Pressemitteilung, 05.02.2007 - 09:50 Uhr
Perspektive Mittelstand
Warum die CDU einen Sprachkurs braucht – Der politische Kampf um die Diskurshoheit ist nichts für Weicheier
(PM) , 05.02.2007 - Bonn – Die Linken sind einfach cleverer. Diese Aussage bezieht sich nicht auf ihre Politik, denn da haben Konservative und Liberale meist die Nase vorn. Grüne und Sozis sind aber in jedem Fall die besseren Verpackungskünstler. Nach Ansicht junger Leute aus dem Umfeld der CDU muss sich dies ändern. „Die deutsche Linke und insbesondere deren Marketing-Strategen schaffen es oft, scheinbar neutrale Begriffe in die Diskussion zu bringen und damit teilweise schleichend die Diskurshoheit zu erringen. Eine vergleichbare Dominanz hat für das bürgerliche Lager bislang nur der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler erreicht – wenn auch nur für kurze Zeit und vor allem durch provokante Äußerungen“, schreibt Philipp Mißfelder, Bundesvorsitzender der Jungen Union Deutschlands www.junge-union.de, in dem von ihm herausgegebenen Büchlein „Wort-Wahl“. Diese Dominanz hat sicher nicht nur etwas mit Personen zu tun, sondern vor allem mit Programmatik. Selbstverständlich ist Ronald Pofalla als Geißler-Nachfolger eine sehr schwache Figur, die vom politischen Gegner nicht ernstgenommen wird. Doch viel stärker liegt die argumentative Schwäche der Union daran, dass sie den Kampf um die politischen Begriffe nicht beherrscht. Ein Beispiel: Die SPD redet von der „Bürgerversicherung“. Alle finden den Begriff toll, obwohl eine solche Einrichtung unser Gesundheitssystem nicht unbedingt bereichern würde. Die CDU nannte ihr Konzept „Kopfpauschale“. Dabei denkt man direkt an einen Kopfgeldjäger; und obwohl das dahinter stehende Konzept vielleicht viel überzeugender ist als der Vorschlag der Gegenseite, wenden sich alle mit Grausen ab. Dass die CDU-Politiker dann auf das Wort „Gesundheitsprämie“ auswichen, machte das Ganze nur noch schlimmer. Mißfelder weist zurecht darauf hin, dass die Bürgerlichen in den USA, Frankreich und in Großbritannien nicht so naiv sind wie in Deutschland. In den genannten Ländern habe die Entwicklung von politischen Begriffen einen hohen Stellenwert, so Missfelder. Sie würden ähnlich wie bei der Produkteinführung in der Industrie mit professionellen Werbestrategien begleitet. Dieser Zweig der Kommunikation sei in Deutschland extrem unterentwickelt. In dem Sammelband versuchen sich 14 junge und unionsnahe Autoren daran, Begriff wie konservativ, soziale Gerechtigkeit, Solidarität, Patriotismus, das „hohe C“ im Parteinamen, Neoliberalismus, Antifaschismus und so weiter zu definieren. Jörg Hackeschmidt hält der Linken zugute, dass sie den Diskurs für wichtig nimmt. Daher behauptet sie häufig auch die Diskurshoheit. Warum können die Sozen das so gut? Weil sie gelernt haben, sehr grundsätzlich zu argumentieren, aggressiv zu polemisieren und weil sie keine Angst vor politischem „hardball“ haben. Das Thema Rechtschreibreform sei ein schönes Lehrstück, so der Autor. „Schon mal versucht, ‚bürgerliche Dichter’ wie Thomas Mann in der GEW-Rechtschreibung zu lesen?“ fragt Hackeschmidt. Die FAZ, die Welt und einige Dichter, Denker und Wissenschaftler mobilisierten den Widerstand. Von der Union kam nichts. Schlimmer, sie reichte der Gegenseite sogar noch die Hand zur gemeinschaftlichen Verhunzung der deutschen Sprache. Sehr lesenswert ist auch der Aufsatz von Tim Peters unter dem Titel „Was ist Antifaschismus?“. Peters macht deutlich, dass dieser Begriff vornehmlich im linksextremistischen Spektrum Anklang und Verwendung findet. „Viele Antifaschisten neigen dazu, bereits bestimmte Positionen der bürgerlichen Mitte als rechtsradikal zu diffamieren, wie etwa Forderungen nach einer konsequenten Politik der Inneren Sicherheit, nach einem kompromisslosen Vorgehen gegen militante Islamisten oder nach einem marktwirtschaftlichen Umbau der Sozialsysteme.“ Gern rufen die selbst ernannten „Antifaschisten“ zum „Kampf gegen rechts“ auf. Würde sich zum Beispiel die SPD an einer Demonstration „gegen links“ beteiligen, könnte man ketzerisch fragen. Peters empfiehlt dagegen das Engagement „für Demokratie und gegen Extremismus“. Der historisch belastete Begriff des „Antifaschismus“ hat ausgedient, da nicht zuletzt Kommunisten millionenfache Verbrechen im Namen des „Antifaschismus“ verübt haben. Der ganze Band ist überaus lesenswert und lässt die Hoffnung keimen, dass der politische Nachwuchs der CDU nicht nur aus weichgespülten Juristen, Volkswirten und Consulter-Nasen besteht, sondern durchaus auch aus ernsthaften jungen Menschen, die mit der Sprache umgehen können. Das politische Geschäft ist nichts für Weicheier. Also auf in den Kampf um die Diskurshoheit. Philipp Missfelder (Hg.): Wort-Wahl. Politische Begriffe in der Diskussion. Weiss-Verlag 2006, 152 Seiten, ISBN 978-3-923632-03-9