Fachartikel, 06.11.2008
Perspektive Mittelstand
Telekommunikation in Deutschland – Teil 2
Risiken der digitalen Spaltung
IP-TV, Voice-over-IP (VoIP), Online-Games, Videos - die zunehmende Bedeutung des Internets als Informations-, Kommunikations- und Entertainmentplattform und der damit einhergehend wachsende Bedarf an immer höheren Bandbreiten stellt neue Anforderungen  an die Provider. Gleichzeitig erhöht sich auch das Risiko der digitalen Spaltung. Die zentrale Frage lautet daher: Wie auf die Entwicklung reagieren?
Beziehungsnetze ändern Lebensgewohnheiten

Seit 2003 sind eine Reihe von unterschiedlichen „sozialen“ Netzwerken entstanden, die mit Web2.0 Funktionalitäten wesentlich auf der Selbstgenerierung von Inhalten durch die Nutzer basieren. „MySpace“ hat als einer der recht früh (2003) gegründeten Netzwerke bereits 235 Millionen registrierte Mitglieder! „studiVZ“ und „SchülerVZ“ erreichen im deutschsprachigen Raum 5,5 bzw. 4 Mio. Nutzer, obwohl sie erst 2005 entstanden sind. „meinVZ“ als Netzwerk für Absolventen hat bereits im ersten Jahr über eine Million Mitglieder.

Der Bilderdienst „flickr“ (2005 gegründet) hat heute 7 Mio. Nutzer und 5.000 Seitenzugriffe pro Minute. Geradezu unvorstellbar ist die Entwicklung bei „YouTube“ (2005 gegründet). Täglich werden 65.000 Videos neu eingestellt und 100 Millionen Videos betrachtet. Damit erzeugt „YouTube“ alleine 10 % des gesamten Internet-Verkehrs oder 20 % des http-Verkehrs weltweit. Dies lässt die Dimensionen der zu erwartenden Veränderungen abschätzen. Neben den genannten gibt es eine ganze Reihe weiterer Netzwerke mit ähnlichen Wachstumsraten und es entstehen laufend neue.

Auch im professionellen Bereich sind neue Geschäftsmodelle entstanden, die Nutzer und Akzeptanz finden. Als Netzwerk der Berufstätigen hat sich „Xing“ etabliert. 2007 konnte mit 4 Mio. Nutzern ein Umsatz in Höhe von 20 Mio. € getätigt werden (Gründung 2003 unter dem Namen „OpenBC“). Noch bemerkenswerter ist die Entwicklung des Auktionsportals „ebay“, das bereits im Jahr 1995 gegründet wurde. Im Jahr 2007 haben 276 Mio. registrierte ebay-Nutzer 2,3 Mrd. Artikel im Wert von 59 Mrd. $ gekauft oder verkauft. Diese Umsätze wurden früher zum großen Teil über Einzel- oder Versandhandel abgewickelt. Dabei steht „ebay“ als eCommerce-Anbieter nicht alleine, „Amazon“ hat eine ähnlich rasante Entwicklung geschafft und ist schon lange über den Internethandel mit Büchern hinaus. 2007 wurden Waren im Wert von fast 15 Mrd. $ umgesetzt, der aktuelle Unternehmenswert liegt bei fast 18 Mrd. $. Auch „Scout24“ (seit 2006 eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom) steht für die Veränderungen durch das Internet. Das erzielte Transaktionsvolumen lag 2006 bei 43 Mrd. €. Bei „Scout24“ werden z.B. monatlich 300.000 Autos vermittelt, 30.000 Auto-Händler nutzen die Plattform. „Scout24“ bietet aber auch 1 Mio. Wohnungen, Häuser und Grundstücke in über 80 Ländern an und erzielt hier 600 Mio. Seitenaufrufe pro Monat und 2,5 Mio. Besucher. Im Bereich der Job-Vermittlung enthält „Scout24“ 22.000 Stellenangebote von 2.500 Unternehmen. In diesem Umfeld gibt es neben den genannten eine Reihe von weiteren Anbietern. Selbst der streng regulierte Bereich des Medikamenten-Handels wird durch Online-Apotheken bedroht. „DocMorris“ ist ein Beispiel für einen der in diesem Bereich erfolgreich tätigen Unternehmen.

Den Trend zur Individualisierung unterstützt das Internet mit Weblog oder kurz Blogs, die von einzelnen Nutzern, Gruppen oder auch Unternehmen eingerichtet werden und der Kommunikation zu den unterschiedlichsten Inhalten dienen. Mitte der 90er Jahre kamen die ersten Blogs auf, heute gibt es mehr als 20 Mio. Blogs. In Deutschland betreiben 8,4 % aller Internetnutzer einen Blog und diese Zahl steigt weiter an. Die regelmäßige Nutzung des Internets führt auch zu Änderungen im privaten Bereich und Online-Partner-Vermittlung sowie Dating-Dienste bieten ihre Dienstleistungen über das Internet an. Jede achte Beziehung geht heute schon auf Kontakte im Internet zurück!

Neben der Nutzung des Internets durch Menschen und Unternehmen ist ein weiterer Entwicklungs-Schub durch die Vernetzung von Geräten und Maschinen zu erwarten. Es ist absehbar, dass alle elektrischen und elektronischen Geräte eine eigene URL erhalten und mit anderen Geräten kommunizieren. Dabei können Steuerungs-, Mess- und Prozess-Daten untereinander oder mit anderen Systemen ausgetauscht werden. Defekte Geräte können sich möglicherweise rechtzeitig selber melden und zusammen wirkende Systeme können miteinander kommunizieren, im Straßenverkehr z.B. Autos mit Autos und Autos mit der Straße und diese wiederum mit den Verkehrsleitzentralen. Diese Entwicklung der „Machine-to-Machine“-Kommunikation ist auch bekannt unter der Bezeichnung „Internet-der-Dinge“ und kann weitgehende Auswirkungen zeigen. Die Nutzung von RFID-Tags in Produktion und Logistik ist aus Effizienz-Gründen bereits vielfach vollzogen.

Die aufgeführten Beispiele könnten weiter ergänzt werden, auf jeden Fall demonstrieren sie, dass das Internet in vielen Bereichen Veränderungen gebracht hat und es gibt kaum einen Bereich des beruflichen und privaten Lebens, der hiervon unberührt geblieben ist. Branchen wie z.B. Musikindustrie, Reisebüros, Einzelhandel und Buchhandel haben durch das Internet erhebliche Einbussen oder Veränderungen erfahren, bei Videotheken ist zu befürchten, dass dieses Geschäftsmodell dank digital und online verfügbarer Filme zukünftig stark an Bedeutung verlieren wird.

Auch im privaten Bereich ändern sich Gewohnheiten und die Möglichkeiten zu Kontakten, so dass der Austausch mit anderen Menschen nicht mehr auf die nähere geographische Umgebung begrenzt bleiben. Die Globalisierung ist in der Online-Welt und dank des Internets weitgehend unbeschränkt möglich. Ob die mit der Internet-Nutzung einhergehende Anonymisierung für den Menschen auf Dauer Vorteile bringt, kann sicher nicht abschließend beurteilt werden.

Risiken durch digitale Spaltung („Digital Divide“)

Bei der rasant steigenden Bedeutung des Internet auf allen Ebenen des Lebens ist es wichtig, dass es nicht zu ungewollten Abspaltungen („Digital Divide“) von einzelnen Bevölkerungsgruppen kommt. Es gibt traditionell gesellschaftliche Gruppen, die der Internet-Nutzung weniger offen gegenüber stehen. Dabei schließt sich die immer noch vorhandene Lücke zwischen Männern und Frauen zunehmend. Die ältere Generation ist aber bei weitem noch nicht ausreichend eingebunden. In anderen Ländern geht dies auch anders. Insbesondere in den skandinavischen Ländern sind ältere Menschen relativ gesehen mehr als doppelt so oft im Internet wie die gleiche Altersgruppe in Deutschland. Wenn die physische Mobilität der Menschen im Alter abnimmt, kann das Internet eine sinnvolle Alternative bieten. Es sind in diesem Bereich aber verschiedene Programme erforderlich, um älteren Menschen den Einstieg in die „neue“ Welt zu erleichtern.

In Schulen wird in Deutschland zu wenig „online“ gearbeitet. Andere Länder sind uns hier deutlich voraus. Um den hohen Lebens-Standard in Deutschland nachhaltig zu sichern, sind Maßnahmen im Bildungsbereich unerlässlich. Internet ist dabei nur ein Element – allerdings von besonderer Bedeutung, um die Bildung den individuellen Fähigkeiten und Interessen an zu passen. Kinder und Jugendliche sollten frühzeitig lernen, dass das Internet mehr bietet als Online-Games und Chats mit Freunden! Besonders bedenklich stimmt, dass viele Schulen in Deutschland noch nicht mal einen Breitbandanschluss haben, während in den Niederlanden Schulen zum Teil schon mit 1 GBit/s angebunden werden.

Bei Unternehmen ist ein erheblicher Unterschiede im Grad der Nutzung von Internet und Online-Diensten fest zu stellen. Viele kleinere Unternehmen haben noch keine eigene Internet-Präsenz oder sind auf Online-Ausschreibungen richtig vorbereitet. Zukünftig wird aber bei Aufträgen durch Unternehmen und öffentliche Einrichtungen in zunehmendem Maße nur noch den Weg über Online-Ausschreibungen geben, so das Kenntnisse und Erfahrungen im eProcurement unerlässlich sind. Es gibt viele Geschäftsprozesse, die vorteilhaft durch Digitalisierung und Internet optimiert werden können! Digitalisierung und Internet-Nutzung fördern die Kooperation zwischen Unternehmen, um flexibler auf Kundenanforderungen und Wettbewerbsangebote reagieren zu können.

Sowohl für private Bürger wie für Unternehmen kritisch ist die drohende Abkopplung des ländlichen Raums von der Breitbandversorgung. Dies kann zu einer erheblichen Benachteiligung führen und zu einer tatsächlichen Spaltung der Gesellschaft! Ein Grund für diese Entwicklung ist in der Tatsache zu suchen, dass Breitband nicht zu der staatlichen Grundversorgung gehört, wie z.B. der Telefonanschluss oder der Briefkasten. Schon heute ist die Breitbandversorgung ein entscheidender Standortfaktor und kann für den Zuzug oder Verbleib eines Unternehmens an einem Standort ausschlaggebend sein. In der Bildung können sich Nachteile für Schüler ergeben, wenn kein Breitbandanschluss verfügbar ist. Da die Breitband-Versorgung nicht zur Grundversorgung gehört, treffen die Netzbetreiber die Entscheidung für oder gegen einen Netzausbau unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten. In anderen Ländern ist dies anders und so investieren staatliche oder kommunale Organisationen in Asien, aber auch in den Niederlanden oder in Skandinavien in den Netzausbau. In Deutschland kommt erschwerend hinzu, dass die Deutsche Telekom als der Anbieter mit der größten Flächenpräsenz als Börsen notiertes Unternehmen zur Vorlage guter Quartalszahlen gezwungen ist. Andere nationale Wettbewerber sind teilweise noch nicht in der Fläche tätig oder verfügen nicht über die erforderlichen Kapitalmittel.

Optionen für die Verbesserung des Breitbandausbaus in der Fläche

Der Breitbandausbau in der Fläche ist teuer. Nach Expertenschätzung ist für einen flächendeckenden Ausbau mit Glasfaser (allerdings ohne den Hausanschlussbereich) Investitionen in Höhe von 30 bis 50 Mrd. € erforderlich. Dies ist sicher für keinen der Anbieter alleine zu schaffen. Aufgrund der oben aufgeführten Randbedingungen sind die Investitionen in den Breitband-Ausbau in Deutschland im Vergleich zu anderen Industrie-Staaten erschreckend gering. Mit ca. 70 € pro Einwohner liegen die Investitionen gerade bei der Hälfte des europäischen Durchschnitts (150 €) und bei fast einem Viertel der Pro-Kopf-Investitionen in den USA (260 €). In Asien werden sogar 400 € pro Kopf investiert (allerdings bei einem deutlich höheren Aufholbedarf)!  Bei dieser Entwicklung droht Deutschland mittelfristig von der technologischen Entwicklung abgekoppelt zu werden. Neben der fehlenden Grundversorgungs-Verpflichtung sind auch die staatlichen Investitionen in Form von Fördermitteln für den Netzausbau nur mäßig hoch. Es wäre von Vorteil gewesen, wenn man bei der Privatisierung der Deutschen Telekom die Netzinfrastruktur heraus gelöst und sie entweder weiter unter staatlicher Hoheit belassen (wie bei den Autobahnen oder den Gleis-Trassen der Deutschen Bahn) oder an einen eigenständigen Anschluss-Netzbetreiber in Lizenz vergeben hätte, Mit dem Börsengang der Deutschen Telekom sind solche Überlegungen allerdings hinfällig geworden.

Der Ausweg für betroffene Regionen kann nur in Eigeninitiative und Kooperationen liegen. Typischerweise gibt es in vielen Kommunen keine ausgewiesenen Kompetenzen im Breitbandbereich und keine eindeutigen Zuständigkeiten. Daher fällt schon die grundsätzliche Bearbeitung von Fragestellungen rund um die Breitbandversorgung nicht selten schwer. Oft müssen Kommunen alleine, oder vertreten durch die Wirtschaftsförderungs-Gesellschaften, auf die Suche nach dem richtigen Anbieter gehen und nach einer Vorauswahl erste Gespräche führen. Dabei hat es sich bewährt, wenn schon im Vorfeld Information über Marktpotenziale und konkrete Nachfrage gesammelt werden. Auch ist es hilfreich, einen Kriterienkatalog für die Auswahl zu erstellen. Für die Erhebung von Marktinformationen ist eine aktive Öffentlichkeitsarbeit hilfreich und notwendig. Die Koordination der unterschiedlichen beteiligten Ämter, Organisationen und Unternehmen ist schon für sich gesehen eine anspruchsvolle Aufgabe.

Für die Projektarbeiten von den Voranalysen über die Anbieterauswahl bis zur eigentlichen Umsetzung kann die Gründung einer Breitbandinitiative sinnvoll sein, in der Mitarbeiter sich schwerpunktmäßig nur diesem Thema widmen. Damit dies erfolgreich sein kann, muss ein Budget bereitgestellt werden und möglichst alle betroffenen Gruppen frühzeitig eingebunden werden. Der Erfolg hängt nicht unwesentlich an der Motivation und Erfahrung des Leiters der Breitbandinitiative. Auf Landesebene kann die Schaffung eines Breitbandkompetenz-Zentrums vorteilhaft sein, um die Kommunen bei der Bearbeitung von Fragestellungen rund um die Breitbandversorgung zu beraten und zu unterstützen. Ein wichtiges Element der Unterstützung wird die Beratung bei der Finanzierung sein. Für die Projektarbeit kann neben öffentlichen Budgets die Nutzung von Fördermitteln in Betracht kommen.

Gespräche mit den möglichen Netzbetreibern, allen voran der Deutschen Telekom als dem Netzbetreiber mit der höchsten Anschlussdichte können Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Auf jeden Fall sollten mehrere Anbieter zu einem Termin eingeladen werden, um die unterschiedlichen Konzepte vergleichen zu können. Für die Gespräche ist es hilfreich, wenn nicht nur vorhandene allgemeine Bedarfsinteressen von Bürgern und Unternehmen gebündelt werden, sondern auch Unterstützung durch die Bereitstellung von Leerrohren, Masten oder die teilweise Übernahme von Arbeiten zur Verlegung von Kabeln angeboten werden kann.

Trotzdem wird dies nicht in jedem Fall ausreichen, um einen der großen Netzbetreiber zu einem Netzausbau in der betroffenen Region zu bewegen. Entweder sind die Einwohnerzahlen zu gering, die topographischen Bedingungen zu schwierig, oder die Prioritäten anders gesetzt. In diesen Fällen können regionale, mittelständisch aufgestellte Betreibergesellschaften einen Ausweg bieten. Für den Erfolg der Kooperationen ist es notwendig, dass sich die Partner auf die jeweiligen Kernkompetenzen konzentrieren und jede Art der Doppelarbeit vermieden wird. Durch die regionale Nähe lassen sich fallweise die Voraussetzungen für den Netzbetrieb und die Gewinnung sowie die laufende Kundenbetreuung leichter und schneller schaffen, als dies einem nationalen Netzbetreiber möglich ist.

Vergleich der Breitband-Anschlusstechnologien

Bei einem Vergleich der eingesetzten Anschluss-Technologien zeigt sich in Deutschland im internationalen Vergleich eine Besonderheit. Ende 2007 waren nach einer Auswertung des Branchenverbandes Bitkom immer noch 96 % aller Breitbandanschlüsse in DSL-Technologie ausgebaut, knapp 4 % entfallen auf Kabelmodem der Kabelnetzbetreiber und eine sehr geringe Anzahl auf Satelliten-Technologie und andere Anschluss-Technologien. Die Kabelnetzbetreiber haben erst relativ spät angefangen, ihre Netze Rückkanalfähig zu machen. Dies bedingt die noch geringe Versorgungsdichte. Durch weitere Ausbau und Vermarktungsaktivitäten kann es aber zu langsam steigenden Werten kommen.

Für den Netzausbau sollten die verschiedenen verfügbaren Technologien bewertet werden. Mittelfristig zukunftssicher, aber auch am teuersten im Ausbau ist der Anschluss der Haushalte mit Glasfaser (Fiber-to-the-Home), da so mindestens 100 MBit/s möglich sind. Sofern der Bandbreiten-Bedarf kurzfristig nicht so hoch ist, können auch andere Breitband-Technologien berücksichtigt werden, wie z.B. der Ausbau der HVT und KVZ oder eine Anbindung per Funk (z.B. mittels WiMAX mit bis zu 4 MBit/s). Auch Mischformen können wirtschaftlich sinnvoll sein, z.B. die Versorgung der DSLAMs mittels Richtfunk und die Verteilung über die bestehenden Hausanschlussleitungen. Für abgelegene Objekte kann auch eine Satelliten-Anbindung als Alternative dienen. Allerdings ist die Bandbreite dann auf 1 MBit/s begrenzt. Innerhalb von Kommunen muss die optimale Versorgung anhand der Ist-Situation konzipiert werden. Dabei spielt nicht zuletzt die Möglichkeit zur Anbindung an ein leistungsfähiges Backbone-Netz für die Zu- und Abfuhr des Datenverkehrs eine erhebliche Rolle.

Mobile Breitbandanschlüsse spielen bei dieser Betrachtung noch keine Rolle. Zwar waren Ende 2007 bereits 10 Mio. UMTS-Anschlüsse registriert und bis Ende 2008 sollen es 16 Mio. Anschlüsse sein. Allerdings erfüllen erst Anschlüsse nach dem HSDPA-Standard die Anforderung nach Breitbandigkeit mit mehr als 1 MBit/s im Download. Trotzdem ist mittelfristig mit einer Konkurrenz durch schnelle Mobilfunkanschlüsse zu rechnen. Auf die Marktsituation wird dies kaum Einfluss nehmen, da die Mobilfunknetzbetreiber angekündigt haben, den HSDPA-Ausbau insbesondere in den Ballungsgebiete vor zu nehmen. Für ländliche Regionen ist der HSDPA-Ausbau in der Regel unwirtschaftlich, da der Zellenradius einer HSDPA-Basisstation nur ca. 1 km beträgt.

Die Deutsche Telekom hat im Jahr 2007 den neuen Breitbanddienst VDSL mit Bandbreiten von bis zu 50 MBit/s eingeführt. Die Netzinfrastrukturen wurden in Großstädten bereits weitgehend flächendeckend aufgebaut. Aufgrund regulatorischer Restriktionen wird dieser schnelle Breitband-Anschluss nur in Verbindung mit IP-TV („Entertain“) und ausschließlich an Privatkunden vermarktet. Über einen geplanten Netzausbau mit VDSL in ländlichen Regionen ist bislang nichts bekannt und es ist eher unwahrscheinlich, dass diese Technologie in einem mittelfristigen Zeitraum auch in der Fläche verfügbar sein wird. In vielen Regionen wird der Ausbau der bestehenden Telefonanschlüsse zu DSL-Anschlüssen duch die Deutsche Telekom oder einen alternativen Anbieter der schnellste und kostengünstigste Weg zur Schließung von Versorgungslücken sein. Aber auch für den Ausbau eines Hauptverteiler (HVT) fallen einmalige Investitionskosten in Höhe von ca. € 70.000 an, sowie Kosten für die Anbindung an ein Backbone. Auch für eine Kleinstadt müssen nicht selten mehrere HVT ausgebaut und angebunden werden. Ein alternativer Anbieter muss zudem die Portierungskosten in Höhe von € 39 je Kunde an die Deutsche Telekom zahlen (neben den Kosten für Marketing, Vertrieb, Billing, Kundenbetreuung etc.).

Als Alternative zu Leitungs-gebundenen Breitbandanschlüssen verspricht WiMAX als standardisierte Funklösung eine schnelle und kostengünstige Erschließung von insbesondere ländlichen Regionen. Auch bietet WiMAX die Möglichkeit, den Breitbandanschluss portabel und personenbezogen zu machen, allerdings mit begrenzten Bandbreiten von maximal 4 MBit/s, die im Vergleich zu den leitungsgebundenen Lösungen doch recht begrenzt erscheint. Nach der Versteigerung der Lizenzen Ende 2006 schien es zunächst neuen Schwung für WiMAX zu geben, der allerdings bald wieder deutlich abgeflacht ist. Fünf Unternehmen haben Lizenzen für den Netzaufbau mit WiMAX erworben. Die Investitionen für den Aufbau eines WiMAX-Netzes sind nicht unerheblich. Für eine Basisstation mit sechs Sektoren sind ca. € 100.000 zu veranschlagen, für einen Rundstrahler mit einem Sektor ca. € 20.000 und für die Anbindung an ein Backbone-Netz ca. € 25.000. Schließlich sind noch Kosten für Infrastrukturmaßnahmen (z.B. Mast) in Höhe von ca. € 5.000 zu rechnen. Nicht unerheblich sind auch die Funkmodems je Teilnehmer, die mit steigenden Teilnehmerzahlen bei ca. € 100 liegen werde.

Kleinere Ortschaften werden versuchsweise mit einer lizenzfreien WiFi / WLAN-Technologie versorgt. Dies kann grundsätzlich eine Alternative für eine leitungsgebundene Versorgung sein, bedeutet aber eine hohe Eigeninitiative in den Kommunen und das Vorhandensein von technischen Experten für Netzplanung und Aufbau. Ein wesentliches Problem dieser Art von Netzaufbau ist oft die Sicherstellung der notwendigen Anbindung an vorhandene Backbone-Netze sowie die Umsetzung hochwertiger Sprachdienste.

Nur in wenigen Fällen wird eine Entscheidung für eine einzelne Technologie ausreichen. Mithilfe von Funktechnologien lassen sich schnell Versorgungslücken schließen, über den Ausbau der Hauptverteiler (HVT) der Deutschen Telekom, um einen schnellen DSL-Anschluss zu realisieren bis hin zur Verlegung von Glasfasern bis zum Hausanschluss (FTTH). Mit einem Glasfasernetz können die bereits gegebenen Bandbreitenbedürfnisse vieler Unternehmen abgedeckt und zukünftige Anforderungen von Organisationen und Privathaushalten befriedigt werden.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass zwar die Zahl alternativer Breitband-Anschlusstechniken steigt, aber für Regionen außerhalb der Ballungsgebiete bleibt es auf absehbare Zeit bei DSL als der dominierenden Technologie. Die großen Netzbetreiber, einschließlich der Deutsche Telekom nehmen den Netzausbau unter wirtschaftlichen Kriterien vor, so dass kleinere Städte und Kommunen auch in den nächsten Jahren Probleme haben werden, die Nachfrage nach Breitbandanschlüssen zu befriedigen bzw. das Entstehen von Standortnachteilen zu verhindern. Dies schafft Marktchancen für kleinere und regional tätige Anbieter, die mit flexiblem Vorgehen und unter Einsatz der optimalen Infrastruktur Wettbewerbsvorteile erzielen können. Im Vorteil sind dabei solche Anbieter, die über vorhandene Kontakte und Netzwerke in den jeweiligen Regionen verfügen, so dass der Vertriebsaufbau schnell und mit niedrigen Kosten von statten gehen kann.

Die Erfolgsfaktoren für das Geschäft als kleiner Netzbetreiber mit regionalem Fokus sind:

  • Carrier-Management
  • Kunden- / Marktnähe (Kenntnisse über Zielgruppen und Vertriebspartner)
  • Systemführerschaft im Technikumfeld und bei der Systemauswahl
  • Bonitätsprüfung für Neukunden
  • Forderungsmanagement
  • Automation des Workflows und der Prozesse

Werden diese Erfolgsfaktoren nicht erfüllt, erhöhen sich die Risiken. Insbesondere das Carrier-Management und die Systemkompetenz sind ohne Erfahrungen in dem spezifischen Telekommunikationsgeschäft kaum auf zu bauen.

Alternativen zur Vermeidung einer digitaler Spaltung

Neben den reinen Netzinfrastruktur-Bereichen sind für die Entwicklung von Diensten und Applikationen Kooperationen ebenfalls sinnvoll. Das Projekt T-City in Friedrichshafen zeigt als Mustervorhaben, wie die gemeinsame Entwicklung und Umsetzung von Projektideen in den verschiedenen Lebenslagen erfolgen kann. Zur Realisierung von zeitnaher Zählerablesung des Stromverbrauchs (eMetering) hat sich eine Kooperation zwischen den technischen Werken in Friedrichshafen, der Deutschen Telekom und einem spezialisierten IT-Systemhaus  gebildet, die die Umsetzung deutlich beschleunigt. Im Bildungsbereich konnte eine Schule gewonnen werden, die zusammen mit der Deutschen Telekom und den wesentlichen Schulbuchverlagen die Vorbereitung für die integrale Nutzung einer Bildungsplattform über das Internet (eLearning) vorbereitet. Ähnliche Projekte konnten auch im Bereich der Telemedizin und der öffentlichen Verwaltung (eGovernment) umgesetzt werden. Für den Erfolg einer solchen partnerschaftlichen Projektarbeit ist entscheidend, dass die Partner jeweils für sich einen relevanten Nutzen aus dem Vorhaben erkennen und die Zusammenarbeit nicht als Pflichtübung oder Marketing-Veranstaltung sehen.

Um der digitalen Spaltung in der Gesellschaft entgegen zu wirken, sind zusätzlich spezielle Aktionen für die gefährdeten oder betroffenen Zielgruppen erforderlich, um auch solche Gesellschafts-Gruppen „mit zu nehmen“, die von hause aus nicht affin für die Internet-Nutzung sind. Für solche Aktionen gibt es ebenfalls eine Reihe von Beispielen. Einige  werden im Rahmen des T-City Projektes in Friedrichshafen umgesetzt. Dies sollte aber umso mehr Motivation für ein breiteres Engagement in diesem für die Zukunft wichtigen Bereich sein. Die weitere Entwicklung des Telekommunikations-Marktes und insbesondere des Internets bleibt nicht stehen und wird als globale Erscheinung nicht auf die Entwicklung in Deutschland warten!

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