den aufschlussreichsten Teil der Wissensbilanzierung dar. „Sicherlich waren uns Schwächen und Stärken der Abteilung und des Unternehmens durchaus bekannt, aber diese so schonungslos und klar vor Augen geführt zu bekommen, war eine besondere Erfahrung“, so der Leiter Kundenbeziehungen.

Insbesondere beim Verfassen der Texte, in denen die Projektverantwortlichen ihre getroffenen Einschätzungen begründen mussten, wurde offenkundig, wo genau die Defizite in der Abteilung lagen. Daneben konnten jedoch auch die Fortschritte deutlich identifiziert werden, die in einigen Bereichen bereits erzielt wurden.

Nachdem die Geschäftsprozesse, die Erfolgs- und die Kapitalfaktoren bewertet waren, mussten relevante Indikatoren erarbeitet werden, die die Entwicklung objektivieren und künftig messbar machen sollten. Hier konnten die Projektbeteiligten ebenfalls auf einzelne Indikatoren aus der Balanced-Score-Card des Unternehmens zurückgreifen, wenngleich schnell deutlich wurde, dass die vorhanden Indikatoren für eine nachhaltige Wissensbilanzierung nicht ausreichten.

Entscheidend zur Erstellung der Wissensbilanz ist die Beurteilung der Wirkungen der einzelnen Kapitalarten untereinander. Hierzu gehört beispielsweise die Frage, wie groß der Einfluss der Produktinnovation auf den Akquiseprozess ist und ob diese Wirkung schnell, mittelfristig oder langfristig zur Geltung kommt. „In diesem Projektschritt zahlte sich aus, dass wir uns bei den Definitionen ausschließlich auf die wichtigsten Faktoren beschränkt hatten. So konnten wir diese Wirkungsmatrix ausarbeiten, ohne dass der hierfür notwendige
Aufwand den zeitlichen Rahmen über Gebühr belastet hätte“, so Kriessl.

Das Potenzial-Portfolio als Planungsgrundlage

Die Wissensbilanz-Toolbox stellt zur Auswertung einige interessante Grafiken zur Verfügung. So werden alle Faktoren bezüglich Qualität, Quantität und Systematik dargestellt. Dadurch ergibt sich ein hervorragender Überblick über den aktuellen Stand in der Abteilung. Das Potenzial-Portfolio zeigt anschaulich auf, welche Faktoren ein großes Einflussgewicht besitzen und dabei noch wenig entwickelt sind. Diese bieten sich besonders für die im nächsten Projektschritt zu entwickelnden Maßnahmen an, die nach Einschätzung von Dr. Kriessl die wichtigste Phase bei der Erstellung einer Wissensbilanzierung darstellt: „Sicher ist es bereits hoch interessant die ersten Auswertungen zu analysieren. Entscheidend für die Wirksamkeit der Bilanz ist es jedoch, die richtigen Schlüsse zu ziehen und daraus entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung oder Stabilisierung abzuleiten.“

Welche Prozesse oder Kapitalfaktoren dabei angegangen werden sollen, hatten die Verantwortlichen anhand des Potenzial-Portfolios rasch identifiziert. Bei der Ausarbeitung- und Planung der Maßnahmen, war das erarbeitete Wirkungsnetz eine nützliche Hilfe. Es zeigte deutlich auf, welche Abhängigkeiten zu anderen Faktoren bestehen und welche Zeiträume zugrunde gelegt werden müssen, damit geplante Änderungen wirksam werden können.

Fazit

Trotz der anfänglich oft mühsamen Detailarbeit und der Tatsache, dass der Aufwand nicht gering gewesen sei, zeigt sich Kriessl überzeugt, mit der Wissensbilanzierung einen richtigen und wichtigen Schritt gemacht zu haben: „Diese Methode stellt unseres Erachtens einen Meilenstein für die weitere Entwicklung der Abteilung in einem härter werdenden Wettbewerb dar. Sie macht es möglich, objektive Aussagen über die Wissensbasis in unserer Abteilung zu treffen und benennt wichtige Handlungsfelder für die weitere Zukunft. Damit schafft sie eine sichere Grundlage für die Erreichung unserer mittel- und langfristigen Unternehmensziele.“ Die erste Wissensbilanz wird die badenIT in etwa einem halben Jahr erstellen, wenn die erarbeiteten Maßnahmen abgeschlossen und die ersten Messwerte für die Indikatoren verfügbar sind. Da die wesentliche Vorarbeit schon geleistet wurde, sei der hierfür zu veranschlagende Aufwand nicht mehr so groß und der nächste wichtige Schritt laut Kriessl, die Wissensbilanzierung auf das gesamte Unternehmen aufzudehnen.

Um zu den anderen Beiträgen dieser Serie zu gelangen, klicken Sie bitte einen der nachfolgenden Hyperlinks.

Teil 1Grundlagen der Wissensbilanzierung 
Teil 2: Status Quo im Mittelstand 
Teil 3: Erstellung einer Wissensbilanz
Teil 5: Von der Theorie zur Praxis
Teil 6: Wissensmanagement wird unverzichtbar

 

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