Pressemitteilung, 04.02.2009 - 15:42 Uhr
Perspektive Mittelstand
Verbraucherorganisationen verklagen Iberia wegen des Chaos am Flughafen Madrid-Barajas
(PM) , 04.02.2009 - Zur Weihnachtszeit Ende Dezember 2008 bis Mitte Januar 2009 herrschten am spanischen Flughafen Madrid-Barajas chaotische Zustände. Fast alle Flüge waren verspätet. Tausende Flugpassagiere waren von Annullierungen, Umbuchungen und Überbuchungen betroffen. Nun untersucht die spanische Regierung die Vorfälle und hat Verfahren gegen die Fluggesellschaft Iberia eingeleitet. Mehrere Verbraucherorganisationen bereiten Sammelverfahren gegen die Iberia vor.von Yolanda Miguel Muñoz (Netzwerk Pro-V, www.reise-recht-wiki.de)Bummelstreik, Ausstand, Grippewelle, Schneefall, Nebel - hinter den Vorfällen am spanischen Flughafen Madrid-Barajas Anfang Januar 2009 mit Verspätungen, Flugannullierungen und dem chaotischen Wochenende des 9. Januar 2009, stehen viele Fragezeichen. Betroffen waren vor allem Fluggäste der Fluggesellschaften Air Europa, Alitalia, EasyJet, Spanair und Iberia.Der Reihe nach: Die Arbeitskonflikte der spanischen Fluggesellschaft Iberia und ihrer Mitarbeiter schwelten bereits seit Anfang Dezember 2008. Dabei geht es primär um die geplante Fusion der Iberia und der British Airways und diesbezügliche Arbeitsplatzgarantien und Gehaltskonditionen. Mitte Dezember 2008 begannen Teile des Bodenpersonals und des Kabinenpersonals der Iberia in Ausstand zu treten. Dazu gesellte sich die Auseinandersetzung der Iberia mit der einflussreichen Pilotengewerkschaft SEPLA (Sindicato Español de Pilotos de Líneas Aéreas). Die Situation war konfus und die Gründe diverser Flugverspätungen und Annullierungen sind immer noch nicht geklärt. Offiziell wurde von der Pilotengewerkschaft SEPLA kein Streik erklärt. Iberia warf der Gewerkschaft vor, ihre Mitglieder zu einem Bummelstreik aufgerufen zu haben, ohne diesen offiziell anzukündigen. Ein Bummelstreik bedeutet, dass die Angestellten lediglich Dienst nach Vorschrift und diesen besonders langsam ausführen. Iberia hat inzwischen gegen 41 Piloten Disziplinarverfahren eingeleitet und verklagte die SEPLA auf 13 Millionen Euro Schadensersatz. Iberia teilte spanischen Medienberichten zufolge mit, dass es Beweise gebe, die absichtliche Verzögerungen durch Piloten bekräftigten.Zusätzlich zu den Problemen aus dem Bummelstreik der Piloten, meldeten sich Ende Dezember mysteriöser Weise 8 der 24 Mitarbeiter der Luftraumüberwachung und Flugsicherung der Tagesschicht am Flughafen Madrid-Barajas „krank“. Offiziell hieß es, dass eine Grippe um sich gegriffen habe. Dadurch mussten zwei der vier Start- und Landebahnen des Flughafens Madrid geschlossen werden. Dass derartige Auseinandersetzungen bei dem Ansturm von Urlaubern aus ganz Europa über die Weihnachtsfeiertage, das Neujahrsfest und über das Fest der Heiligen Drei Könige zu erheblichen Problemen führen würden, hätte allen Beteiligten klar sein müssen. Spanien ist eines der wichtigsten Urlaubsländer der Welt. Knapp 60 Millionen Touristen besuchen die iberische Halbinsel jedes Jahr. Der Tourismussektor macht über 11% des spanischen Bruttosozialproduktes aus. Und der Flughafen Madrid-Barajas mit dem neuen Terminal T-4, welches hauptsächlich von der Iberia genutzt wird, ist der wichtigste Flughafen Spaniens. Und so kam es, wie es kommen musste: Mit dem Anstieg der Passagierzahlen zur Weihnachtszeit mehrten sich die Flugausfälle, Annullierungen und Verspätungen. Über Neujahr nahm das Chaos seinen Lauf. Jeden Tag reihten sich weitere Flugpassagiere in die Schlangen vor den Informationsschaltern der Iberia. Die spanische Verbraucherzentrale Organización de Consumidores y Usuarios (OCU) sprach von über 66.000 betroffenen Flugpassagieren bei über 1.000 Flugannullierungen und 6.000 Flugverspätungen. Eine Flugreise über Madrid-Barajas glich in jenen Tagen einem Albtraum. Es kam jedoch noch schlimmer. Zu den bereits vorhandenen chaotischen Verhältnissen und dem angefallenen Rückstau gestrichener, annullierter und verspäteter Flüge, gesellte sich am inzwischen berühmt gewordenen „weißen“ Freitag, den 9. Januar 2009, Schnee. Das Tief „Tine“ aus Skandinavien brachte- wie im Übrigen vorhergesagt- teils heftigen Schneefall mit sich. Und als ob das noch nicht genug wäre, kam noch dichter Nebel hinzu. Aufgrund des Nebels konnten Maschinen erst mit stundenlanger Verspätung landen. Damit brach am Flughafen Madrid-Barajas am zweiten Freitag des Jahres alles zusammen. Die staatliche spanische Flughafenbetreibergesellschaft AENA (Aeropuertos Espanoles y Navegacion Aerea), die auch für die Flugüberwachung und Flugsicherheit zuständig ist, sieht sich heftiger Kritik ausgesetzt. Der Flughafen Madrid war auf den Schneefall in keinster Weise vorbereitet. Für den gesamten Flughafen soll ein Schneeräumfahrzeug zur Verfügung gestanden haben. Endlose Schlangen verunsicherter, verzweifelter und verärgerter Fluggäste. Nach stundenlangem Anstehen an den Informationsschaltern gaben die Mitarbeiter der Iberia dann vielen Betroffenen lediglich die Auskunft, dass ein Weiterflug erst am nächsten Tag zu unbestimmter Zeit stattfinden würde. Die meisten Fluggäste erhielten Tag für Tag ein Stand-by-Ticket, was nichts weiter als die Hoffnung auf einen Platz im Flugzeug bedeutete. Viele Passagiere berichteten, dass das Schlimmste die Hilflosigkeit war. Von Seiten der Iberia wurden den wenigsten Fluggästen genaue Informationen über den Weiterflug, etwaige Unterkunftsmöglichkeiten und Möglichkeiten zur Weiterreise mitgeteilt. Die fehlenden Informationen verunsicherten und verärgerten die Urlauber und Reisenden zusätzlich. Dies führte bei einigen Flugpassagieren zu frustrierten Auseinandersetzungen und Diskussionen mit den Mitarbeitern der Iberia und des Flughafens. Am Wochenende des 09. Januar 2009 mussten Einheiten der Guardia Civil, der spanischen Polizei, eingreifen, um die Gemüter zu beschwichtigen. Nach Augenzeugenberichten gingen die Polizeikräfte wenig behutsam vor. Die Einheiten der Guardia Civil sollen wartende Flugpassagiere äußerst rüde zurückgewiesen haben.Der spanische zuständige Beamte Fernando Palao, Chef des Secretaría General de Transportes, welches wiederum in das Ministerium für Infrastruktur und Entwicklung eingegliedert ist und die Vorfälle am wichtigsten Flughafen Spaniens offiziell untersucht, deutete in öffentlichen Bekundungen an, dass er Ansprüche von Flugpassagieren aus Annullierungen und Verspätungen der Flüge auf Grund des Schneefalls und des Nebels und der rechtlichen Qualifizierung als höhere Gewalt für „schwer durchsetzbar“ hält. Rechtlich sind Nebel und Schneefall, die zu chaotischen Zuständen am Flughafen führen, grundsätzlich als höhere Gewalt, sog. „Force Majeure“, einzustufen. Das bedeutet für betroffene Fluggäste, dass Ansprüche auf Ausgleichszahlungen nicht durchgesetzt werden könnten. Ganz so einfach scheint die Sach- und Rechtslage jedoch nicht zu sein. So teilte die Ministerin für Infrastruktur und Entwicklung Magdalena Álvarez, und damit direkte Vorgesetzte Palaos, mit, dass eine Untersuchung eingeleitet worden sei, die klären solle, ob das Chaos am Flughafen Madrid-Barajas am Wochenende des 9. Januar 2009 auf die „Nichtfunktionsfähigkeit der Verwaltung oder auf Wetterbedingungen“ zurückzuführen sei. Das betrifft jedoch nicht die gestrichenen Flüge und großen Verspätungen auf Grund des Ausstandes der Piloten und anderer Mitarbeiter der Iberia. Hier gibt es noch kein Ergebnis der laufenden Untersuchung des Secretaría General de Transportes. Palao nannte die Situation „konfus“. Die Ergebnisse sind für betroffene Fluggäste, die ihre Rechte und Ansprüche durchzusetzen suchen, von großer Bedeutung. Die Vorfälle von Madrid-Barajas zeigen einmal mehr, dass es für Fluggäste immer noch keine effektiven Fluggastrechte gibt. Die von der Europäischen Kommission in strahlendem Antlitz dargestellte Fluggastverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) wird von den Fluggesellschaften bewusst missachtet. Effektive Durchsetzungsmöglichkeiten und Mittel zum direkten Ausgleich der Ansprüche fehlen. Die spanische Ministerin Magdalena Álvarez wies in einem Interview darauf hin, dass die spanische Regierung beschlossen habe, offizielle Untersuchungen gegen die Fluggesellschaft Iberia wegen der Vorfälle der letzten Wochen am Flughafen Madrid einzuleiten. Álvarez machte deutlich, dass Iberia von staatlicher Seite mit einer Höchstsanktion in Höhe von 4,5 Millionen Euro belegt werden könnte. Die Ministerin wies Vorwürfe zurück, die darauf zielten, dass die spanische Regierung José Zapateros zu wenig gegen das Chaos am Flughafen unternommen hätte. Álvarez meinte, dass die Regierung gegen interne Streitereien eines Privatunternehmens wie der Iberia keine Handhabe habe. Álvarez machte zudem Fehler der Meteorologen über die Wettervorhersagen für das Chaos am Flughafen Madrid verantwortlich. Betroffene Passagiere einer Flugannullierung oder Überbuchung haben in Europa einen Rechtsanspruch auf Ausgleichszahlung zwischen 250 und 600 Euro. Die spanische Verbraucherzentrale Organización de Consumidores y Usuarios (OCU) hat allen Flugpassagieren, die von einer Annullierung oder einer Überbuchung am Flughafen Madrid betroffen waren, empfohlen, ihre Ansprüche wahrzunehmen und die Ausgleichszahlungen zu fordern. Die OCU bündelt zur Zeit die Beschwerden der Verbraucher und bereitet eine ‚Sammelklage‘ vor. Auch die spanische Verbraucherorganisation ACUTAVC (Asociación de Consumidores y Usuarios del Transporte Aéreo y Viaje Combinado) hat angekündigt, Beschwerden zu sammeln und ein Verfahren gegen die Fluggesellschaft Iberia und die Flughafenbetreibergesellschaft AENA anzustrengen. Die OCU wies zudem darauf hin, dass europäische Fluggesellschaften verpflichtet seien, ihre Fluggäste im Falle einer Flugannullierung oder Überbuchung über ihre Fluggastrechte nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 zu informieren. Die OCU wies darauf hin, dass es offiziell keine Streikerklärung und keinen Streik gegeben hätte. Iberia könne sich Ansprüchen von betroffenen Fluggästen dann auch nicht mit dem Argument der „höheren Gewalt“ oder „Force majeur“ erwehren. „Das Argument der höheren Gewalt von Seiten der Fluggesellschaften ist typisch, um Zahlungen an Flugpassagiere zu umgehen“, sagte Rubén Sánchez, Sprecher der Facua, der spanischen Verbraucherorganisation ‚Verbraucher in Aktion‘. Er schlug vor, die entsprechende Verordnung zu ändern, so dass Fluggäste ohne förmliche Beschwerde die Ausgleichszahlung im Falle von Annullierungen und Überbuchungen gezahlt werden müsse. „Die Fluggesellschaften wissen ganz genau, dass ihre Fluggäste von einer Annullierung betroffen sind, und wissen gleichzeitig, dass sich von 100 Fluggästen höchstens 10 beschweren“, sagte Sánchez. Die Dachorganisation der Verbraucherzentralen in Spanien, die Confederación Española de Organizaciones de Amas de Casa, Consumidores y Usuarios (Ceaccu), empfahl betroffenen Fluggästen, sich nicht nur über die Annullierungen zu beschweren, sondern die Rechtsansprüche über alle Schäden und Aufwendungen, die vor allem Pauschalreisenden zustünden, rechtlich durchzusetzen. Rechtsanwalt Jan Bartholl Ansprechpartner im Reiserecht, Flugrecht und LuftverkehrsrechtAnsprechpartner:Rechtsanwalt Jan BarthollMünster, April 2008www.ra-janbartholl.de und aktuelle Informationenunter www.aktuell.ra-janbartholl.de/AktuellE-Mail: info (at) ra-janbartholl.deInternet: www.ra-janbartholl.deE-Mail: info (at) ra-janbartholl.deTelefon: 01803/505415-365249 Die Rechtsanwaltskanzlei Bartholl berät Verbraucher, Reisende und Flugpassagiere zu Rechtsfragen über das gesamte Rechtsgebiet des Reise-, Flug- und Luftverkehrsrechts. Unter der Webseite der Kanzlei finden sich aktuelle Berichte und Informationen zu Themen wie: Fluggastrechte in Europa, Koffer weg- was kann ich tun?, Wie mache ich meine Ansprüche gegen Reiseveranstalter optimal geltend?, Gepäckverlust, Flugverspätung, Flugannullierung und die rechtlichen Folgen. Die Adresse lautet www.ra-janbartholl.de. Rechtsanwalt Jan Bartholl betreut Mandanten über juristische Details hinaus, erörtert mit jedem Kunden gemeinsam die Möglichkeiten im konkreten Einzelfall und prüft die weitere Vorgehensweise. Die Arbeit der Kanzlei Bartholl in Münster basiert auf Vertrauen, Diskretion und Verbindlichkeit.