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Studie: Blogger-Kodex gefordert - Anonymität im Netz führt zu Meinungswillkür und Denunziantentum

(PM) , 19.05.2008 - London/Düsseldorf - Fast die Hälfte der Internetnutzer würde die Installierung eines freiwilligen Verhaltenskodex für Blogger und andere Online-Kommentatoren unterstützen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Untersuchung der internationalen Anwaltskanzlei DLA Piper www.dlapiper.com, die diese in Großbritannien durchgeführt hat. Wie die britische Zeitung Guardian www.guardian.co.uk berichtet, haben 46 Prozent der befragten Web-User angegeben, dass sie einen derartigen Kodex befürworten würden. Die darin enthaltenen Verhaltensregeln sollten dabei vor allem auf die geltende Gesetzeslage in Bezug auf Diffamierung, geistige Eigentumsrechte und Anstiftung zu einem Verbrechen eingehen. In Blogger-Kreisen zeigt sich hingegen ein etwas differenzierteres Bild. So lehnen etwa 34 Prozent in dieser Gruppe solche Pläne vehement ab. Rund 32 Prozent sprechen sich allerdings auch hier für deren Umsetzung aus.

„Nicht nur der Staat bedroht die Privatsphäre und die Freiheitsrechte, sondern auch Internetportale, bei denen man sehr leicht mit Pseudonymen und phantasievollen Kürzeln seine Identität verbergen und eine Suada an Beleidigungen, Behauptungen und Denunziationen loslassen kann. Wenn Website-Betreiber eine Plattform für strafrechtlich relevante Tatbestände bieten, müssen sie jetzt mit ernsten Konsequenzen rechnen“, so Udo Nadolski, Geschäftsführer des Düsseldorfer Beratungshauses Harvey Nash www.harveynash.com/de, im Gespräch mit dem Onlinemagazin NeueNachricht.

Der jetzige Zustand in Blogs und Foren sollte nach Meinung von Nadolski schnell beendet werden. Wer die Freiheiten der Technologie dazu nutze, andere zu verleumden, verletze elementare Grundrechte. „Nun behaupten jene, die die Anonymität im Netz verteidigen, ihre freie Rede wäre gefährdet, wenn sie sich mit ihrem Namen dazu bekennen würden. Sie würden Nachteile erleiden müssen. Wer so argumentiert, spielt dem wachsenden Kontrollbedürfnis - etwa des Staates - erst recht in die Hände. Denn aufseiten jener, die Kontrolle ausüben wollen, werden stets die Beispiele angeführt, bei denen Anonymität dazu führt, dass letzte Hemmungen verloren gehen. Anonymität führt zum Generalverdacht und, schlimmer noch, zur Bedeutungslosigkeit. Ein Netz, dessen Bewohner weder Name noch Adresse haben, hat auch keine Stimme, wenigstens keine ernstzunehmende, bleibt stumm und Spielball der Macht“, moniert brand eins-Redakteur Wolf Lotter www.brandeins.de.

Pseudonyme mögen in Diktaturen nötig sein. „Wer sie in Demokratien verwendet, schadet der offenen Gesellschaft. Die Freiheit der Rede, zu der Redlichkeit, Anstand und Fairness gehören, leidet darunter. Die Freiheit des Wortes hat nur dann Gewicht in einer Demokratie, wenn sie von real existierenden Bürgern wahrgenommen wird. Blog-Heckenschützen und anonyme Diskutanten vermögen so wenig zu verändern wie vermummte Chaoten oder heimliche Brandstifter und nächtliche Schlägertrupps. Sie sind, was sie sind: feige Gewalttäter. Ein Bürger hat einen Namen. Dieses Herkunftszertifikat garantiert echte Haltung“, sagt Lotter.

Anonymität führe zum Gegenteil der Freiheit: „Sie führt zur Meinungswillkür, zur Ahnungslosigkeit, zum selbst gewählten Autismus. Derlei ist nicht schützenswert, sondern gefährlich. Anonymität fördert die Feigheit und stützt alle jene, die gegen eine offene Gesellschaft sind. Eine offene Gesellschaft erträgt unterschiedliche Meinungen und Positionen. Feigheit aber ist die Vorhut der Tyrannen, sie ist ihre stärkste Legion“, sagt Lotter. Die Rechtspolitiker des Bundestages und das Bundesjustizministerium sollten nach Auffassung des IT-Experten Nadolski jetzt schnell ihre Hausaufgaben erledigen, um die Privatheit als Kern der persönlichen Freiheit gegen Zugriffe des Staates und gegen Übergriffe aus der Gesellschaft im zu verteidigen.

„Grundsätzlich stehen Blogger in Deutschland in einer ähnlichen rechtlichen Verantwortung wie die klassische Presse, da es in beiden Fällen in der Regel um die Veröffentlichung von Meinungen und Berichten geht", stellt Dennis Breuer, Rechtsexperte der IT Recht Kanzlei www.it-recht-kanzlei.de , im Gespräch mit pressetext fest. In der Vergangenheit seien in diesem Zusammenhang vor allem rechtliche Auseinandersetzungen in den Bereichen Persönlichkeitsrecht, Beleidigung und Marken- und Urheberverletzungen registriert worden. „Wie in der realen Welt gelten die Gesetze auch für Blogs", betont Breuer. Die rechtliche Entwicklung zeige zudem in eine eindeutige Richtung. „Blogs werden als Informationsquelle zunehmend ernst und entsprechend auch in die Verantwortung genommen. Jeder, der in einem Blog Meinungen und Beiträge veröffentlicht, sollte sich dessen bewusst sein. Mit einem so entwickelten rechtlichem Gespür lassen sich dann viele potenzielle Konflikte vermeiden", meint Breuer.
Rund drei Viertel der befragten Internetnutzer, die selbst bereits einen Online-Kommentar abgegeben haben, gaben im Rahmen der DLA-Piper-Untersuchung an, dass sie beim Verfassen ihrer Postings nicht an Gesetze denken würden. Dies scheint auch auf solchen Webseiten zu gelten, die im Falle eines Übergriffs ausdrücklich den Verfasser des betreffenden Beitrags zur rechtlichen Verantwortung ziehen würden. Die entsprechenden Regelungen, die sich in der Regel in dem „Terms & Conditions"-Bereich der Seiten finden, werden laut der Untersuchung allerdings nur von jedem dritten Nutzer gelesen. So gaben 14 Prozent der Befragten an, dass sie bereits mindestens einmal in der Vergangenheit aufgrund von Verstößen gegen Seitennutzungsbedingungen ihre Beiträge vom Netz nehmen mussten.
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