Pressemitteilung, 05.05.2006 - 11:20 Uhr
Perspektive Mittelstand
Süddeutsche Zeitung: Oddset-Kunden suchen das Weite – Private Sportwettenanbieter pochen auf Einhaltung der Europäischen Verträge – „Taktische Finessen“ der monopolistischen Besitzstandswahrer
(PM) , 05.05.2006 - Düsseldorf/Brüssel, www.ne-na.de - Damit sich der vielfach beschworene Wettbewerb in Deutschland durchsetzen und entfalten kann, braucht es leider immer wieder einen Fingerzeig aus Brüssel. Denn gerade dort, wo ehemals oder teilweise noch immer staatliche Monopolisten die Zügel in der Hand halten, fühlen sich private Anbieter wie der legendäre Sisyphus. Ob Post- und Telekommunikation, Öffentlicher Personenverkehr, Energieversorgung oder Abfallentsorgung: Fast immer haben die staatlich aufgeblähten Anbieter einen Trumpf in der Hand. Jüngstes Beispiel ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Sachen Sportwetten. Bis Ende 2007, so das Gericht, bleibt dem Gesetzgeber Zeit, eine Regelung zu treffen, die entweder das staatliche Monopol auf Sportwetten zementiert, jedoch eindeutig auch Maßnahmen zur Eindämmung der Spielsucht gewährleistet. Die Alternative ist eine Liberalisierung des Marktes, zu dem dann auch private deutsche Sportwettenanbieter Zugang hätten. Offiziell sind deren Angebote und Wettlokale bislang illegal, einige Bundesländer betreiben derzeit Schließungsaktionen. Unterdessen laufen dem staatlichen Anbieter Oddset die Kunden davon, berichtet die Süddeutsche Zeitung www.suedeutsche.de. Demnach bricht der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 20 Prozent ein. Die Kunden wandern zu privaten Anbietern ab, weil diese bessere Quoten bieten. Karsten Martens, Vorstandsvorsitzender der Bet 3000 AG www.bet3000.com, kündigt als Reaktion auf die Schließungen von Filialen privater Wettanbieter durch die bayerischen Behörden erhebliche Regressansprüche an: „Im Falle von Filialschließungen summieren sich die Schadensersatzforderungen allein in Bayern in kürzester Zeit auf mindestens 10 Millionen Euro.“ Wie andere Anbieter setzt auch er auf die Unterstützung der Europäischen Union: „Die angedrohte Schließung von Filialen“, so Martens, „ist nach wie vor mit dem europäischen Recht nicht vereinbar.“ Zu einer ähnlichen Bewertung kommt man auch bei Betandwin www.betandwin.com, die sich auf eine europaweit gültige Lizenz beruft. In einer Entscheidung aus dem Jahr 2003 hatte der Europäische Gerichtshof erklärt, dass jeder, der in seinem Herkunftsland berechtigt sei, Glücksspiel anzubieten, dies auch in der gesamten EU dürfe. Entscheidend sei insoweit, dass das Monopol gegen geltendes Gemeinschaftsrecht verstoße und somit deutsche Strafvorschriften nicht angewandt werden könnten. Die EU-Kommission als Hüterin der EU-Verträge ist bereits aktiv geworden. EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy hat gegen Deutschland sowie Dänemark, Finnland, Ungarn, Italien, die Niederlande und Schweden ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Darin wird die Vereinbarkeit mit der im EG-Vertrag garantierten Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EG-Vertrag) überprüft. Begutachtet wird insbesondere, ob die Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch nationale Regelungen tatsächlich durch den Schutz des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist und die Regelung verhältnismäßig und nicht diskriminierend erfolgt. Die private Wettbranche setze große Hoffnungen in das Verfahren, berichtet die Wirtschaftswoche www.wiwo.de. Fadenscheinig war und ist für die privaten Anbieter das Argument, nur staatliche Anbieter könnten Sorge für die Eindämmung der Spielsucht tragen. Dass das Ganze eine paradoxe Angelegenheit ist, bringt Rainer Hank in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung www.faz.net auf den Punkt: „Ein staatliches Monopol auf Glückswetten ist ein Widerspruch in sich. Wetten darf der Bürger nur beim Staat, der ihn aber davor warnt. Das verstehe, wer will.“ „Mit Suchtprävention hatte das nie etwas zu tun. Da braucht man sich nur die aggressive Werbung des staatlichen Anbieters anschauen", sagt Helmut Sürtenich, Vorstandschef der Stratega-Ost Beteiligungen AG www.stratega-ost.de in Düsseldorf mit Blick auf den jahrelang aggressiven Werbefeldzug von Oddset. Taktische Finessen von Monopolisten würden immer nach dem selben Muster ablaufen. „Mal geht es um die Sozialpflichtigkeit, um das Allgemeinwohl oder um den Grundversorgungsauftrag“, moniert Sürtenich. So lief es auch vor der Liberalisierung der Telekommunikation ab: "Das Wort von der Rosinenpickerei machte damals die Runde. Kundenorientierung und Marktbedürfnisse zählten nicht: Jeder, der möchte, erhält einen Telefonapparat in grün, grau oder orange – wie lange er darauf zu warten hat und wie sich Preis und Qualität gestalten, war dabei sekundär. Die Telefonsteinzeit gipfelte in dem wohl berühmtesten Werbeslogan der Bundespost: 'Fasse Dich kurz'. Davon hat man sich verabschiedet. Mit sehr positiven Wirkungen für die Volkswirtschaft“, so Sürtenich. Sein Unternehmen sei seit 2005 auf dem Sportwettenmarkt aktiv und habe über eine einhundertprozentige Tochterfirma, die österreichische Wettcorner GmbH, mittlerweile ein Netz von fast 40 Ladengeschäften in Deutschland aufgebaut. Innerhalb von fünf Jahren sollen bundesweit 300 Ladenlokale etabliert sein. Das Verhalten des staatlichen Anbieters und vieler Politiker vor und nach dem Urteil des Verfassungsgerichtes mache immer deutlicher, dass das staatliche Monopol der Sicherung von Einnahmen des Staates diene. Manfred Schlösser, Herausgeber des Magazins Sponsors www.sponsors.de, sieht die Zeit reif für konstruktives Verhandeln aller Beteiligten, und zwar auch mit den privaten Anbietern: „Und bitte endlich Schluss mit der bigotten Diskussion um die Spielsucht. Es geht doch nur ums liebe Geld – in einem ehrlichen und seriösen Wettmarkt, in dem der Verbraucherschutz, wie überall, sein gutes Recht haben sollte.“ Als Mitglied der EU müsse Deutschland die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts garantieren, resümiert der Hamburger Anwalt und Europarechts-Experte Martin Arendts www.anlageanwalt.de die derzeitige Lage. „Deutschland hat sich gemeinschaftsrechtswidrig verhalten, indem es behördlich zugelassenen und überwachten Buchmachern aus anderen EU-Mitgliedstaaten den Marktzutritt vor allem aus fiskalischen Gründen verwehrt hat“,. Dazu gehören vor allem die Dienstleistungsfreiheit und die Niederlassungsfreiheit als wesentliche Grundfreiheiten. „Die einfachgesetzliche Rechtslage in Deutschland ist weiterhin gegenüber Anbietern aus anderen Mitgliedstaaten diskriminierend.“ Onlinemagazin NeueNachricht www.ne-na.de