Pressemitteilung, 16.12.2006 - 13:38 Uhr
Perspektive Mittelstand
Onlinehandel Privat oder schon Unternehmer ?
(PM) , 16.12.2006 - Der Vertrieb von Waren und Dienstleistungen im Internet, sei es über eigene Onlineshops oder aber über Internetauktionsplattformen wie ebay, ist äußerst populär. Haben vor wenigen Jahren noch überwiegend private Anbieter virtuelle Auktionshäuser dazu benutzt, Flohmarktware unter die Internetgemeinschaft zu bringen, so sind die Auktionsplattformen längst von gewerblichen Anbietern als lukrativer Absatzmarkt entdeckt worden. In diesem Teil setzt sich EUROPATICKER Umweltruf (www.europaticker.de) mit der Frage Onlinehandel – Privat oder schon Unternehmer auseinander.Die Geschäfte im Netz sind nicht ohne Tücke. Wer die Schwelle vom privaten Anbieter zur Gewerblichkeit der Tätigkeit überschreitet, droht ins Visier der Finanzämter zu geraten - wenn der plötzlich entstehenden Gewerbesteuerpflicht nicht nachgekommen wird. Außerdem sind an die Unternehmereigenschaft eine Vielzahl von rechtlichen Pflichten gekoppelt, die zum Schutz der Verbraucher beachtet werden müssen. So hängt der Umfang der gesetzlichen Gewährleistung von der Unternehmereigenschaft ab, den Unternehmer treffen fernabsatzrechtliche vor- und nachvertragliche Informationspflichten, er muss dem Verbraucher ein Widerrufs- bzw. Rückgaberecht einräumen und außerdem sein Angebot mit einer gesonderten Anbieterkennzeichnung versehen. Wichtig ist daher für den Online-Anbieter zu wissen, ab wann sein Handeln als gewerblich gilt und er damit zum Unternehmer wird. Diese Frage will das Magazin EUROPATICKER Umweltruf in dieser Folge näher beleuchten. Wer ist Unternehmer? Gewerbliche oder selbstständige berufliche Tätigkeit: Wer Unternehmer ist, richtet sich nach dem „europäischen Unternehmensbegriff“ des § 14 BGB. Danach können Unternehmer juristische Personen, rechtsfähige Personengesellschaften oder natürliche Personen sein. Als konstituierendes Kriterium setzt die Unternehmereigenschaft die Ausübung einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts voraus. Damit knüpft die Unternehmereigenschaft nicht an einen bestimmten Status an, wie etwa die Kaufmannseigenschaft im Handelsrecht, sondern bemisst sich allein danach, ob jemand im Rahmen einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit auftritt. Dies hat Auswirkungen auf den Kreis der Anbieter, die unter den Unternehmensbegriff fallen. Auch nicht eingetragene Kleinstgewerbetreibende, Handwerker, Landwirte sowie die Angehörigen der freien Berufe können Unternehmer sein. Gleichzeitig werden Personen ausgenommen, die keiner selbstständigen Betätigung nachgehen. Gewerbliches Handeln: Voraussetzung für die Unternehmereigenschaft ist immer, dass eine gewerbliche – und keine private - Tätigkeit vorliegt. Abstrakt wird „gewerblich“ definiert als ein planvolles, auf gewisse Dauer angelegtes, selbstständiges und entgeltliches Tätigwerden, welches nach außen hervortritt. Eine Gewinnerzielungsabsicht wird überwiegend nicht für erforderlich gehalten. Diese abstrakte Definition kann in der Praxis auftauchende Abgrenzungsprobleme nicht immer eindeutig lösen. Unproblematisch fallen zwar die im Handelsregister eingetragenen Kaufleute und Unternehmen unter diesen Gewerbebegriff, denn mit der Eintragung ins Handelsregister wird die Gewerbeeigenschaft bestätigt. Gerade auf Internet-Auktionsplattformen wie „ebay“ treten aber auch (Privat-) Personen als Anbieter auf, die nicht nur vereinzelt Gegenstände zur Versteigerung anbieten, sondern teilweise über einen längeren Zeitraum eine größere Anzahl von Auktionen eingerichtet haben. Es stellt sich dann die Frage, ob diese Personen schon gewerblich handeln, oder aber, ob die Auktionen noch dem privaten Bereich zuzuordnen sind und damit eine Unternehmereigenschaft zu verneinen ist. Planvolles und dauerhaftes Tätigwerden: Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist in diesen Fällen das planvolle und dauerhafte Tätigwerden. Dieses wird dann angenommen, wenn der Anbieter über einen gewissen Zeitraum am Markt tätig ist und dazu ein organisatorischer Mindestaufwand notwendig ist. Nicht erforderlich ist hingegen, dass die Organisation des Vertriebs unter kaufmännischen Gesichtspunkten erfolgt. Demnach wird der Privatverkäufer zum Unternehmer, sobald er gezielt Gegenstände erwirbt, um diese anschließend im Internet zum Verkauf anzubieten. Denn dann ist für den Einkauf und den sich anschließenden Verkauf samt Abwicklung der Geschäfte ein Mindestmaß an Organisation erforderlich. Dies grenzt den Unternehmer vom Privatverkäufer ab, der zwar auch Gegenstände verkauft, diese sich aber nicht planmäßig zum Zweck des Verkaufs beschafft hat. Wer seine alten Schulbücher verkauft, oder Gegenstände aus der Haushaltsauflösung der verstorbenen Oma, wird nicht planvoll tätig. Dies gilt auch für den Briefmarkensammler, der sich aus einer im Internet käuflich erworbenen Briefmarkensammlung noch fehlende Marken heraussucht und den Restbestand anschließend weiterveräußert. Dauerhaftigkeit: An die Dauerhaftigkeit der unternehmerischen Tätigkeit sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen, insbesondere sind keine starren zeitlichen Grenzen anzunehmen. Eine Dauerhaftigkeit der Tätigkeit liegt bereits dann vor, wenn nicht nur über einen kurz bemessenen Zeitraum vereinzelt Gegenstände versteigert werden - insofern korrespondiert die Dauerhaftigkeit mit dem Merkmal des planvollen Vorgehens. Es ist auch kein ununterbrochenes Tätigwerden erforderlich, vielmehr genügt es, wenn der Anbieter mit zeitlichem Abstand Auktionen anbietet, die in einem sachlichen Zusammenhang stehen. Anzahl der Verkäufe: Die Anzahl der Verkäufe ist kein taugliches Abgrenzungskriterium. Bietet eine Privatperson das von der Oma geerbte 150-teilige Porzellan- Service in Einzelstücken zur Versteigerung im Internet an, wird sie dadurch nicht zum Unternehmer. Entsprechendes gilt für die Beurteilung der Unternehmereigenschaft. Wer vereinzelt seltene Kunstgegenstände zur Versteigerung anbietet kann genauso Unternehmer sein, wie derjenige, der Handyschalen im Massengeschäft versteigert. Auftreten nach außen: Bei der Frage ob der Verkäufer bei Vertragsschluss als Verbraucher oder Unternehmer tätig war, kommt es nicht darauf an, wie der Verkäufer nach außen hin auftritt, oder ob der Käufer Kenntnis von der Unternehmereigenschaft hat. Denn ansonsten bestünde die Möglichkeit, durch Verschleierung der Unternehmereigenschaft die daran geknüpften Verbraucherrechte ins Leere laufen zu lassen. Einmal Unternehmer, nicht immer Unternehmer: Die Unternehmereigenschaft schließt es nicht aus, daneben auch als Privatverkäufer Auktionen zu tätigen, oder als Privatkäufer Gegenstände zu erwerben. Es muss jedoch aus den Umständen hinreichend deutlich werden, dass die Auktion nicht der gewerblichen Betätigung zuzurechnen ist. Wer gewerblich über „ebay“ handelt, sollte daher für Privatauktionen einen gesonderten Account nutzen. Unternehmer – und jetzt? An die Unternehmereigenschaft knüpfen unterschiedliche Rechte und Pflichten an, deren detaillierte Betrachtung nicht Gegenstand dieses Merkblattes sein soll. Auf die folgenden Punkte muss der Unternehmer jedoch besonders achten: Vor- und nachvertragliche Informationspflichten im Fernabsatz und• elektronischem Geschäftsverkehr und Gewährung eines Widerrufs- bzw. Rückgaberechts Pflicht zur Anbieterkennzeichnung• Geltung besonderer• Gewährleistungsvorschriften Unternehmerregress: Rechte gegenüber dem• eigenen Lieferanten Beachtung gewerblicher Schutzrechte und Urheberrechte• Umsatzsteuerpflichtigkeit• Pflicht zur GewerbeanmeldungMuss mein Onlineangebot einen ausdrücklichen Hinweis auf die Unternehmereigenschaft enthalten ? Gesetzliche Normierung: Eine ausdrücklich gesetzlich normierte Kennzeichnungspflicht gibt es nicht. De facto ergibt sich aber eine Pflicht zur Kennzeichnung aus den zwingenden Informationsverpflichtungen im Fernabsatz bzw. elektronischen Geschäftsverkehr. Denn wer diesen nachkommt, offenbart dadurch auch gleichzeitig seine Unternehmereigenschaft bereits im Vorfeld eines Vertragsschlusses. Irreführungsverbot: Eine Pflicht zur Offenlegung der gewerblichen Betätigung im Vorfeld des Vertragsschlusses kann sich darüber hinaus aus dem wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot des § 5 UWG ergeben. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Verbraucher mit Privatangeboten günstigere Preise verbindet. Denn ein Verbraucher kalkuliert nicht immer nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten, vielmehr wird die Motivation seines Verkaufes oftmals darin liegen, nicht mehr benötigte Dinge „zu Geld zu machen.“ Dann trifft den Händler ein Irreführungsvorwurf, wenn er sein Angebot nicht als Händlerangebot kennzeichnet und daher falsche Preisvorstellungen beim Käufer weckt. Das OLG Oldenburg (Beschluss v. 2.1.2003, Az. 1 W 6/03) hat dieser Argumentation zwar für Internetauktionen eine Absage erteilt, weil im Falle einer Auktion der Preis durch den Käufer bestimmt werden würde und eine Fehlvorstellung über den kalkulierten Preis daher ausscheide. Jedoch gilt dies nicht für die „Sofort-Kauf-Option“, bei der ein Preis vom Anbieter vorgegeben wird. Eine letztinstanzliche Entscheidung zu dieser Frage liegt noch nicht vor. Achtung! Es ist daher zu raten, neben der Erfüllung der Impressums- und Informationsverpflichtungen zusätzlich auf die Gewerblichkeit des Angebotes gesondert hinzuweisen. Verklagt - wer muss die Unternehmereigenschaft beweisen? Die Beweislast hinsichtlich der Eigenschaft des Verkäufers als Unternehmer liegt grundsätzlich beim Käufer/ Verbraucher. Unproblematisch kann der Nachweis der Unternehmereigenschaft in den Fällen erbracht werden, in denen der Unternehmer unter einer Firma auftritt, einen eigenen Internetshop betreibt oder sein Angebot explizit als gewerblich kennzeichnet. Tritt die Unternehmereigenschaft nicht so deutlich hervor, muss diese im Einzelfall unter Berücksichtigung aller auf eine unternehmerische Betätigung hindeutender objektiver Indizien bestimmt werden. Dabei gibt es keine starren Vorgaben, wann die Gewerblichkeit eines Angebotes zu bejahen ist. Anhaltspunkte für die Gewerblichkeit des Angebotes sind etwa eine Vielzahl von Auktionen desselben Anbieters, die gegebenenfalls gleichzeitig durchgeführt werden. Dabei lässt sich der Umfang der in der Vergangenheit getätigten Transaktionen an den Käuferbewertungen ablesen. Indiz ist auch das über die Auktionsplattform erzielte Handelsvolumen. Wer bei „ebay“ als sogenannter „Powerseller“ auftritt hat ein bestimmtes monatliches Mindesthandelsvolumen, welches die Annahme einer Unternehmereigenschaft nahe legt. Schließlich kommt es auch auf die Art der verkauften Ware an. Wer häufig Neuware, gleichartige Artikel oder Ware verkauft, für die üblicherweise ein hoher Beratungsbedarf besteht, wird wahrscheinlich gewerblich handeln. Schließlich kann auch ein sehr aufwendig und professionell gestaltetes Angebot ein Hinweis auf die Unternehmereigenschaft sein. Ausgewählte Rechtsprechung zum Thema Landgericht Hof, Urteil v. 08.08.2003 (Az.: 22 S 28/03): Eine planvolle Tätigkeit liegt dann vor, wenn der Beklagte Gegenstände stetig ankauft, um sie über das Internet weiter zu verkaufen. Allein aus der Anzahl der Rechtsgeschäfte kann eine solche planvolle Tätigkeit nicht abgeleitet werden Auch unter dem Aspekt, dass der Beklagte nicht nur Verkäufe, sondern auch Käufe über das Internet getätigt hat, kann nicht schon davon gesprochen werden, dass es sich hierbei um eine planvolle Tätigkeit handelt. Der Kläger ist hinsichtlich der Unternehmereigenschaft beweispflichtig. AG Radolfzell, Urteil v. 29.07.2004 (Az.: 3 C 553/03): Lässt sich anhand der bisherigen Aktivitäten nachweisen, dass ein Anbieter auf dem Online-Marktplatz über mehrere gleichartige Artikel verfügt hat und verkauft er nach eigenem Bekunden immer wieder Dinge über ebay und ist zudem Mitglied des PowerSeller- Programms, so sprechen die Indizien eindeutig für eine gewerblich Tätigkeit und die Bejahung der Unternehmereigenschaft. AG Detmold, Urteil v. 27.04.2004 (Az.: 7 C 117/04): Derjenige, der regelmäßig über einen Online-Marktplatz Waren anbietet, handelt damit nicht zugleich auch zwangsläufig dauerhaft und planmäßig am Markt. Allein durch die Tatsache, dass der Anbieter eigene Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, wird nicht hinreichend deutlich, dass er damit zumindest eine nebenberufliche Tätigkeit anbieten will. Eine solche Wertung würde dem inzwischen weit verbreiteten Handel unter Privatleuten auf Online-Marktplätzen nicht gerecht. AG Gemunden, Urteil v. 13.01.2004 (Az.: 10 C 1212/03): Eine Unternehmereigenschaft lässt sich nicht allein daraus schließen, dass der Anbieter etwa 150 Beurteilungen erhalten hat, denn aufgrund der Beliebtheit von ebay sind auch bei Privatpersonen umfangreiche Verkaufsgeschäfte denkbar. Zwar betreibe der Anbieter auch ein Unternehmen, jedoch sei vorliegend nicht zu beweisen gewesen, dass der streitgegenständliche Kaufvertrag seinem unternehmerischen Bereich zuzuordnen war, vielmehr habe der Vertrag den Privatbereich des Beklagten betroffen. LG Trier, Urteil v. 08.06.2004 (Az.: 1 S 87/03): Die Frage nach der Unternehmereigenschaft eines Vertragspartners wird nach objektiven Kriterien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestimmt. Für die Einordnung eines Kaufvertrages als Verbrauchsgüterkauf kommt es nicht entscheidend auf die Offenbarung durch den Verkäufer oder die Kenntnis des Käufers an. Landgericht Leipzig, Beschluss vom 18.10. 2005 – 05 O 2910/05 zu § 6 TDG Jede auf Dauer angelegte Verkaufstätigkeit, bei der zahlreiche gleichartige Waren in kurzen Abständen an- und verkauft werden, ist unternehmerisch und verpflichtet zur Offenlegung der Identität des Anbieters. Hinweis: Dieser Beitrag soll nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden. Insbesondere soll er nicht die Einholung eines rechtlichen Rates ersetzen. Detaillierte Auskünfte stellen zum Beispiel die Verbraucherverbände oder die Industrie- und Handelskammern zur Verfügung. Im Einzelfall sollte aber in jedem Fall ein Rechtsanwalt aufgesucht werden. Der wird im Rahmen einer rechtlichen Würdigung, Ihren Fall beurteilen und Sie möglicherweise vor Prozessrisiken bewahren. Sie sollten auch beachten, dass die Rechtssprechung nahezu täglich weiter entwickelt wird. Weitere Themen zu Internetfragen finden Sie in einer EUROPATICKER Umweltruf –Zusammenstellung unter: www.umweltruf.de/ticker/news_druck0.php3?nummer=35