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Pressemitteilung

EU-Weihnachten in Armut! Sofia Bulgarien

(PM) , 22.12.2008 - Die Hauptstadt des neuen EU-Partners Bulgarien birgt für die Besucher einige Überraschungen, beispielsweise Nebel. Nebel lässt sich in Sofia aufgrund der Einrahmung durch gebirgige Höhenzüge nicht so schnell vertreiben, so auch nicht in den drei Tagen, die ich in Sofia für eine Reportage verbringen durfte.
Erstmalig in Bulgarien, schloss ich als Journalist meine Seele auf, um wie in anderen, mir neuen Metropolen, die Atmosphäre und Aura der Stadt aufzunehmen.
Sofia, eine Millionenstadt des Ostens ? - oder des Südens?
Nebst orthodoxen Kathedralen, Moscheen und Kappelen aus dem 11. Jahrhundert sowie Monumentalbauten, Bau Ruinen aus dem sozialistischen Erbe und neue Konsumtempel, fällt mir der chaotische Straßenverkehr sofort auf. er „verkehrt“ nicht, er steht.
Zum Leidwesen der Menschen, drückt der Nebel auch noch den ganzen Smog auf die Stadt und in den drei Tagen, die ich hier verweilte blieb es dunkel. Dies beeinträchtigte meine Stimmung entsprechend und ich war sensibilisiert für optischen, wie mentalen Reizen.

Eine Woche vor Weihnachten 2006 und unmittelbar vor Bulgariens EU-Beitritt, ließ ich mich dennoch durch die Weihnachtsdekorationen und die Neugier auf die Bulgaren zu Spaziergängen durch die Innenstadt animieren, trotz Smog und Nebel. Ich beobachtete die Menschen auf der Strasse, und ließ meinen Gedanken über deren Schicksal, Ängste und Wünsche, insbesondere im Hinblick auf den EU-Beitritt und die Veränderungen welche sie erwarten, freien Lauf.
In einer U-Bahn Unterführung erwartete mich eine der wohl beeindruckendsten Persönlichkeiten Sofias.
Großstadt-Unterführungen sind die Nervenknoten einer pulsierenden Stadt. Geschäftigkeit, Stress, „Massen-vereinsamung“ Begrüßungen und Abschied, volle Einkaufstaschen und Businesskoffer, Bettler und Stadtstreicher, Teenager und Halbstarke, Omas und Kinderwagen, alle sozialen Schichten einer Stadt treffen hier zusammen. Zwischen dem sozialen Tausendfüssler, undefinierbaren Gerüchen und Lärm erschien mir, wie in einem Hollywoodfilm:
NICKI !
Der elfjährige blonde Engel spielte an einer Ecke Violine. Nicht alleine die Klänge ließen mich innehalten. Nicki strahlte eine so zufriedene Glückseeligkeit aus, dass es schon fast unglaubwürdig wirkte. Wie kann ein Kind mit einem so zufriedenen Selbstverständnis an einem so unwirschen Ort soviel Zuversicht ausstrahlen?
Vielleicht verstecken sich hier irgendwo die Kameraleute von Bulgar-TV ? Vielleicht kommt sie aus wohlhabendem Hause und probt lediglich ihre Publikumswirkung? Nichts davon konnte ich glaubhaft analysieren, sie war eine Bettlerin!

Mir kamen meine eigenen Kinder in den Sinn, die Härte des puren einfachen Überlebens, unsere Hilflosigkeit angesichts dieser Realität und weiß Gott was noch alles. Nicki ließ mich die Welt um mich herum für einige Augenblicke vergessen und ich genoss das kleine „Wunder“.
Es gab keinen Preis für diese „Seelenmassage“ und so legte ich ihr einen 10-Lewa-Schein in ihren Geigenkasten.
Sie reagierte prompt, erfreut und strahlend: „ Thank You Mister“ rief sie mir mit der hellen Stimme eines Engels hinterher, da sie offensichtlich erkannte, dass ich Ausländer bin. Sie strahlte mich an, als lege ich ihr das Paradies zu Füßen und alleine für diesen Blick hätte sie es auch verdient. Ich fühlte mich vom Glück berührt doch gleichzeitig plagte mich mein Gewissen.
„Was könntest du alles tun, du verwöhnter West-Sack. Wie mühst du dich lediglich für dich selbst, nur um ein bisschen mehr Komfort genießen zu können. Wie viel Geld, Zeit und seelische Energie verschleuderst du um deiner selbst Willen und für solche, die ihre Menschlichkeit mit dem Kindsein begraben haben.“
Es wurde hell in Sofia, der Nebel war zwar noch da aber es wurde hell in meinem Herzen.
Zwei Tage später sah ich sie wieder, zugegeben, ich hatte ständig nach ihr Ausschau gehalten.
Sie spielte gerade nicht und so konnte ich ihr eine weitere 10er Note (5,-€) in die Hand drücken. „Hallo, how old are you?“ sie bemühte sich auf englisch, zählte mir allerdings mit den Fingern vor, elf. „What is Your name ?“ „Nicki“ „Do you go to school?“ „Yes Mister“. Sie reichte mir so anständig ihre Hand, schaute mir in die Augen, während sie stramm stand wie in einem Film über eine Schule wohlerzogener Töchter. So konnte ich sehen, dass ihre linke Augenpuppille mit einer weißen Haut überzogen war, vielleicht war das Auge blind. Ich gab ihr zu verstehen, sie nochmals fotografieren zu wollen, ich müsste lediglich meine Kamera aus dem nahe liegenden Hotel holen. Nicki war allerdings jetzt um 16:00 Uhr in Eile und wollte nicht warten.
Wiederum war ich emotional tief berührt, ein tolles menschliches Gefühl, ein unbezahlbares Weihnachtsgeschenk.
Glücklich schätzen können sich auch die Bulgaren über ihren Engel, der selbst ausländischen Wohlstandsmenschen wieder zu echten und intensiven menschlichen Gefühlen verhilft.

Im Nachtzug von Sofia nach Bukarest lernte ich Alya kennen, eine Dame aus Sofia, die für eine EU-Children-Foundation arbeitet. Ich hatte das Bedürfnis ihr über mein erlebtes Wunder in Sofia zu berichten.

Alya kannte Nicki !

Sie konnte mir berichten, dass Nicki keine Eltern mehr hat, dass sie nur bei ihren mittellosen Großeltern leben darf und nicht in ein Heim geschickt wird, weil sie einst von der Bevölkerung und der Zeitung Sofias öffentlich unterstützt wurde.
Denn Nicki ernährt nicht nur ihre zwei kleineren Geschwister, sondern trägt auch noch zum ärmlichen Haushalt der Großeltern bei.

Seit zwei Jahren nun, liegt dieser Artikel in meinem Archiv, weil ihn kein Magazin und keine Zeitung haben wollte.
Jetzt zur Weihnachtszeit ist er mir wieder in den Sinn gekommen und ich finde auch Nicki hat es längst verdient, dass ich ihn zumindest hier veröffentliche.

Ich wünsche Ihr und Ihnen liebe Leser ein besinnliches und dennoch frohes Weihnachtsfest 2008

Werner Krieger
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