Pressemitteilung, 16.10.2007 - 09:43 Uhr
Perspektive Mittelstand
Unternehmen schlecht gerüstet für demographischen Wandel
(PM) , 16.10.2007 - Staat und Wirtschaft müssen Barrieren für ältere Arbeitnehmer beseitigenVon Gunnar SohnBonn/Nürnberg – Die deutschen Unternehmen sind immer noch nicht ausreichend für den demographischen Wandel gerüstet. Obwohl seit Jahren über das Thema diskutiert wird, hat sich an der betrieblichen Wirklichkeit zumindest in einigen Punkten noch nichts Entscheidendes geändert. Dabei ist es die größte Herausforderung für die Unternehmen in den nächsten 15 Jahren, sich auf ältere Belegschaften einzustellen. Betriebliche Maßnahmen für diese Gruppe sind aber noch eher selten, zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) www.iab.de in Nürnberg. Der Anteil der Betriebe mit Maßnahmen für Ältere sei zwischen 2002 und 2006 sogar von 19 auf 17 Prozent zurückgegangen.Laut IAB-Studie mangelt es an Maßnahmen zur Gesundheitsförderung, Weiterbildung und Motivation. Nur 26 Prozent aller Beschäftigten seien 2005 bei der Weiterbildung von ihren Unternehmen unterstützt worden. Auch bei den Einstellungen älterer Mitarbeiter machen die Forscher Defizite aus. Nur zehn Prozent der im ersten Halbjahr 2006 eingestellten Personen waren älter als 50 Jahre. Damit waren sie bei Neueinstellungen deutlich unterrepräsentiert. Zum Teil sei dieser Mangel aber auch darauf zurückzuführen, dass den Betrieben gar keine Bewerbungen Älterer vorlägen. „Den Grund hierfür sollte man nicht nur bei den Älteren suchen. Das so genannte Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz hat die Situation für die Generation 50 plus erschwert und nicht erleichtert. Am guten Willen muss man nicht unbedingt zweifeln, de facto diskriminiert es aber die Älteren, wenn Unternehmen nicht mehr gezielt Stellen für diese Leute ausschreiben dürfen, damit sie nicht in den Verdacht kommen, jüngere Bewerber zu diskriminieren“, sagt Marc Emde, Geschäftsführer der Kirch Personalberatung www.kirchconsult.de in Köln. Wer die „alten Hasen“ für das Berufsleben reaktivieren will, wird nach Markterfahrungen von Udo Nadolski, Geschäftsführer des Düsseldorfer IT-Beratungshauses Harvey Nash www.harveynash.com/de erheblich behindert. „Ich wollte einen älteren Kollegen, der sich schon im Vorruhestand befand, mit seinem enormen Erfahrungswissen für ein Projekt in der Informationstechnik beschäftigen. Ich habe ihn angerufen. Der Kollege sagte zu und wollte sich informieren, was für ihn möglich sei. Was kommt dabei raus? Wenn Sie zwischen dem 60. und dem 65. Lebensjahr in den Vorruhestand gehen, haben Sie eine Zuverdienst-Grenze von 340 Euro. Und wenn Sie einmal im Vorruhestand sind, dann kommen Sie auch nicht mehr so einfach raus. Das kann doch nicht sein“, bemängelt Nadolski. Einen Ausbau der staatlichen Transferleistungen für ältere Menschen, hält er für unzureichend. „Das ist reines Wahlkampfgetöse von Politikern wie Jürgen Rüttgers oder Kurt Beck. Die sollten erst mal ihre Hausaufgaben machen und die Altersdiskriminierung der bestehenden Gesetzesregelungen abschaffen. Durch den Konjunkturaufschwung ist zwar die Arbeitslosigkeit der über 50-Jährigen von rund 1,1 Millionen im September 2006 auf 900.000 im September 2007 abgesunken. Eine dauerhafte Trendwende ist das aber noch nicht“, erläutert Nadolski. Emde verweist darauf, dass es aufgrund des demographischen Wandels zwar noch keinen generellen Arbeitskräftemangel gebe. „In bestimmten Branchen stellen wir diesen Mangel jedoch schon fest, zum Beispiel bei Ingenieuren“, so der Einige ältere Ingenieure hätten sich in den letzten Jahren auf der sicheren Seite gefühlt und zu wenig für ihre Fortbildung getan. Sie seien jetzt schwer vermittelbar, wobei der Handlungsdruck enorm sei, da aktuelle Aufträge von Firmen abzuarbeiten seien. Emde zieht daher folgende Konsequenz: „In bestimmten Segmenten – die gilt beispielsweise für Ingenieure – reicht es nicht mehr aus, nur auf dem deutschsprachigen Markt, also in Deutschland, Österreich und der Schweiz und vielleicht auch noch in den Niederlanden zu suchen. Der europäische und außereuropäische Markt wird bei der Rekrutierung immer wichtiger. Kirchconsult vermittelt daher gezielt Ingenieure beispielsweise aus Polen nach Deutschland.“