Kolumne
Balance–Akt, 30.01.2012
Perspektive Mittelstand
Wider den Gleichzeitigkeitswahn
Multitasking ist kontraproduktiv
Multitasking gehört mittlerweile zum Selbstverständnis des modernen Menschen dazu. Dabei ist simultanes Handeln alles andere als ökonomisch, zeigt eine Studie der Vanderbild-Universität.
Während der Autofahrt zum Büro frühstücken, bei Tempo 180 telefonisch die Präsentation abstimmen. Später im Büro parallel E-Mails checken und beantworten, zwischendrin mit Kunden telefonieren, Termine koordinieren und – ach ja – auch die nächste Veranstaltung muss noch vorbereitet werden. Mittlerweile wird es immer selbstverständlicher, mehrere Aufgaben und Arbeitsgänge parallel zu machen. All’ das, um schneller zu sein und Zeit zu sparen. Angesichts der erwarteten Zeitersparniseffekte erstaunt es nicht weiter, dass Chefs und Berater simultanes Arbeiten propagieren und sogar regelrecht erwarten.

Die moderne Hirnforschung belegt jedoch, dass unser Gehirn nur maximal zwei anspruchsvolle Aufgaben parallel bewältigen kann. Alle weiteren Gedanken kann unser Gehirn – wenn auch innerhalb kürzester Zeit – nur seriell denken. Zu viele Aufgaben, die in zu kurzer Zeit auf das Gehirn einstürmen, verursachen demnach einen Entscheidungsstau, fand René Marois von der Vanderbild-Universität in Nashville heraus. Der Neurologe Adam Gazzaley von der University of California behauptet sogar, dass Multitasking dem Gedächtnis schade. Das Gehirn verliert über Multitasking die Fähigkeit zu fokussieren und ist dieser Dauerbelastung nicht gewachsen. Ökonomisch ist also nicht, wenn man ein Gehirn auszuquetschen versucht wie eine Zitrone. Denn Konzentration und Ergebnis leiden, wenn mehrfach parallel gearbeitet wird.

Zu viel ist eben zu viel – zumindest, solange jemand nicht zu den wenigen Supertaskern gehört. In der Regel sorgt der Gleichzeitigkeitswahn dafür, dass Arbeitnehmer an ihr Limit kommen, täglich Intellekt, wertvolle Arbeitszeit und damit eine Menge Geld verschwendet wird. Unternehmen sollten daher die Arbeitsbedingungen für ihre Mitarbeiter so umgestalten, dass sie an ihrem Arbeitsplatz möglichst wenig Ablenkung ausgesetzt sind und sich auf die Lösung der wesentlichen Arbeitsaufgaben fokussieren können.
ZUM KOLUMNIST
Über Dr. Michaela Moser
Dr. Michaela Moser verfügt über eine jahrelange Management-Erfahrung in diversen international tätigen Konzernen. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre und berufsbegleitende Promotion an der Universität zu Köln war sie zunächst als Steuerassistentin ...
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