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Kolumne
Chefsache Führung, 22.02.2010
Vertrauenskrise
Raus aus dem Manager-Olymp, zurück zur Realität!
Weltwirtschaftsforum 2010 in Davos: Angesichts der vorherrschenden Vertrauenskrise üben sich Manager in konstanter Ratlosigkeit. Doch kaum einer ist bereit, auch Selbstkritik zu üben. Haben die „Galionsfiguren“ der Wirtschaft etwa völlig den Blick für die Realität und Einfachheit guten Wirtschaftens verloren?
Die Finanzkrise hat uns vieles beschert: Überschuldete Staatshaushalte, gestü(r/t)zte Banken und einen Blick in den Abgrund eines globalen Zusammenbruchs. In der Folge massive Staatseingriffe in den Wirtschaftsalltag und gierige Bankmanager als neues Feindbild. Am Ende jedoch den Super-GAU: Eine massive Erosion des Vertrauens in die Wirtschaft, in die Unternehmen und ganz besonders in deren Management. Warum sollte man beispielsweise Bankmanagern vertrauen, die, schaut man sich die aktuelle Staatskrise in Griechenland an, durch  ihre kurzfristig orientierten Geschäfte ihre nationalen Regierungen erst zu teuren Rettungsaktionen zwangen, damit deren Verschuldung in exorbitante Höhen getrieben haben und jetzt – quasi im Gegenzug -  auf den Bankrott genau dieser Staaten spekulieren? Wofür? Für höhere Erträge ihrer Eigentümer. Geht’s noch? Hat da einer den Schlag noch gehört?

Die Zeche zahlen Enkel und Urenkel. Getreu dem Motto: Nach mir die Sintflut. Da kann das Vertrauen nur auf der Strecke bleiben.

Der Eindruck entsteht, als hätten Manager jeglichen Bezug zur Realität verloren. Denn der „einfache Mensch“ auf der Straße versteht die solchen Geschäften zugrunde liegenden wirtschaftlichen Zusammenhänge schon lange nicht (mehr). Vielleicht zu Recht, denn hier geht es einzig und allein um Spekulation und Profitsteigerung, nicht unternehmerische Notwendigkeit. Angst, Misstrauen und Widerstand ist die Folge. Aber auch das ist im Management noch immer nicht angekommen.

Einige wenige Manager haben immerhin verstanden, dass es so nicht weitergehen kann und proklamieren eine Abkehr von der reinen Shareholder-Philosophie in der Unternehmensführung. So prophezeit Daniel Vasella, Chairman und bis vor kurzem CEO des Schweizer Konzerns Novartis, dass „ein Management, das sich auf finanzielle Kennzahlen konzentriert, nur von kurzer Lebensdauer ist“. Bravo, da hat es endlich einmal jemand verstanden!

Ebenso wagt Metro-Chef Eckhard Cordes Selbstkritik wenn er sagt, dass „angesichts der Komplexität im Wirtschaftsleben wir unseren Mitarbeitern Ziele und Strategien richtig erklären müssen“. Es ginge aber auch einfacher: Manager sollten in ihrem Sprechen und Handeln berechenbar und authentisch, sprich glaubwürdig sein. Und aus Glaubwürdigkeit entsteht dann auch Vertrauen. Dann muss nicht jeder alles verstehen, aber man könnte den Mächtigen wieder vertrauen. Und damit würde Ruhe und Sicherheit in den Alltag vieler „einfacher Menschen“ zurückkehren. Doch davon war nichts zu hören im verschneiten Luxus-Wintersportort Davos.

Dabei ist Vertrauen das Schmiermittel in jeder Beziehung schlechthin, sei sie beruflich oder privat, sei es zwischen Kunden und Lieferanten oder in Liebesbeziehungen. Ist das Vertrauen dahin, berufen sich die Parteien auf geschlossene Verträge. Ein schlauer Mensch erklärte dazu  einmal: Einen Vertrag schließt man in guten Zeiten, in schlechten beruft man sich darauf. Aber meistens ist er dann das Papier, auf dem er geschrieben ist, nicht mehr wert, weil die Basis des Vertrages abhanden gekommen ist: Vertrauen. So bleibt nur noch, mit Hilfe juristischer Tricks und Winkelzüge, den „Partner“ zu übervorteilen und über den Tisch zu ziehen.


Doch es könnte so einfach sein. Das zeigt sich schon in der wichtigsten Arbeitsbeziehung. Der zwischen Mitarbeiter und seiner direkten Führungskraft. Wie lange dauert es wohl, bis ein Chef seinem Mitarbeiter, aber auch umgekehrt, vertraut? Und wie schnell ist einmal vorhandenes Vertrauen erschüttert? Da reichen schon zwei Sätze und es ist vorbei mit diesem labilen Konstrukt. Vertrauen ist eine Lebensaufgabe. Führungskräfte haben sich permanent darum zu bemühen, die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu schaffen.

Dabei geht es keineswegs um naives, blindes Vertrauen, sondern um den Dreiklang: Verbindlichkeit herstellen, Verlässlichkeit zeigen, Vertrauen aufbauen und festigen. Das gilt für beide Seiten. Und es beinhaltet auch Geben und Nehmen von Vertrauen zwischen Chef und Mitarbeiter.

Und was heißt das für die mächtigen Manager dieser Republik? Ganz einfach: Raus aus dem Olymp, zurück auf den Teppich! Beschäftigt Euch als Manager endlich wieder mehr mit den Euch umgebenden Menschen und den Beziehungen zu ihnen, statt blitzschnell umfangreiche Zahlenkolonnen zu analysieren und daraus rationale, für viele nicht mehr nachvollziehbare Entscheidungen abzuleiten. Nehmt Eure gesellschaftliche Verantwortung endlich wieder an und gebt den vielen „einfachen Menschen“ wieder Gründe, der sogenannten Management- bzw. Wirtschaftselite zu vertrauen. Das ist die Verpflichtung der wahrhaft Mächtigen – nämlich Verantwortung für das Gemeinwohl zu übernehmen und (wahrhaft) „ehrbare Kaufleute“ zu sein.
ZUM KOLUMNIST
Über Roland Jäger
Roland Jäger ist Unternehmensberater, Trainer, Coach und Buchautor. Nach Berufsjahren im Banken- und Finanzwesen arbeitete er im Management einer renommierten Privatbank und in einem bedeutenden Beratungsunternehmen. Seit 2002 ist er Inhaber der rj management ... mehr
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