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Vorabmeldung des Magazins NeueNachricht (Sommerausgabe): „Die Magie des Schmetterlings ist verloren“ – Zürcher Diogenes-Verlag präsentiert F. Scott Fitzgeralds Romane in einer prächtigen Neuausgabe

(PM) , 09.06.2006 - Bonn/Zürich – „Sie sind nicht nur äußerlich ein Schmuckstück: Die fünf Romane des amerikanischen Schriftstellers F. Scott Fitzgerald, die jetzt in neuer Übersetzung und mit klugen Nachworten vom Zürcher Diogenes-Verlag herausgebracht wurden. Der Erstleser wird sich mit Wonne dem schönen Erzählfluss des früh gestorbenen Autors hingeben. Und auch der Fitzgerald-Kenner wird die Lektüre von Klassikern wie ‚Zärtlich ist die Nacht’ und ‚Der große Gatsby’ nicht bereuen. Mit dieser verlegerischen Tat schenkt der Diogenes-Verlag den Lesern Stunden unerhörten Lesegenusses“, schreibt Ansgar Lange in einem Beitrag für die Sommerausgabe des Magazins NeueNachricht www.neue-nachricht.de. Symbolfiguren der Roaring Twenties Vielleicht schreckt der ein oder andere vor der Wucht der rund 2.000 Seiten starken Ausgabe zurück. Doch man muss ja nicht gleich alles lesen. Entbehrlich erscheint die Lektüre des Romans „Diesseits vom Paradies“, mit dem der dreiundzwanzigjährige F. Scott Fitzgerald im März 1920 die literarische Bühne betrat. Laut Manfred Papst handelt es sich hierbei um einen typischen Erstling; „ein genialischer, weitgehend autobiographischer Bildungsroman und ein ziemlich waghalsiges Konglomerat von allen möglichen Texten, die der gescheiterte Princetonianer bis dahin geschrieben hat“. Auch wenn H. L. Mencken – eine Art Marcel Reich-Ranicki der damaligen Zeit – das Buch als „den besten amerikanischen Roman“ bezeichnete, den er in letzter Zeit gelesen habe, darf der heutige Leser durchaus anderer Meinung sein und zu den „reiferen“ Werken greifen. Es erstaunt ein wenig, dass „Diesseits vom Paradies“ zu Lebzeiten Fitzgeralds sein erfolgreichstes Buch war, das häufig und lobend besprochen wurde. Bereits zwei Jahre nach seinem Erstling, der den Mythos des Erfolgsautors und Salonhelden F. Scott Fitzgerald begründete, erschien der Roman „Die Schönen und Verdammten“, der es in der vorliegenden Ausgabe auf immerhin 578 Seiten schafft. Auch wenn Fitzgerald und seine schöne Frau Zelda zu Symbolfiguren der Roaring Twenties wurden, zeigt dieses Werk, dass es mit seinem Schöpfer in den nächsten 20 Jahren bergab gehen sollte. Der Roman beginnt als Gesellschaftskomödie und endet als drastische Schilderung einer Alkoholikerkarriere. Die autobiographischen Bezüge sind nicht zu übersehen. „Die Zeit, in der Fitzgerald die Doppelrolle als Partylöwe und Autor meisterte, ohne Schaden zu nehmen, war, wenn es sie denn überhaupt gegeben hat, sehr kurz. Er wurde schon um 1920 das, was man im medizinischen Sinn einen Alkoholiker nennt“, so Papst, der Fitzgerald bestätigt, „eine so hellsichtige wie beklemmende Studie zum Thema Alkoholismus“ geschrieben zu haben. Mit knapp 30 ein Profi des amerikanischen Literaturmarktes Der 1925 erschienene dritte Roman „Der große Gatsby“ ist zugleich der kürzeste und vielleicht auch der beste. Fitzgeralds schriftstellerisches Vermögen ist spätestens jetzt voll ausgereift. Damals war der Autor noch keine dreißig Jahre alt. Erzählt wird eine tragische Liebesgeschichte. Die Protagonistin des Buches entscheidet sich am Ende für den Mann, der ihr Sicherheit und Geld bieten kann. Gatsby bezahlt seine schwärmerische Liebe, die voller Illusionen über die vergötterte Daisy ist, mit dem Leben. Die amerikanischen Leser haben dieses Werk augenscheinlich nicht sonderlich geschätzt. Es war kein kommerzieller Erfolg für den Verfasser. Die Auflage war eher bescheiden und verkaufte sich nur schleppend. Mit seinen Erzählungen machte Fitzgerald, der mit seiner Frau ein aufwendiges Leben führte, deutlich mehr Kasse. Mit knapp dreißig war er ein „Profi des amerikanischen Literaturmarktes“ geworden, „dem niemand das Wasser reichen konnte“, schreibt Paul Ingendaay, der die Einkommensverhältnisse genau beleuchtet. Schwankten die Zeitschriftenhonorare im Jahr 1920 noch zwischen 35 und 900 Dollar pro Erzählung, kletterten sie 1922 über die 1.000-Dollar-Marke. Im Jahr der Weltwirtschaftskrise erklomm Fitzgerald sogar die Höchstmarke von 4.000 Dollar pro Erzählung. Neun Jahre lang hat Fitzgerald dann an seinem Roman „Zärtlich ist die Nacht“ gearbeitet. Als das Buch 1934 erschien, blieb die erhoffte enthusiastische Reaktion bei der Kritik aus. Der Autor reagierte panisch und erarbeitete eine zweite und traditioneller erzählte Fassung des Buches. Im deutschsprachigen Raum existierte bis zum Jahr 2006 nur die Version, über die der sonst gar nicht so generöse Ernest Hemingway einst geurteilt hatte: „Es ist, als hätte man einem Schmetterling die Flügel ausgerissen und sie so wieder angesetzt, dass er wie eine Biene geradeaus fliegen kann. All der Staub aber, aus dem die Farben sind – die Magie des Schmetterlings -, ist verloren.“ Auch dieses Buch ist wieder autobiographisch angelegt. Der Psychologe Dick Diver und der alkoholkranke Schriftsteller Abe North tragen Züge des Autors. Und in dessen Gattin Nicole erblicken wir Züge von Zelda, die 1948 bei einem Brand in einer Nervenheilanstalt, in der sie untergebracht war, ums Leben kam. Liebe ist eine schöne Illusion Immer wieder stößt der Leser auf Formulierungen, welche die Liebe als das entlarven, was sie häufig ist: eine schöne, leere und leider nicht dauerhafte Illusion. Bis zum letzten Fünftel des Romans hat man für die kranke Nicole Mitgefühl entwickelt. Und siehe da, Tommy tritt als Konkurrent zum merklich alternden und gar nicht mehr so erfolgreichen Dick auf den Plan: Eine Schicht Puder muss her, dann ein knöchellanges Kleid, und mit Chanel Nr. 19 fromm bekreuzigt, steuert die vermeintlich bemitleidenswerte Dame den Ehebruch an. „Wie schön das war, wie schön, endlich wieder angebetet zu werden, so tun zu können, als habe man ein Geheimnis“: Lakonischer können die Luftschlösser nicht beschrieben werden, die Verliebte im Stadium ihrer anfänglich und biologisch bedingten Verblendung erbauen. Der Leser konstatiert mit Verblüffung, mit welcher Kälte Nicole sich aus der langjährigen Verbindung mit Dick, mit dem sie überdies zwei Kinder hat, löst: „Sie begann diese Liebe zu missachten, es schien ihr jetzt, als hätte sie von Anfang an etwas Sentimentales gehabt. Mit dem opportunistischen Gedächtnis, das Frauen eigen ist, wusste sie kaum noch, wie es gewesen war, als sie und Dick sich in dem Monat vor der Hochzeit an heimlichen Orten rund um die Welt besessen hatten. Genauso hatte sie gestern abend Tommy belogen mit ihren Schwüren, sie sei nie zuvor so völlig, so restlos, so ganz und gar...“. So war es zu Fitzgeralds Zeit, so ist es heute, und so wird es wohl immer sein, und die Menschen werden immer wieder darauf hereinfallen. Wir haben Verständnis für Dick, der seinem Nebenbuhler gegenüber beteuert, dass es ihn noch nie gereizt habe, mit einem „trockenen Schoß“ – gemeint ist derjenige seiner Gattin – zu schlafen. Und wir können nachvollziehen, dass die vorher immer so hilflos wirkende Nicole aus der „aufkommenden Liebe zu einem anderen Mann“ und unter dem Eindruck des angehäuften Grolls von Jahren zu einer Art „feudalen Arroganz“ neigt. Die beiden Männer können gar nicht agieren, die Frau hat das Gesetz des Handelns in die Hand genommen: „Die beiden sahen sich seltsam hilflos an. Unter Männern in so einer Lage gibt es kaum eine Möglichkeit der Verständigung, denn sie haben nur eine indirekte Beziehung zueinander, die davon bestimmt ist, wie viel von der fraglichen Frau der eine oder der andere besitzt oder besitzen wird, so dass die Gefühle der beiden über ihr geteiltes Ich gehen wie über eine gestörte Telefonleitung.“ Wer jetzt noch nicht von der Liebe genug hat, greift zum fünften, unvollendet gebliebenen Roman „Die Liebe des letzten Tycoon“; nach den Worten der FAZ-Kulturredakteurin Verena Lueken eine „der schönsten Liebesgeschichten der amerikanischen Literatur“. Fitzgerald konnte dieses Buch nicht mehr vollenden. Er starb am 21. Dezember 1940 an seinem dritten Herzinfarkt. Das Romanfragment liegt uns in der Diogenes-Ausgabe nun in einer Neuübersetzung vor, die sich im wesentlichen an der Kritischen Ausgabe von Matthew J. Bruccoli orientiert. Die rot-weiß gestreifte Buchkassette macht sich nicht nur optisch gut im Bücherschrank. Ihr Inhalt sollte auch gelesen werden. Der Genuss ist garantiert. F. Scott Fitzgerald: Die Romane. Fünf Bände im Schuber. Diogenes-Verlag: Zürich 2006; zus. 2096 S., 95 Euro, www.diogenes.ch. Das Magazin NeueNachricht erscheint vierteljährlich. Das Einzelheft kostet 8,20 Euro. Bestellungen per Fax unter: 0228 – 620 44 75 oder E-Mail: baerbel.goddon@sohn.de. Redaktionen erhalten Besprechungsexemplare kostenlos.
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