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Wie Indien vom Analphabetismus profitiert – Historisch erworbene Erinnerungskapazität auch im IT-Zeitalter nützlich

(PM) , 07.08.2006 - Bonn/Asendorf – Indien ist eine künftige Weltmacht. Daran besteht bei Experten kaum ein Zweifel. Ein besonders ausgewiesener Fachmann für den Subkontinent ist Hans-Georg Wieck. Er war erster Botschafter des wiedervereinigten Deutschland in Neu-Delhi (1990 bis 1993) und ist jetzt Vorsitzender der Deutsch-Indischen Gesellschaft www.dig-ev.de. Im Gespräch mit der Zeitschrift Mut www.mut-verlag.de äußerte sich Wieck zu Indiens neuer Rolle in der Weltpolitik und Weltwirtschaft. Sein Resümee: Indiens Vielfalt passe gut zu Europa. Im Interview wartet er mit der originellen These auf, der Analphabetismus - auch heute können 40 bis 50 Prozent der Inder weder lesen noch schreiben – habe die Hirne der Inder geschult. Lange Zeit habe es in Indien nur eine mündliche und keine schriftliche Überlieferung gegeben. Kultur, Religion und Sozialordnung seien nur über das Erinnerungsvermögen weitergegeben worden. „Wer auf das Gedächtnis angewiesen ist, um sich Wissen anzueignen und es dann auch abzurufen zur Verwendung im Beruf oder für den Glauben, dessen Gedächtnis muss ausgeprägt gut funktionieren“, so Wieck. Dies sei auch im IT-Zeitalter ein außerordentlicher Vorteil: „Der Mensch in Indien hat gelernt, unendlich viele Daten im Kopf zu speichern und dort abzurufen. Wenn ich zum Beispiel ein Entwickler von Software bin und Flugpläne von 300 Maschinen für 365 Tage rund um die Welt in ein System bringen soll, dann hilft es mir außerordentlich, wenn ich viele dieser Komponenten im Kopf habe und sie dort auch abrufen kann. Wer diese Erinnerungskapazität besitzt, und zwar verwendbar besitzt, ist im Vorteil gegenüber denen, die das auf dem Papier und per Rechner zu besorgen haben.“ Dass Indien mehr zu bieten hat als Gurus und Teesorten, wussten schon die Fugger, die - wie auch andere Finanzhäuser – bereits im 16. Jahrhundert den portugiesischen Ostindiengesellschaften den Weg finanziell geebnet haben. Und während der sozialistischen Tendenzen in Indien – die bis 1990 vorherrschend waren – wurde Deutschland lange Zeit zu Indiens Hauptwirtschaftspartner. Die Adenauer-Erhard-Regierung, so Wieck, habe die Wirtschaft sogar explizit ermuntert, nach Indien zu gehen. Indien passe gut zu Europa, so die Auffassung des ehemaligen Diplomaten: „Zum Beispiel erklärte Churchill, als der Gedanke der indischen Unabhängigkeit aufkam, Indien sei keine Nation und werde auch nie eine werden. Ebenso geht es Europa. Aber dennoch haben wir in der EU eine gemeinsame Währung, in der heute schon 56 Prozent des Welthandels fakturiert werden, und arbeiten wir an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Da entstehen in Europa – wie in Indien – Gemeinsamkeiten, die ein Eigengewicht und damit auch eine prägende Kraft entwickeln.“ Es gebe gute Gründe, Hoffnung auf weitere Fortschritte zu hegen. „Keine Frage: Man sollte sich näher mit diesem Land beschäftigen, mit dem viele nur das überholte Kastenwesen, heilige Kühe oder Mutter Teresa assoziieren“, schreibt Jörg Peisert, Geschäftsführer der Jörg Peisert und Partner Vermögensmanagement GmbH www.jpp-online.com in Düsseldorf, in der aktuellen Ausgabe seines Finanzbriefes zum Schwerpunktthema Indien. Erst seit fünfzehn Jahren sei das Land auf der Überholspur. „Unter dem damaligen Finanzminister und heutigem Premierminister Manmohan Singh, einem Wirtschaftswissenschaftler, öffnete sich die sozialistische Planwirtschaft nach außen. Wenn es so weiter geht wie bisher, liegt das Wachstum auch zukünftig bei sechs Prozent. Legen die Inder beim Reformprozess noch einen Scheit drauf, ist sogar mit einem realen BIP-Wachstum von sieben bis acht Prozent zu rechnen. Indien ist im Erfolgsrausch, muss aber seine Hausaufgaben machen. Um für ausländische Anleger und Investoren noch attraktiver zu werden, muss die marode Infrastruktur sukzessive ausgebaut werden. Bürokratische Hemmnisse sollten ebenso abgebaut werden wie zu viele Hürden im Arbeitsrecht. Doch das Land kann es schaffen, schließlich ist es eine ‚funktionierende Anarchie’, wie John Kenneth Galbraith so zutreffend festgestellt hat.“ Wegen des hohen Bildungsniveaus, der wirtschaftlichen und technischen Fortschritte, der guten Englischkenntnisse der Bevölkerung und des relativ stabilen demokratischen Gemeinwesens seien die Deutschen gut beraten, Indien verschärft ins Visier der eigenen Interessen zu nehmen. Schon die Fugger, so Peisert, hätten sich aus Eigeninteresse und nicht aus reinem Altruismus in Indien engagiert.
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