Fachartikel, 19.03.2007
Perspektive Mittelstand
Management (allgemein)
Unternehmensfinanzierung mit Hilfe von Business Angel
Die Finanzierung von Existenzgründungen und Wachstumsvorhaben gestaltet sich für viele Unternehmer zunehmends schwierig. Die Anforderungen für die Unternehmensfinanzierung über Banken haben sich verschärft und stellen Unternehmen teilweise vor erhebliche Probleme. Business Angel und Private Equity Investoren können für Gründer und Unternehmer als Ratgeber und Partner eine interessante Alternative darstellen und helfen.
Business Angel haben oft Erfahrungen als ehemalige Unternehmer oder Spitzenmanager gesammelt und stellen nach der aktiven Karriere Know-how und Kapital für andere Unternehmer zur Verfügung stellen. Sie sind insbesondere für Unternehmen in der Gründungsphase interessant, aber auch bei der Expansion in neue Märkte. Die Beteiligungshöhe ist aber meistens niedriger als bei Venture Capital Unternehmen. Anstatt starrer Anlageregeln entscheidet der Business Angel aus der eigenen Erfahrung, aus Intuition und nach seinen eigenen Regeln.

Bei größerem Kapitalbedarf kommen in der Regel andere Investoren wie Beteiligungsgesellschaften und Fonds, aber auch Privatinvestoren hinzu. Für Gründer sind insbesondere solche Business Angels interessant, die neben operativen Erfahrungen über bestehende Kontakte zu anderen Investoren verfügen.

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Praxisbeispiel
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Die Gesellschafter und Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens hatten Anfang 2000 die Planungen für eine Diversifikation in den Telekommunikationsbereich fertig. Das Konzept fand bei Branchenexperten Anerkennung, der Kapitalbedarf von insgesamt € 40 Mio. war allerdings für Venture Capital Gesellschaften zu hoch, für Beteiligungsgesellschaften fehlte der Nachweis der erfolgreichen Geschäftsaufnahme und den Banken fehlten Sicherheiten.

Mit einem Kapitalbedarf in Höhe von 20 Mio. € für die erste Finanzierungsrunde ist eine Größenordnung erreicht, die die meisten Venture Capital Gesellschaften nicht finanzieren, weder alleine noch in einem Konsortium. Daher wurden Gespräche der Initiatoren mit international agierenden Beteiligungsgesellschaften geführt, um hier das Interesse und die Bereitschaft zur Beteiligung zu testen. In diesem Umfeld ist es schon schwieriger als bei Venture Capital Gesellschaften, Termine für eine Präsentation zu erhalten und entsprechend der jeweiligen Kriterien der Entscheidungsgremien haben sich aus diesen Terminen teils lange Listen mit ergänzenden Fragen ergeben. Dies war für die Gründer recht hilfreich, weil so der Entscheidungsprozess bei diesen Unternehmen transparenter wird. Bei einigen Gesprächen sind die Initiatoren sofort mit einer negativen Entscheidung zurückgekehrt, da das Konzept nach den angesetzten Maßstäben zu klein war oder in dieser Phase nicht investiert werden durfte. Diese Begründungen sind zumindest nachvollziehbar, bei anderen Unternehmen kann man sich allerdings über die gestellten Bedingungen nur wundern. So gab es Investoren, die zu einer Investition bereit waren, wenn jeder der Gründer sein gesamtes bisheriges Vermögen als Sicherheit einbringt. Dabei sollten auch eventuell abgeschlossene Lebensversicherungen mit abgetreten werden und jeder sollte persönlich bei der Beteiligungsgesellschaft einen Darlehensvertrag in Höhe von mindestens einer halben Mio. € unterschreiben. So würden die Gründer bei einem Scheitern - aus welchen Gründen auch immer – die gesamten Rücklagen für die Zukunft verlieren! Über dieses Angebot sollte man nicht allzu lange nachdenken. Diese Entscheidung zur Ablehnung hat nichts damit zu tun, dass die Initiatoren nicht an die eigene Geschäftsidee glauben.

Da die Unternehmer in dem Fallbeispiel zwar über langjährige Erfahrungen im operativen Geschäft verfügten, nicht aber im Kapitalmarkt, zeigten die ersten Gespräche mit potenziellen Investoren, dass zusätzliches Know-how erforderlich war. Die Entscheidung für einen Business Angel, d.h. Privatpersonen oder Gesellschaften, die selber oder über ein Netzwerk von Privatpersonen in nicht-börsennotierte Unternehmen investieren, war eine Möglichkeit, um diese Erfahrungen für das Projekt herein zu holen.

Aber auch bei den Business Angeln gibt es schwarze Schafe! Die Initiatoren haben mit einer Reihe von Business Angeln gesprochen, die in der Lage schienen, den benötigten Betrag auf zu bringen. Typischerweise engagieren sich Business Angel bei solchen Projekten, die bis zu einer Million Euro benötigen und nicht bei den in diesem Fall benötigten Größenordnungen. Auch bei der Prüfung des Wegs über Business Angel wurde dem bereits bewährten Procedere gefolgt und den wenigen, geeignet erscheinenden Partnern das Geschäfts-Konzept präsentiert. Nach den ersten Gesprächen blieben zwei Business Angel übrig, für andere war das Investitionsvolumen zu hoch oder das Geschäftskonzept war zu weit weg von ihrem bisherigen Erfahrungsumfeld. Nach den ersten Gesprächen wurden konkrete Angebote zu den Konditionen und der Gestaltung der Umsetzung benötigt. Ein Angebot sah vor, dass der Business Angel einerseits selber mit erheblichen Beträgen investieren wollte und zum anderen für seine Vermittlungsleistung kein Bargeld, sondern erfolgsabhängig Anteile an der Gesellschaft auf Basis der bei der Finanzierung erzielten Bewertung. Das andere Angebot war ein „klassisches“ Beratungsangebot mit einer Zahlung für die Konzepterstellung, einem „Retainer“ als Abschlagzahlung für die Umsetzung und Anteilen für die erfolgreiche Kapitalerhöhung. Bei dem unmittelbaren Vergleich ist schon klar, dass das erste Angebot für den Gründer attraktiver ist. Dies wurde noch dadurch verstärkt, dass der erste Business Angel zunächst sogar weniger Anteile wollte als der Zweite.

Wie bei der Auswahl des richtigen Lieferanten für die Technik gilt auch hier, dass die reinen Konditionen nur die eine Seite der Medaille darstellen. Im Bereich der Finanzierung gilt in vielleicht noch viel weitergehenden Sinne, dass der Inhalt und die Wertigkeit des Angebotes entscheidend sind. Was passiert, wenn die Gesellschaft in gutem Glauben gegründet wird, technische Infrastruktur in zweistelliger Millionenhöhe bestellt ist, Mitarbeiter eingestellt sind und dann das benötigte Kapital nicht zur Verfügung steht? Bei der Analyse von Insolvenzfällen findet sich eine Reihe von Unternehmen, die ein attraktives Geschäftsmodell verfolgen, ein gutes Management haben und trotzdem kein Kapital z.B. für ihr Halbfertig-Lager gefunden haben. Diesen Aspekt der Umsetzungsstärke sollte man sich bei den ausgewählten Finanzierungs-Partnern vor einem Vertragsabschluss daher besonders intensiv ansehen. Referenzen können dokumentierten, ob der Business Angel in der Lage ist, das Vorhaben zu finanzieren. Auch dies kann natürlich auch nur ein Hinweis sein.

Nach verschiedenen Gesprächen wurde ein ehemaliger Banker als Business Angel ausgewählt, der über ein gutes Netzwerk zu Privatinvestoren und Fondsverwaltungen verfügte. Nachdem die Gründer entschlossen waren, den nächsten Schritt zu gehen, wurde mit dem ausgewählten Finanzierungspartner ein Vertrag ausgehandelt und unterzeichnet. Im Hinblick auf die Bedeutung dieser Vereinbarung ist die Hinzuziehung eines erfahrenen juristischen Beraters sinnvoll. Das Geld ist meist gut angelegt und man sollte als Gründer nicht an den falschen Stellen sparen. Die gründliche Prüfung von Verträgen und den möglichen Folgen ist sicherlich so ein Punkt. Mit dem Abschluss des Kapitalbeschaffungs-Vertrags waren nach dem Abschluss der Business Planung und der Erstellung des Umsetzungskonzeptes die wesentlichen Vorarbeiten abgeschlossen bis auf die Aufstellung des Führungsteams für den Start und die Besetzung der Gremien. Mit seiner Hilfe wurden die weiteren Vorarbeiten durchgeführt:

::: Erarbeitung eines Finanzierungsplans

::: Ausarbeitung eines Prospektes

::: Planung und Durchführung von Informationsveranstaltungen

::: Vorbereitung der gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen

::: Ausgabe und Nachverfolgung von Zeichnungsscheinen

::: „Einsammeln“ der Einlagen auf einem Kapitalbeschaffungskonto

Gemeinsam mit unserem Finanzierungspartner wurde das weitere Vorgehen geplant. Um weitere Sicherheit zu gewinnen, wurde eine erste größere Investoren-Veranstaltung geplant. Dabei sollten ca. 50 potenzielle Investoren, die jeweils für eine mögliche Investitionssumme zwischen 250.000 und 500.000 € standen, im Detail informiert werden und die Gelegenheit haben, mit den Gründern ausführlich über die Geschäftsidee und den persönlichen Hintergrund zu diskutieren.

Auf der Grundlage der Erkenntnis, dass die Finanzierung möglich ist, wurde die Gründung als Aktiengesellschaft konkret in Angriff genommen. Der eigentliche Vorgang der Gründung war im Vergleich zu ganzen Vorarbeiten eher unspektakulär. Dann fand die erste Hauptversammlung statt, die mit der Abarbeitung der formalen Beschlüsse überwiegend aus dem Unterzeichnen immer weiterer Unterlagen bestand. Auch in dieser ersten Hauptversammlung musste die Präsenz des stimmberechtigten Eigenkapitals festgestellt und dokumentiert werden. Der Kreis der Gründungsaktionäre bestand damals allerdings nur aus etwa 10 Personen, so dass alles überschaubar war. Wenig erstaunlich ist daher, dass alle Beschlüsse einstimmig getroffen wurden. Die erste Hauptversammlung war relativ schnell vorüber und im Anschluss wurde direkt die erste Aufsichtsratssitzung mit der Wahl eines Vorsitzenden und eines Stellvertreters und - für unsere Handlungsfähigkeit natürlich nicht ganz unwichtig - die Bestellung des Vorstands und des Vorstandsvorsitzenden.

Die Kapitalerhöhung und die Sicherstellung der Kapitalzufuhr zur richtigen Zeit in der richtigen Höhe, war die vordringliche Aufgabe der folgenden Zeit. Da auch in dieser ersten Phase Geld für die notwendigen Anschaffungen und zur Zahlung der Gehälter notwendig war, konnte das Unternehmen ohne die geplante Kapitalzufuhr nicht überleben! So lag der Fokus auf der Vorbereitung und Unterstützung der Kapitalzufuhr. Die Beschlüsse für die Kapitalzufuhr wurden mit den erforderlichen Angaben zum Mindestausgabebetrag, der Frist zur Eintragung im Handelsregister und der notwendigen Mindestkapitalzufuhr für eine Eintragung erstellt und juristisch geprüft. Da die Zeit zur Abwicklung der Kapitalerhöhung knapp zu werden drohte, wurde beschlossen, die benötigte Kapitalzufuhr auf zu teilen in zwei Tranchen. Dabei ist zur Absicherung der investierenden Aktionäre eine Hürde eingebaut. Wenn zum Stichtag nicht das im Kapitalerhöhungsbeschluss geforderte Mindestvolumen gezeichnet und auf ein Sonderkonto eingezahlt ist, gilt die Kapitalerhöhung als nicht erfolgreich. In diesem Fall müsste das ganze bis dahin eingezahlte Kapital wieder zurück überwiesen werden. Für den beschriebenen Fall würde dies natürlich bedeuten, dass immer noch keine Technik für den Aufbau bestellen werden konnte und das Vorhaben nach einem kurzen Start wieder am Ende wäre. Im Vorfeld war jedenfalls das Mögliche getan worden bei der Auswahl des Business Angels und der Durchführung der Investorenveranstaltung. Da aber kein großer Investor als Leadinvestor vorhanden war, sondern in der ersten Phase auf Privatinvestoren und Fonds gesetzt wurde, bestand aber weiterhin eine nicht unerhebliche Unsicherheit.

Im Laufe der Zeit gingen nach formaler Umsetzung der Kapitalerhöhungsbeschlüsse die Zeichnungsscheine ein und zwar mal bei der Gesellschaft und mal bei dem Finanzierungspartner. Dann gab es natürlich die Fälle, bei denen Zeichnungsscheine zurück kamen, bei denen der Text durch Streichungen oder Ergänzungen verändert wurde. In diesen Fällen musste hinterher telefoniert werden, schließlich können die Aktien nur zu den festgelegten und beim Handelsregister hinterlegten Bedingungen ausgegeben werden. Zwei Wochen vor Ablauf der Frist war das erforderliche Volumen noch nicht erreicht und es waren weitere Erinnerungsanrufe erforderlich. Natürlich gab es auch die Fälle, dass verbindliche Zeichnungsscheine vorlagen, aber das Kapital nicht rechtzeitig auf dem Sonderkonto einging. Diese Investoren konnten natürlich für diese Runde nicht berücksichtigt werden. Zwischenzeitlich hing alles an der Entscheidung von zwei Fonds, die eigentlich schon mündlich zugesagt hatten. Diese Phase erfordert von Management und Business Angel einen vollen Einsatz.

Zu guter letzt wurde zum Stichtag das erforderliche Minimum an Zeichnungen sicher erreicht und die entsprechenden Einzahlungen auf dem Kapitalerhöhungssonderkonto lagen vor. Es gab sogar bereits verbindliche Zeichnungen für die zweite Tranche.

Nach der erfolgreichen Kapitalerhöhung, bei der sich der Business Angel auch selber beteiligt hat, übernahm er die Vertretung der Investoreninteressen in dem neu geschaffenen Aufsichtsgremium. Als Kompensation für seine Leistungen hat er kostenfrei eine vorher vereinbarte Anzahl von Anteilen erhalten.

Erfolgsfaktoren für die Zusammenarbeit

Damit die Zusammenarbeit mit einem Business Angel erfolgreich ist, muss sichergestellt sein, dass er die notwendigen Erfahrungen entweder aus dem operativen Geschäft oder aus dem Kapitalmarkt mitbringt. Bei der üblicherweise sehr engen Zusammenarbeit mit einem Business Angel sollte die Auswahl von beiden Seiten sehr sorgfältig erfolgen, da die „Chemie“ eine wichtige Rolle spielt. Die Regeln für die Zusammenarbeit und die Kompensation sollten unbedingt in einer vertraglichen Vereinbarung festgehalten werden.

In vielen Städten finden regelmäßig Business Angel Stammtische statt, bei denen Unternehmer ihre Geschäftsideen präsentieren können. Es gibt zudem verschiedene Netzwerke, über die der Kontakt zu geeigneten Business Angels hergestellt werden kann.
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