Pressemitteilung, 20.08.2007 - 16:26 Uhr
Perspektive Mittelstand
Unions-Urgestein Wulf Schönbohm: Merkel führt CDU in den Niedergang
(PM) , 20.08.2007 - „Jungkonservative“ wollen eigene Karrieren nicht wegen Kritik an Kanzlerin gefährdenVon Ansgar Lange Bonn/Hamburg – Dass Deutschland immer noch eine merkwürdige Demokratie mit einer häufig handzahmen Presse ist, lässt sich daran ablesen, dass die Kritik an der Bundeskanzlerin Angela Merkel fast völlig verstummt ist. In einem fulminanten Beitrag für Welt-Online www.welt.de macht Wulf Schönbohm jetzt darauf aufmerksam, dass die Frau an der Spitze die „CDU in den Niedergang“ führen könnte. Es tut hier nichts zur Sache, ob der Autor vielleicht vom Saulus zum Paulus geworden ist. Seine Thesen laden zum Nachdenken ein, denn schließlich versteht Schönbohm etwas von der Sache. Zwischen 1968 und 1978 gehörte er sämtlichen Programmkommissionen der CDU an und galt innerhalb der Partei als Reformer. Unter Heiner Geißler und Peter Radunski leitete er von 1983 bis 1989 die Grundsatz- und Planungsabteilung in der CDU-Geschäftsstelle. Später leitete er die Grundsatzabteilung der baden-württembergischen Staatskanzlei und von 1997 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 2004 das Türkei-Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) www.kas.de. Schönbohm beginnt sogleich mit einem Paukenschlag: „Angela Merkel ruiniert das konservative Profil der Union und macht sich zum blinden Erfüllungsgehilfen der linken Mitte – auch auf Kosten ihrer eigenen Parteifreunde. Wenn dies so weitergeht, wird die Union in der politischen Einheitssoße der Republik versinken.“ Der Autor hält Merkel für eine schlechte Wahlkämpferin. Sie habe Angst vor Emotionen, sie zeige keine und mobilisiere auch keine – „dabei ist ohne Emotionen eine Mobilisierung der Partei und Wähler nicht möglich“. Sie stamme aus dem Osten und sei eine Frau; doch aus keinem der beiden Fakten habe sie Kapital geschlagen. Konservative Parteifreunde habe sie an den Rand gedrängt: Sie habe die Kandidatur Schäubles für das Präsidentenamt hintertrieben, Friedrich Merz erst hintergangen und dann bewusst nicht mehr integriert, und die Vergabe des Friedensnobelpreises an Helmut Kohl habe sie ebenfalls hintertrieben. Ungewöhnlicher ist schon, dass sich Schönbohm in puncto Oettinger und Hohmann gegen Frau Merkel stellt. Den baden-württembergischen Ministerpräsidenten habe sie nach seiner missglückten Filbinger-Rede nicht nur im Regen stehen, sondern sogar „auf brutalstmögliche Weise öffentlich vorgeführt“. „Das krasseste Beispiel unsolidarischen Verhaltens ist das gegenüber dem CDU-Abgeordneten Hohmann, dessen kritisierte Rede sicherlich politisch dumm, aber nicht antisemitisch war. Trotzdem wurde er auf Betreiben von Angela Merkel aus der Bundestagsfraktion und aus der CDU ausgeschlossen“, schreibt der Autor. Sein Fazit: „Wenn die Medien, wenn die Linken toben, kennt Angela Merkel keine Parteifreunde mehr, sondern wird zum Vollzugsorgan ihrer Kritiker.“ Dass ein prominenter Funktionsträger der Union jahrelang seine Ehefrau mit einer Geliebten betrogen habe, befähige ihn nicht mehr dazu, ein hohes politisches Amt auszuüben. Wer sich privat so verhalte, dem könne man auch politisch nicht mehr recht über den Weg trauen. All diese Grundsätze habe die Union über Bord geworfen. Gleiches gelte für die Familienpolitik. Frau von der Leyen und die Kanzlerin verfolgten ein „original sozialdemokratisches“ Konzept. Während der Einfluss des Staates auf die Erziehung der Kinder immer weiter wachse, werde die Verantwortung und die Freiheit der Eltern beschnitten. Gibt denn zumindest die Demoskopie der „gefühligen, scheinliberalen Politische-Mitte-Soße“ recht, die von Merkel angerührt wird? Das sei nicht der Fall, denn trotz guter Wirtschaftskonjunktur und aller Gipfelerfolge liege die Union bei stabil unter 40 Prozent. Könnte ein „jungkonservativer Aufbruch“ Abhilfe schaffen, fragt der Historiker und Publizist Martin Hoschützky in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Gegengift www.gegengift-verlag.de? Der Anlass für seine Überlegungen ist das „Kaffeekränzchen“ (FAZ) bestehend aus dem CSU-Generalsekretär Markus Söder, dem CDU-Fraktionschef im baden-württembergischen Landtag, Stefan Mappus, dem Vorsitzenden der Jungen Union, Philipp Missfelder, und Hendrik Wüst, dem Generalsekretär der NRW-CDU. Hoschützky bringt die Problematik dieses Kreises auf den Punkt: „Die Politik der Kanzlerin soll nicht infrage gestellt und gleichzeitig die im konservativ gestimmten Teil der Unions-Anhängerschaft verbreitete Kritik am Kurs der Partei und den Koalitionskompromissen aufgefangen werden“. Nach dem Abgang von Jörg Schönbohm lasse sich kaum ein Politiker mit konservativem Profil in CDU und CSU ausmachen. Der Rückzug Schäubles aus der Politik sei ebenfalls absehbar. Die „Jungkonservativen“ wollten in diese Marktlücke stoßen, so die Analyse des Gegengift-Autors. Mit konservativen Ansichten haben ihre Überlegungen also nichts zu tun: „Sie nutzen lediglich medienwirksam das Schlagwort des modernen Konservativismus als Vehikel für den Aufstieg ihrer Seilschaft, ohne sich wirklich auf konservative Positionen einlassen zu wollen.“ Merkel kann also in Ruhe weiter regieren – und die programmatische und intellektuelle Auszehrung ihrer Partei vorantreiben.