Fachartikel, 26.04.2013
Perspektive Mittelstand
Strategische Personalarbeit
Personalentwicklung und Management – wie der Schulterschluss gelingt
Voraussetzung für eine erfolgreiche Personalentwicklung in Unternehmen ist, dass Management und Personalabteilung an einem Strang ziehen. Nicht selten ist jedoch genau das Gegenteil der Fall.

Wer kennt das nicht: In der größten Hektik im Tagesgeschäft signalisiert ein Leistungsträger Unzufriedenheit und kündigt Veränderungsabsichten an. Wenn es gerade am wenigsten passt, scheidet eine Schlüsselperson wegen Elternzeit aus und der einzige Kollege mit passender Qualifikation ist schon fast im Ruhestand. Und wo ist nun die Personalentwicklung, wenn man sie am dringendsten braucht?

Das ist nur die eine Seite – aus Sicht des Managements, das höchste Ansprüche an operative Personalentwicklung stellt. Doch die kann auch nicht sofort passenden Ersatz herzaubern, und die benötigten Fähigkeiten lassen sich ebenfalls nur mit der Zeit entwickeln ...

Unterschiedliche Sichtweisen


Die HR-Abteilung sieht das Thema Personalentwicklung sehr viel strategischer und damit langfristiger. Und braucht dazu auf jeden Fall die Kooperation vom Management: wo werden wann welche Kompetenzen gebraucht, welche Mitarbeiter fallen in den nächsten Jahren aus – wer kann sie ersetzen? Was wird den High Potentials als Entwicklungsweg ermöglicht? Was brauchen die Leistungsträger heute, um auch in der Zukunft noch zufrieden und mit vollem Einsatz ihre Stelle auszufüllen? Fragen, um die sich im stressigen Alltag allerdings kaum einer kümmern kann.

So entsteht in der Personalentwicklung leicht der Eindruck, die Führungskräfte vernachlässigten die Entwicklung der Mitarbeiter, die eindeutig zu deren Pflichten gehöre. Und das, obwohl die Abteilung ihnen dafür extra Instrumente zur Verfügung stellt. Doch das Management denkt in Fragen Personal eher operativ und fühlt sich gegängelt. Führungskräfte empfinden die Mitarbeitergespräche als schwierig und zeitaufwändig, füllen Performance-Matrizen unter ganz anderen Gesichtspunkten aus als gedacht, benennen Potenzialträger vor allem, um selbst als wichtig zu gelten. Karrierepläne, Nachfolgeplanung und Kompetenzentwicklung bleiben Lippenbekenntnisse. Das Management fühlt sich nicht verstanden, nimmt die Personalentwicklung kaum als Partner wahr und betrachtet Personalplanung als weltfremde Theorie, für die im täglichen Business kein Platz ist.

Damit die Mitarbeiterentwicklung aber leisten kann, was sie soll – letztlich zu den Zielen der Unternehmensentwicklung beitragen – kommen Management und PE nicht umhin, zusammen zu arbeiten. Doch wie kann das gelingen?

Miteinander reden

Es hilft nichts: zunächst einmal müssen sich beide Seiten – PE und Top Management – an einen Tisch setzen und ihre Sichtweisen darlegen. Hierbei gilt es, auch Ziele und Nutzen einer strategischen Personalentwicklung für das operative Business zu klären. In der Folge besprechen die Verantwortlichen ihre Ergebnisse in kleinen Runden mit dem mittleren und unteren Management. Hierbei gilt es, Transparenz über die verfügbaren HR-Instrumente zu schaffen und vor allem auch über die Ressourcen, welche die Führungskräfte dafür aufzuwenden haben. Es ist sinnvoll, dies als Teil der Führungsaufgabe direkt in den Zielvereinbarungen festzuhalten, mit klar definierten Maßnahmen und dem dafür notwendigen Zeitaufwand. Nur dann wird es realistisch, dass die Verantwortung für Mitarbeiterentwicklung auch Eingang in den Business-Alltag findet.

In einem Technologiekonzern zum Beispiel hat der gesamte Entwicklungsbereich regelmäßige Peer Meetings eingeführt, in denen Führungskräfte an Personalthemen arbeiten. Die HR-Abteilung begleitet diese Treffen und greift jeweils unterstützend ein. So wird nun viel früher klar, welche Fachkräfte und Spezialisten demnächst gebraucht werden, die Information dringt bis zum Personal durch und Engpässe konnten schon deutlich reduziert werden. Weil dieses simple Instrument so schnell Erfolge zeigte, sollen nun andere Bereiche des Konzerns nachziehen, auf Anordnung von oben.  

Langfristig planen

Neben einer intensiven und offenen Kommunikation ist es entscheidend, das Thema Mitarbeiterentwicklung langfristig anzugehen. Auch wenn das im operativen Business oft schwer fällt! Es hilft, entsprechende Kennzahlen zu schaffen, um die Zusammenarbeit von HR und Management bei Personalentwicklungsthemen zu klären: Genauigkeit der Headcount-Planung, Kompetenzabdeckungsgrad im Team, Kosten für Stellenbesetzungen, Mitarbeiterzufriedenheit, Zufriedenheit mit Förderung und Entwicklungsperspektiven, Fluktuation und Krankenstand im Verhältnis zum Benchmark, etc. Schließlich kann auch die HR-Abteilung bei einer Vakanz nicht spontan Ersatz herbeischaffen. Viele Veränderungen sind aber lange vorher absehbar und damit auch planbar. Mit entsprechend Vorlauf können auch bei vorhandenen Mitarbeitern bestimmte Fähigkeiten entwickelt und antrainiert werden. Wenn doch eine unvorhersehbare Lücke entsteht, zum Beispiel weil ein Potenzialträger plötzlich kündigt oder jemand wegen Krankheit für länger ausfällt, ist schon ein Pool an möglichen Leistungsträgern als Ersatz vorhanden.

Führungskräfte brauchen aber bestimmte Kompetenzen, um die Mitarbeiterentwicklung voranzutreiben. Dazu gehört der Blick auf den einzelnen Mitarbeiter: Stärken und Schwächen zu erkennen, Motivation zu ergründen und zu fördern, Potenzial zu erheben. Zum Beispiel: Welcher Mitarbeiter ist am besten für eine Führungslaufbahn geeignet, wer für eine Fachkarriere? Wer ist ein Teamarbeiter oder besonders begabt für die Projektleitung eines Teams? Die Entwicklung dieser „Entwicklungs-Fähigkeiten“ bei Führungskräften wiederum sollte HR unterstützen und fördern, zum Beispiel in Workshops zu PE-Themen und Weiterbildungsangeboten.

Ebenso brauchen Führungskräfte Kompetenzen zu Teamentwicklung und strategischer Personalplanung. Hier geht es um das gesamte Team: Welche erfolgskritischen Kernkompetenzen müssen mittelfristig im Team vorhanden sein? Wie viele Mitarbeiter mit welchen Qualifikationen und Erfahrungen benötigen wir dann? Wie bekommen wir sie – durch Weiterentwicklung der vorhandenen Mitarbeiter oder durch Recruiting? Wie wird eine Nachfolgeplanung für freiwerdende Stellen aufgesetzt, insbesondere dort, wo entscheidende Potenzialträger sitzen?

Funktionsübergreifend denken

In anderen Ländern ist es längst gang und gäbe: Einzelkarrieren laufen über unterschiedliche Funktionen im Unternehmen. Der Wechsel in einen ganz anderen Bereich dient dort eher dem Aufstieg als dass er, wie hierzulande, schnell als Bruch im Lebenslauf gewertet wird. So ist es in den USA selbstverständlich, dass etwa ein Sales Manager in die Personalentwicklung wechselt und von dort ins mittlere oder obere Management aufsteigt. Alle Beteiligten profitieren davon; der Sales Manager bringt operative Erfahrung in die HR und damit Verständnis für die Bedürfnisse im Business. Und im nächsten Schritt gibt er seine Erfahrung aus der Personalentwicklung ans mittlere oder obere Management weiter.

Es kann sich auch lohnen, in einen eigenen HR-Berater zu investieren. Der braucht – neben der entsprechenden Erfahrung im operativen Geschäft sowie in der Personalentwicklung – auch Fähigkeiten für die Beraterrolle wie Gesprächsführung, systemisches Denken, psychologisches Verständnis und schlicht Geschick im zwischenmenschlichen Umgang. So kann er die Rolle als Partner des Managements auf Augenhöhe ausfüllen.

Der Schulterschluss

Es ist doch wie so oft – ohne gute Zusammenarbeit mit dem Management kann die Personalentwicklung ihre Aufgaben nicht gut erfüllen und das Management nicht entsprechend von ihr profitieren. Sind aber die gegenseitigen Erwartungen und Pflichten klar und plant das Management in Fragen Personal langfristig, dann können auch unvorhergesehene Ereignisse gut abgefangen werden. Den unzufriedenen Mitarbeiter etwa hätte die Führungskraft bereits im letzten Mitarbeitergespräch „entdeckt“ und ihm seither neue Perspektiven in Aussicht gestellt. Die angedrohten Veränderungsabsichten hätte er vermutlich längst vergessen ...

ZUM AUTOR
Über Claudia Mangel
Claudia Mangel Personalberatung & Coaching
Claudia Mangel war 15 Jahre als Projektleiterin und Personalentwicklerin tätig, bevor sie sich 2008 als Trainerin und Coach selbstständig gemacht hat. Ihre Schwerpunkte sind Entwicklungsprogramme und Coaching für Führungskräfte und Personalentwickler.
Claudia Mangel Personalberatung & Coaching
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