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Pressemitteilung

Urheberrecht: Lernspiele können urheberrechtlich geschützt sein.

(PM) Saarbrücken, 27.06.2011 - Mit Urteil vom 01. Juni 2011 ( Az.: I ZR 140/09) hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Lernspiele nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG als Darstellungen wissenschaftlicher Art urheberrechtlichen Schutz genießen können.

Sachverhalt

Laut Pressemitteilung Nr. 93/2011 des BGH hat die Klägerin, welche aus mehreren Übungsheften und einem Kontrollgerät bestehende Lernspiele entwickelt und vertreibt, gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz wegen Verletzung ihres Urheberrechts an den Lernspielen gerichtlich geltend gemacht. Den Lernhilfen der Klägerin liegt folgendes Spielprinzip zugrunde: Bei richtiger Lösung der Aufgabe, wofür der Anwender die insgesamt zwölf auf der Vorderseite durchnummerierten, auf der Rückseite farbigen Plättchen des Kontrollgeräts einem bestimmten Feld zuordnen muss, erscheint auf dem Kontrollgerät ein harmonisches, im Übungsheft zur Kontrolle abgebildetes Muster.

Die von der Beklagten hergestellten und vertriebenen Lernspiele funktionieren weitgehend nach demselben Prinzip wie die Spiele der Klägerin. In erster Instanz hat das Landgericht Köln der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht Köln hat hingegen in der Berufungsinstanz die Klage abgewiesen. Nach dessen Ansicht sei eine Urheberrechtsverletzung nicht gegeben, da die Inhalte und Aufgaben der Übungshefte der Beklagten im Vergleich zu den klägerischen unterschiedlich seien.

Entscheidung

Die Revision der Klägerin zum BGH hatte Erfolg. Das Berufungsurteil wurde aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 01. Juni 2011 entschieden, dass Lernspiele als Darstellungen wissenschaftlicher Art nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG urheberrechtlich geschützt sein können. Es hat festgestellt, dass die für Darstellungen wissenschaftlicher Art erforderliche Vermittlung von belehrenden oder unterrichtenden Inhalten bei den Lernspielen der Klägerin vorliegt, da die Kontrollhefte zusammen mit den Übungsheften solche Informationen vermitteln. Des Weiteren hat der BGH ausgeführt, dass entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Köln der dargestellte Inhalt für den urheberrechtlichen Schutz einer Darstellung wissenschaftlicher Art nicht relevant ist. Ausschließlich die Form der Darstellung kann den Urheberrechtsschutz begründen, so der BGH.

Das Oberlandegericht Köln wird jetzt zu prüfen haben, ob die Lernspiele der Klägerin die erforderliche eigentümliche Formgestaltung aufweisen, damit sie Urheberrechtsschutz genießen. Hierfür reicht nach Ansicht des BGH aus, wenn sich die Gestaltung vom alltäglichen Schaffen im betroffenen Bereich der Lernspiele abhebt, selbst bei einem geringen Maß an geistiger Leistung und individueller Prägung. Bei seiner Prüfung wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass ein nur geringes Maß an Eigentümlichkeit dazu führen könnte, dass geringfügige Abweichungen in der Gestaltung der angegriffenen Lernspiele der Beklagten eine Urheberrechtsverletzung ausschließen könnten.

Fazit

Wichtig ist diese Entscheidung des BGH zum einen, weil das Gericht darin festgestellt hat, dass bei Darstellungen wissenschaftlicher Art i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG nicht der dargestellte Inhalt, sondern die Art und Weise der Darstellung den urheberrechtlichen Schutz begründet. Damit hat der Gerichtshof aktuell wieder Stellung zu der Schutzfähigkeit wissenschaftlicher Darstellungen genommen, zu denen nach dem Gesetzeswortlaut beispielsweise Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen gehören. Bereits der Darstellung einfachster „wissenschaftlicher“ Erkenntnisse kann Urheberrechtsschutz zukommen. Nunmehr steht fest, dass auch Lernspiele urheberrechtlich geschützt sein können, sofern sie die erforderliche eigentümliche Formgestaltung aufweisen und sich dadurch von den üblichen Lernspielen unterscheiden.

Zum anderen liefert die Entscheidung des BGH Anhaltspunkte für die Beurteilung der Frage, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Allein durch unterschiedliche, der Darstellung zugrundeliegende Inhalte kann eine Urheberrechtsverletzung nicht ausgeschlossen werden. Wenn das Werk lediglich ein geringes Maß an Eigentümlichkeit aufweist, können jedoch bereits verhältnismäßig geringfügige Abweichungen in der Gestaltung dazu führen, dass eine Rechtsverletzung nicht gegeben ist.
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