Pressemitteilung, 01.07.2011 - 12:42 Uhr
Perspektive Mittelstand
Selbstmedikation der Migräneattacke mit rezeptfreien Triptanen
Seit April 2006 kann Naratriptan als Formigran® 2,5 mg in Kleinpackungen zu 2 Tabletten auch ohne Rezept in der Apotheke erworben werden.
(PM) Kiel, 01.07.2011 - Seit April 2006 kann Naratriptan als Formigran® 2,5 mg in Kleinpackungen zu 2 Tabletten auch ohne Rezept in der Apotheke erworben werden. Formigran® ist dabei wirkstoffgleich mit dem weiterhin verschreibungspflichtigen Naramig®. Beide enthalten den Wirkstoff Naratriptan in einer Dosis von 2,5 mg.Ab Mai 2011 ist mit Dolortriptan® ein zweites Triptan rezeptfrei in deutschen Apotheken erhältlich. Analog entspricht das Dolortriptan® dem rezeptpflichtigen Almogran® mit dem gleichen Wirkstoff Almotriptan 12,5 mg.Die Wirkstoffe sind zugelassen für die akute Behandlung der Kopfschmerzphasen von Migräneanfällen mit und ohne Aura. Wie für alle zugelassenen Triptane ist die therapeutische Wirksamkeit von Naratriptan und Almotriptan ausreichend belegt. Für die Selbstmedikation muss aber sichergestellt werden, dass die Wirkstoffe erst eingenommen werden, wenn dem Anwender klar ist, dass es sich um einen Migräneanfall handelt. Das Apothekenpersonal muss daher die Unterscheidungsmerkmale der Migräne von anderen Kopfschmerzen kennen, um im Beratungsgespräch entsprechend aufzuklären. Zur Migränediagnose ist eine sorgfältige ärztliche Untersuchung zwingend vorgeschrieben, ansonsten kann und darf die Diagnose nicht gestellt werden.Der einzige Unterschied zwischen den jeweiligen rezeptpflichtigen und rezeptfreien Varianten des gleichen Wirkstoffs ist bei identischer Dosis ausschließlich die Tablettenzahl pro Packung. Sowohl Dolortriptan® als auch Formigran® enthalten jeweils 2 Tabletten. Größere Packungsgrößen gehen mit einer Verschreibungspflicht und einem anderen Namen einher.Wenn sich nach der Behandlung von vielen Millionen Migräneattacken mit Triptanen in den letzten 10 Jahren weltweit die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass Triptane auch im Vergleich mit anderen Migränemitteln nicht nur wirksam, sondern auch weitestgehend sicher sind, stellt sich die Frage, warum nicht alle Triptane rezeptfrei werden bzw. warum die Packungsgrößen von Formigran® und Dolotriptan® auf 2 Tabletten begrenzt wurden. Der wesentliche Grund: Wie früher die Ergotaminpräparate und heute Schmerzmittel und insbesondere koffeinhaltige Schmerzmittelmischpräparate sind auch Triptane in der Lage, einen medikamenteninduzierten Kopfschmerz auszulösen.In der Praxis äußert sich dies in einer kontinuierlichen Zunahme der Migräneattackenhäufigkeit, wenn erst einmal eine Grenzschwelle der Triptaneinnahme von 10 Tagen pro Monat überschritten ist. Es gilt auch für Triptane die Regel, dass sie nicht häufiger als an 10 Tagen im Monat eingesetzt werden sollten. Die Limitierung der Packungsgröße beider freiverkäuflichen Triptane trägt dieser Erkenntnis Rechnung. Natürlich kann nicht verhindert werden, dass sich ein Patient im Medikamentenübergebrauch mehrere Schachteln der freiverkäuflichen Triptane über das Internet oder auch in Apotheken kauft. Die kleine Packungsgröße (bei relativ hohem Preis) dürfte jedoch vom Betroffenen unschwer als Hinweis aufgefasst werden, dass die Triptane nicht in großen Mengen eingenommen werden sollten. Die Packungsgröße ist damit quasi ein Warnzeichen des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hinter den freiverkäuflichen Triptanen – ähnlich wie übrigens auch bei der Limitierung des freiverkäuflichen Paracetamol auf maximal 10 g pro Packung.Dass noch nicht alle Triptane rezeptfrei erhältlich sind, liegt daran, dass nicht alle Hersteller einen Antrag auf Entlassung ihrer Substanz aus der Verschreibungspflicht gestellt haben oder diesem Antrag nicht entsprochen wurde (Beispiel Sumatriptan: in England ist dies rezeptfrei in Apotheken erhältlich, in Deutschland wurde die Entlassung aus der Verschreibungspflicht nicht genehmigt). Hier spielen sicherlich die Eigenschaften der einzelnen Triptane und deren Bewertungen eine Rolle. Die Triptane unterscheiden sich zum Teil deutlich hinsichtlich ihrer Wirkstärke, Wirkgeschwindigkeit und auch Wirkdauer. Für die Frage der Notwendigkeit einer Verschreibungspflicht ist jedoch die Verträglichkeit von wesentlicher Bedeutung. Gerade das Naratriptan (Formigran®) und das Almotriptan (Dolortriptan®) gelten als besonders nebenwirkungsarm, was sie damit für die Rezeptfreiheit nachvollziehbar prädestinierte.Beide freiverkäuflichen Triptane stellen eine wesentliche Verbesserung der Möglichkeiten zur Selbstmedikation von Migräneattacken dar. Wenn die genannten Einnahmebeschränkungen beachtet werden, ist die Verträglichkeit im Allgemeinen sehr gut. Spätestens wenn der Triptanverbrauch jedoch eine bedenkliche Nähe zum Übertritt der 10-20-Regel erreicht (mindestens 6 oder mehr Tage im Monat), sollte ein Arzt aufgesucht werden, um die Entwicklung eines Kopfschmerzes bei Triptanübergebrauch zu verhindern oder einen solchen zu behandeln.Ein Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht ist auch für 10 mg Rizatriptan gestellt. Über diesen wird am 5.7.2011 entschieden.


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ÜBER SCHMERZKLINIK KIEL

Die Schmerzklinik Kiel wurde als wissenschaftliches Modellprojekt 1997 gegründet und beschritt mit dem Beginn der Patientenversorgung 1998 neue Wege in der Schmerztherapie. Der Behandlungsschwerpunkt zielt auf chronische neurologische Schmerzerkrankungen, insbesondere Migräne- und chronische Kopfschmerzen. Ziel der Klinik ist, das gesamte Wissen, das für die Versorgung von chronischen Schmerzen verfügbar ist, unmittelbar zur Anwendung zu bringen und hochspezialisiert die Belange von Menschen mit chronischen Schmerzen zu berücksichtigen. Auch der Erforschung von neurologischen Schmerzerkrankungen, Migräne und anderen Kopfschmerzen gilt die zentrale Aufmerksamkeit, um die zukünftige Behandlung weiter zu verbessern. Die externe wissenschaftliche Begleitforschung der Gesellschaft für Systemberatung im Gesundheitswesen GSbG bestätigte, dass mit dieser Konzeption Schmerzen nachhaltig gelindert, soziale und berufliche Tätigkeiten wieder aufgenommen und die direkten und indirekten Kosten chronischer Schmerzerkrankungen deutlich gesenkt werden können. In den vergangenen 10 Jahren wurden über 10 000 stationäre und über 50 000 ambulante Behandlungen durchgeführt. Mehr als 70% der behandelten Patientinnen und Patienten kommen überregional aus dem gesamten Bundesgebiet und dem Ausland. Das Konzept nahm moderne Entwicklungen in der Medizin voraus, insbesondere die integrierte Versorgung. Integrierte Versorgung (IV) bedeutet, dass die Behandlung nicht durch Fachgrenzen eingeschränkt wird. Auch die Abschottung von ambulanten und stationären Versorgungsbereichen wird aufgehoben. Experten der verschiedenen medizinischen Fachgebiete wirken zusammen, um mit zeitgemäßen Methoden optimal koordiniert zu behandeln. Die ambulante und stationäre Behandlung funktioniert nicht losgelöst nebeneinander, sondern ist vernetzt und aufeinander abgestimmt. Möglich ist dadurch eine Behandlung auf neuestem Stand und ohne Schranken. Das im Jahre 2007 mit der Techniker Krankenkasse initiierte Behandlungsnetzwerk greift diese Erfahrungen für die Behandlung von Migräne und Kopfschmerzen auf und nutzt sie bundesweit. Dazu wurde erstmals ein flächendeckendes koordiniertes Versorgungsnetzwerk geschaffen, um die Behandlungsqualität überregional zu verbessern. Die Schmerzklinik Kiel übernimmt dabei die Koordination des Netzwerkes, die umfassende Information der Patienten, die Fortbildung und den Erfahrungsaustausch der Therapeuten. Mit der AOK Schleswig-Holstein wurde eine landesweite koordinierte Versorgung entwickelt. Zahlreiche weitere regionale und überregionale Krankenkassen nutzen diese innovativen Versorgungskonzepte für ihre Versicherten.