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Versuchsfeld Fußball: Künstliche Intelligenz strebt WM-Sieg an

(PM) , 19.06.2006 - KI-Forschung will Informationstechnik bei Massenanwendungen weiterbringen - One-Button-Computer werden über Sprache, Mimik und Gestik gesteuert ohne aufwändiges Handbuch-Studium Bremen/Bonn - Fußballer genießen gemeinhin nicht den Ruf, zu den intelligentesten Zeitgenossen zu gehören. Zeitungsseiten voller verbaler Fehltritte und Kommentare mögen dies belegen. Ausgerechnet dem Fußball aber hat sich seit Jahren die Künstliche Intelligenz (KI) verschrieben. Etwa 2500 Teilnehmer aus 38 Ländern kämpften Mitte Juni in Bremen um den Robo-Cup 2006, die Fußball-Weltmeisterschaft der Roboter. Die Maschinen traten in verschiedenen Kategorien an, zum Beispiel in den Ligen für kleine, mittelgroße und menschenähnliche Roboter. Nach dem Anpfiff handeln die Roboter auf dem Spielfeld ohne Hilfe. Sie müssen durchgehend ihre eigene Position bestimmen, Mitspieler orten und den Ball verfolgen. Was geschieht konkret? „Über Sensoren machen sich die Roboter ein Bild ihrer Umgebung und leiten aus den Daten geeignete Aktionen ab. Fallrückzieher etwa sind programmiert. Die Software dafür ist auf einem Memory-Stick gespeichert, der im Roboter steckt. Die Roboter, die über das Spielfeld rollen, müssen besser rechnen können als ihre menschlichen Kollegen. Die Mikrochips in der Steuerungszentrale ermitteln zum Beispiel, ob es sich bei dem Gegenstand auf dem Feld überhaupt um einen Ball handelt. In den Bildern der Kamera ist er oft durch Mitspieler verdeckt, oder er erscheint oval“, so Andreas Schultheis in einem Beitrag für die Sommerausgabe der Zeitschrift NeueNachricht www.ne-na.de. „Jede Auswertung gegenwärtiger Trends lässt keinen anderen Schluss zu, als dass es noch sehr lange dauern wird, bis wir der menschlichen Intelligenz vergleichbare, intelligente Systeme bauen können“, schreibt David L. Waltz vom NEC Research Institute in Princeton (USA) in einem Beitrag für den Sammelband „Probleme der künstlichen Intelligenz“. Für die Initiatoren des Robo-Cup gibt es ein Etappenzeile auf diesem Weg: „Im Jahr 2050 sollen menschenähnliche Roboter auf zwei Beinen nach den offiziellen Fifa-Regeln gegen den dann amtierenden, menschlichen Fußball-Weltmeister spielen und gewinnen - Zukunftsmusik, die heute nach Science Fiction klingt. Auch 1956 hielt man vieles, was heute zum täglichen Leben gehört, für unrealistische Wunschideen. Damals legten die Pioniere der KI-Forschung den Grundstein für ihre Disziplin am Dartmoth College in New Hampshire (USA). Das Jahr 1956 gilt daher als die Stunde Null der Künstlichen Intelligenz. Der Begriff wurde 1955 von dem amerikanischen Informatiker John McCarthy geprägt. Fünf Jahrzehnte später beleuchtete parallel zur WM der Roboter ein Symposium mit führenden KI-Forschern die Bedeutung der Disziplin“, führt Schultheis aus. „KI-Anwendungen sind in der Regel nicht immer leicht als solche zu erkennen. Wenn Künstliche Intelligenz schließlich funktioniert, dann wird es nicht mehr KI genannt, sondern Informatik, weil wir es dann verstehen", fasst Wilfried Brauer, Professor an der Technischen Universität München ein Paradoxon des Forschungsgebietes zusammen. Heute begegnen uns überall Systeme, in denen KI steckt: Schrifterkennung im Taschencomputer, telefonische Reservierungssysteme für Kino- und Bahntickets, virtuelle Gegner bei PC-Spielen, Roboter, die Rasen mähen oder Fassaden putzen – oder eben solche, die eine eigene Fußball-Weltmeisterschaft ausspielen. Für ein Lebewesen zeige sich Intelligenz darin, wie gut es sich in einer unbekannten Umwelt zurechtfinde, wie es auf unerwartete Situationen reagiere, beschreibt Professor Hans-Dieter Burkhard, Projektleiter an der Berliner Humboldt-Universität, das Forschungsfeld. „Fußball ist in gewisser Weise so eine unbekannte Umwelt, da man nie genau weiß, was der Gegner als nächstes macht." Das Fernziel der Wissenschaftler ist es, Roboter zu erschaffen, die mit Menschen zusammen handeln können. Man denkt gar nicht an eine Maschine, die ein Problem besser lösen soll, sondern modelliert in der Maschine Verfahren, die für Menschen typisch sind, wenn sie Probleme lösen. „Technologien, die sich im Versuchsfeld Fußball bewähren, haben gute Aussichten, auch in anderen Einsatzfeldern wie Haushalt, Büro, Fabrik oder auf anderen Planeten eine gute Figur zu machen", sagt Ubbo Visser, Chef des Organisationskomitees der Robo-Cup-WM am Informatik-Zentrum Bremen, der Welt am Sonntag. Für Professor Wolfgang Wahlster steht der Begriff der „Usability“ (Brauchbarkeit, Verwendbarkeit) im Fokus der KI-Forschung. „Wir kommen in der Informationstechnik bei Massenanwendungen nicht weiter, wenn wir nicht den Menschen in den Mittelpunkt der künftigen IT stellen. Im PC- und Notebook-Markt erreichen wir eine Sättigung, bleiben wir bei der konventionellen Windows-, Maus-, Tastaturbedienung.“ Damit bestätigt er auch eine Einschätzung von David Waltz. „Die derzeitigen seriellen Computer sind an Grenzen gestoßen, jenseits derer ihre Schnelligkeit nicht mehr im Rahmen angemessener Kosten gesteigert werden kann.“ Wie also geht es weiter? In Japan, so Wahlster, spreche man bereits vom One-Button-Computer: „Ein und aus, alles andere geschieht über Sprache, Mimik und Gestik, für die man kein Handbuch studieren muss.“ Wahlster leitet das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken und ist Schirmherr sowie Jury-Vorsitzender der Bonner Voice Days, die im Oktober zum dritten Mal stattfinden. Dabei wird unter anderem die beste deutsche Sprachapplikation im Praxistest bewertet. „Roboter, die uns in tiefsinnige Gespräche verwickeln, sind noch Science-Fiction“, erläutert Professor Michael Kohlhase von der International University Bremen gegenüber Focus. „Doch wir arbeiten daran.“ „Es ist heute schon abzusehen, dass in den nächsten Jahren Sprachdialogsysteme beispielsweise im Auto, bei der intuitiven Bedienung intelligenter Haustechnik und beim mobilen Internet-Zugriff als eingebettete Softwaresysteme immer stärker auch in den Massenmarkt eindringen", sagt Wahlster und unterstreicht den Usability-Ansatz seiner KI-Betrachtung. Ständig gebe es neue sprachdialogbasierte Informationsangebote. „Der Computer, die Maschine müsse im Kommunikationsverhalten dem Menschen entgegen kommen, ist Wahlster überzeugt. Die Benutzermodellierung und die Personalisierung von Softwaresystemen werde in den nächsten Jahren eine Schlüsselrolle spielen“, analysiert der NeueNachricht-Autor Schultheis. Das Ziel aus den Anfangstagen der Disziplin, künstliche Intelligenzen im Rechner zu erschaffen, ist heute konkreten anwendungsorientierten Fragestellungen gewichen: KI-Systeme sollen mit menschenfreundlichen Dienstleistungen den Alltag unterstützen. Gerade einmal zwei Wörter benötigt Professor Aaron Sloman von der University of Birmingham, um dies zu umschreiben. Er nennt es schlicht „Produktive Bequemlichkeit“. Aus Sicht von David Waltz können intelligente Maschinen nur dann entstehen, wenn die KI-Forschung Möglichkeiten findet, „ungeheure Mengen an Speicherplatz mit relevanter Information zu füllen.“ Hierzu bedarf es der Entwicklung von sensorischen Systemen, die erstmals das Lernen aus Erfahrung ermöglichen würde. „Die Möglichkeit einer künstlichen Intelligenz hängt davon ab, ob es gelingt, Systeme zu bauen, die nicht mehr im bisherigen Sinn programmiert werden müssen.“ Das Magazin NeueNachricht erscheint vierteljährlich. Das Einzelheft kostet 8,20 Euro. Bestellungen per Fax unter: 0228 – 620 44 75 oder E-Mail: baerbel.goddon@sohn.de. Redaktionen erhalten Besprechungsexemplare kostenlos. Redaktion medienbüro.sohn Gunnar Sohn Ettighoffer Straße 26a D – 53123 Bonn FON +49 (0) 228 – 6204474 FAX +49 (0) 228 – 6204475 medienbuero@sohn.de, www.ne-na.de
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