Die Vorteile von leistungsorientierten Vergütungssystemen (LOV) liegen auf der Hand. Durch die Übersetzung der Unternehmensziele auf den einzelnen Mitarbeiter wird dieser dazu angeleitet, unternehmerisch zu denken und zu handeln. Führungskräfte werden entlastet, Stärken und Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter gezielt gefördert und belohnt. Viele Gründe also, die für eine solche Entlohnungskomponente sprechen - so viel zur Theorie. In der Praxis steht man vor einer Vielzahl von Detailfragen, Fettnäpfchen und Stolpersteinen. Im Ergebnis bleibt es daher oft bei guter Absicht; ein System mit den „richtigen“ Anreizen gelingt selten.
Umsetzung bringt zwei Probleme mit sich
Am häufigsten sind zwei Probleme zu beobachten:
- LOV-Systeme werden nur im Vertrieb eingeführt oder dort, wo ein klarer Zusammenhang mit „harten“ Erfolgsfaktoren wie Umsatz möglich ist. Wenn überhaupt, entsteht so eine Zusatzmotivation in einer kleinen und abgegrenzten performenden Gruppe von Personen.
- In der Regel entstehen bei den meisten LOVs Streitigkeiten über das angestrebte Ziel. Unabhängig vom Ergebnis - bei mindestens einem der Beteiligten bleibt meist ein ungutes Gefühl: „Wie soll ich das denn schaffen?“ oder „Da brauch ich mich erst gar nicht anzustrengen, das erreich ich eh nie“ und ähnliche häufig zu vernehmende Sätze zeigen, wie kontraproduktiv solche Diskussionen auf die Mitarbeiter wirken. Aber auch die andere Seite „Da wäre mehr drin gewesen“, „Da spar ich mir was für die Verhandlung im nächsten Jahr“ oder „Da brauch ich mich ja kaum anzustrengen, um das zu erreichen“ ist mitnichten ein für das Gesamtunternehmen ideales Resultat.
Die beiden Extrembeispiele zeigen, dass ein LOV, dessen Ziele
entweder auf Vorgaben „von oben“ oder dem Ergebnis einer Verhandlung nur
in Ausnahmen zu dem gewünschten Ziel führen. Im Folgenden wird Ihnen
ein Beispiel aus der Praxis vorgestellt, welches zeigt, wie sich
geschilderte Hürden sicher umschiffen lassen.
Variable Vergütungssysteme haben sich durchgesetzt
In der
erfolgreichen betrieblichen Praxis haben sich in den vergangenen Jahren
variable Entlohnungsmodelle durchgesetzt, die an verschiedenen „harten“
wie „weichen“ Kenngrößen die Leistung eines Mitarbeiters messen. Der
Vorteil liegt auf der Hand: Selten liegt die entscheidende Kenngröße für
ein Unternehmen, der Gewinn, in der Hand eines einzelnen Mitarbeiters
oder eines Teams. Wie aber kann der Mitarbeiter oder das Team von einem
Ziel angespornt werden, das er nur bedingt beeinflussen kann? Aus diesem
Grunde ist in der Praxis häufig zu beobachten, dass Unternehmen auf
Zielgrößen ausweichen (müssen), die eher im Wirkungs-bereich des
Mitarbeiters liegen. Im Vertrieb ist dies häufig der Umsatz,
idealerweise stehen auch Produkt- oder Projektdeckungsbeiträge zur
Verfügung. Aber auch hier gibt es Einflüsse, die nicht vom Mitarbeiter
steuerbar sind und seinen „Leistungsbonus“ stark beeinflussen können.
Konjunktur, Änderung der Aufgaben im betrachteten Zeitraum, interne
Projekt mit keinem (kurzfristigen) Umsatzbeitrag und Qualitäts- oder
Lieferschwierigkeiten sind hier nur die offensichtlichsten Beispiele.
Leistungsorientierte Vergütung mit zwei Säulen
Bei der Einführung von leistungsorientierter Vergütung empfiehlt sich ein System, welches auf (mindestens) zwei Säulen fußt. Die erste Säule beurteilt die Leistung des Mitarbeiters unabhängig vom messbaren Output, die zweite Säule beurteilt eine harte quantifizierbare Erfolgsmessung. Je nach Aufgabenfeld und Branche kann die Gewichtung zwischen beiden Säulen stark schwanken. Im Folgenden wird auf die Problematik der Erfolgsmessung mit Hilfe quantitativer Kenngrößen eingegangen. Ein bereits angeführtes Beispiel ist hier der Vertriebsaußendienst, der mittels einer Umsatzprovision zu weiteren Absatzsteigerungen angespornt werden soll.
Realistische Einschätzung des Mitarbeiters steigert seine Prämienhöhe
Statt einer Vorgabe oder einem Verhandlungsgespräch schlägt die BERGEN GROUP ein Vorgehen vor, bei welchem der oben beschriebene Zielkonflikt zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem aufgehoben wird. Vor einem Zielvereinbarungsgespräch ermittelt der Vorgesetzte realistisch in welcher Bandbreite ein Umsatz im entsprechenden Gebiet für das kommende Jahr 2011 möglich sein muss, um in den Genuss eines Bonus zu gelangen. Auf Basis dieser Bandbreite erstellt der Vorgesetzte eine Prämientabelle, die er seinem Mitarbeiter vorlegt und ihm die Gelegenheit gibt, eine Schätzung seiner Möglichkeiten und Erwartungen für die kommende Periode abzugeben. Welche Höhe die Prämie tatsächlich erreicht, hängt allein von zwei Faktoren ab: Erstens ist der tatsächlich erreichte Umsatz entscheidend für die Prämienhöhe. Aber genauso wichtig ist das Ziel, welches sich der Mitarbeiter im abgesteckten Rahmen zu Beginn des Jahres selbst gewählt hat.
Betrachten Sie einen Mitarbeiter, der zu Beginn des Jahres ein vorsichtiges Ziel gewählt hat. Nehmen Sie an, der Mitarbeiter geht motiviert ins Jahr, die Rahmenbedingungen stimmen und bereits im Oktober erreicht er sein selbst gestecktes Ziel. Kein Grund die Bemühungen zu reduzieren, denn wächst der Umsatz über das selbstgewählte Ziel, so steigt auch die Prämie. Der Mitarbeiter bleibt also weiter am Ball und freut sich am Jahresende über eine höhere Prämie. Ein Blick auf seine Prämientabelle führt ihm aber schnell vor Augen, dass mit ein wenig mehr Mut und Selbstbewusstsein bei gleicher Anstrengung ein deutliches Plus an Prämie möglich gewesen wäre, wenn er dieses Ziel von Anfang an gewählt hätte. Spätestens in Jahr zwei wird der Mitarbeiter genau überlegen, wie ehrlich und anspruchsvoll er zu Beginn des Jahres seine Ziele wählt. Entscheidend bei diesem Modell ist nämlich, dass neben der erreichten Zielhöhe auch die anvisierte Zielhöhe mit einer Vergütungsrelevanz versehen ist.
Ferner besteht die Möglichkeit, mehrere Zielgrößen miteinander zu kombinieren. Im Vertriebsaußendienst kann dies neben dem Umsatz der Deckungsbeitrag 1 sein. Insbesondere bei Vertriebsmitar¬beitern, die die Möglichkeiten haben, sich mit Rabatten und Preisnachlässen Umsatzchancen zu Lasten der Marge zu „erkaufen“, zeigt die betriebliche Praxis, dass es - wo immer möglich - sinnvoll ist, gewisse Bedin¬gungen an das Erreichen von Prämienzielen zu knüpfen. Im vorliegenden Beispiel kann sich der Mitarbeiter die Prämie nur sichern, wenn er ein gewisses Margenziel erreicht. Nur in Kombination der beiden Ziele Mindestmargen (= notwendige Bedingung) und Umsatz (= hinreichende Bedingung) erhält der Mitarbeiter seine volle Prämie.
Zusammenfassend erfüllt ein solches vorgestelltes System folgende Eigenschaften
- Die optimale Prämie wird erreicht, wenn die vereinbarte Zielhöhe erreicht wird
- Bei Überschreitung steigt die Prämie zwar, aber nicht so stark, wie wenn sich der Mitarbeiter gleich auf ein höheres Ziel festgelegt hätte
- Die maximale Prämie wird erreicht, wenn ein hohes Ziel vereinbart und auch erreicht wird
Dabei lässt sich die erläuterte Systematik ohne weiteres auf andere
Unternehmensbereiche neben dem Vertrieb übertragen, wie zahlreiche
erfolgreiche Beispiele aus der Praxis belegen. Die Leistung eines
Recruiters eines Zeitarbeitsunternehmens lässt sich anhand der
Mitarbeiter im Personalpool messen; die einer Sachbearbeiterin einer
Versicherung an der Anzahl bearbeiteter Schadensfälle oder
verantworteter Akten - für (fast) alle Unternehmensbereiche finden sich
quantifizierbare Leistungskennzahlen.
Richtige Wahl von Grenzen und Schwellen
Entscheidend für den Erfolg ist die Wahl der „richtigen“ Grenzen und Schwellen. Wenn alle Mitarbeiter sich ganz unten oder alle ganz oben einsortieren, dann läuft etwas falsch- entweder in der Konzeption oder in der Kommunikation. In der Praxis ist es insbesondere die Wahl der Ober- und Untergrenze, die bei der Einführung kontrovers diskutiert wird. Wie werden auch „schlechtere“ Mitarbeiter motiviert, ohne die „guten“ zu bestrafen? Dabei gilt: Es muss nicht ein System für alle Mitarbeiter passen. Nicht nur die Stärken und Schwächen des Einzelnen, sondern auch das Gebiet und die persönliche Lebenssituation sind mitentscheidend für das richtige Anreizmodell. So wird sich beispielsweise ein 40jähriger Familienvater nicht auf das gleiche Entlohnungsmodell einlassen wie ein 25jähriger Berufseinsteiger; dem gilt es Rechnung zu tragen, will man beide gleich motivieren. Jüngere Mitarbeiter lassen sich stark von „nach oben offenen“ Anreizsystemen begeistern. Insbesondere bei Bonussystemen, die sich am Deckungsbeitrag orientieren, ist dieses für beide Seiten eine gute Vereinbarung. Beide Aspekte lassen sich mit dem vorgestellten Vorgehen durch leichte Änderungen an der Prämientabelle realisieren. Bei der Wahl der Untergrenze bietet sich für langgediente Mitarbeiter etwa ein Durchschnittswert der letzten 3 Jahre an, um Einmal- oder Sondereffekte der Vergangenheit zu neutralisieren. Alternativ könnte als Untergrenze der Wert genommen werden, unterhalb dessen der Mitarbeiter sich für das Unternehmen nicht mehr rechnet. Entscheidend ist es, dem Mitarbeiter die Möglichkeiten zu geben, sich selbst einzuordnen.
Vorteile eines solchen Systems
Die Vorteile eines solchen Systems liegen auf der Hand: Statt ein Ziel vorzugeben oder in einer suboptimalen Verhandlungssituation gemeinsam zu erarbeiten, wird der Mitarbeiter motiviert, ein erstens hohes und zweitens realistisches Ziel zu wählen – innerhalb des von der Vertriebsleitung abgesteckten Rahmens. Im Ergebnis sitzen Mitarbeiter und Unternehmen im gleichen Boot, die Akzeptanz und Anreizwirkung eines leistungsorientierten Vergütungssystems ist ungleich höher.Die Perspektive Mittelstand ist eine unabhängige, branchenübergreifende Business-Plattform zur Förderung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittelständischer Unternehmen und ihrer Mitarbeiter. Ziel der Initiative ist es, über hochwertige Informations-, Kommunikations- und Dienstangebote rund um den unternehmerischen und beruflichen Alltag die Wissensbildung, Kommunikation und Interaktion von und zwischen Existenzgründern, Unternehmern, Fach- und Führungskräften und sonstigen Erwerbstätigen zu unterstützen. Weitere Informationen zur Perspektive Mittelstand unter: www.perspektive-mittelstand.de