Pressemitteilung, 29.04.2008 - 14:23 Uhr
Perspektive Mittelstand
Eingetragene Lebenspartner haben einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente
(PM) , 29.04.2008 - Der Europäische Gerichtshof hat in einem Urteil vom 01.04.2008 die Rechte für gleichgeschlechtliche Lebenspartner gestärkt. Die Richter des Gerichtshofs stellten in einem aktuellen Urteil erstmals fest, dass ein eingetragener Lebenspartner einen Anspruch auf die Zahlung einer Hinterbliebenenrente aus einem berufsständischen Versorgungssystem haben kann. Mit dieser Entscheidung widersprachen die Europarichter der bislang von vielen deutschen Gerichten vertretenen Rechtsauffassung eine Rente zu versagen und festigen damit das Recht der eingetragenen Lebenspartnerschaft (Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 01.04.2008 - C-267/06).Der Fall:Im Jahr 2001 begründete der Kläger eine eingetragene, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft. Sein Lebenspartner war bei einem Theater beschäftigt. Er war seit 1959 bei der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (VddB) als Träger der Alters- und Hinterbliebenenversicherung der Bühnenangehörigen versichert. Für Zeiträume in denen er nicht pflichtversichert war zahlte der Partner stets freiwillige Weiterversicherungsbeiträge. Als der versicherte Lebenspartner im Jahr 2005 verstarb, beantragte der hinterbliebene Lebenspartner bei der VddB die Zahlung einer Witwerrente. Die Versorgungsanstalt lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass die Satzung der VddB eine Hinterbliebenenrente für Lebenspartner nicht vorsehe; nur Ehegatten könnten eine Hinterbliebenenrente beanspruchen.Der Witwer nahm diese ablehnende Entscheidung nicht hin und erhob Klage vor dem bayerischen Verwaltungsgericht in München. Das Verwaltungsgericht München erkannte eine mögliche Diskriminierung und rief den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft mit der Bitte um Überprüfung an. Der Gerichtshof sollte die Frage klären, ob die Weigerung einem eingetragenen Lebenspartner Hinterbliebenenversorgung zu gewähren, eine nach der europäischen Richtlinie über die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf verbotene Diskriminierung darstellt. Diese Richtlinie mit der Bezeichnung 2000/78 bezweckt unter anderem, dass bestimmte Arten der Diskriminierung im Berufsleben im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den europäischen Mitgliedstaaten zu bekämpfen sind. Insbesondere sollen auch Diskriminierungen wegen der sexuellen Ausrichtung verhindert werden.Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 01.04.2008 - C-267/06):Zur Frage, ob die Weigerung, dem eingetragenen Lebenspartner die Hinterbliebenenversorgung zu gewähren, eine Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung darstellt, stellt der Gerichtshof im Lichte des Vorlagebeschlusses fest, dass Deutschland zwar die Ehe Personen verschiedenen Geschlechts vorbehalten, jedoch die Lebenspartnerschaft geschaffen hat, deren Bedingungen schrittweise denen der Ehe angeglichen worden sind. Nach den Satzungsbestimmungen der VddB wird die Hinterbliebenenversorgung aber nur überlebenden Ehegatten gewährt. Somit erfahren Lebenspartner, da ihnen die Versorgung verweigert wird, in diesem Fall eine weniger günstige Behandlung als überlebende Ehegatten. Demzufolge hat der Gerichtshof entschieden, dass die Weigerung, Lebenspartnern die Hinterbliebenenversorgung zu gewähren, eine unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung darstellt, falls sich überlebende Ehegatten und überlebende Lebenspartner in Bezug auf diese Versorgung in einer vergleichbaren Situation befinden. Da die gegenseitigen Unterhaltsverpflichtungen von Lebenspartnern völlig mit denen von Ehegatten übereinstimmen, also die gleichen Belastungen vorliegen, müssen folglich auch die gleichen Rechte bestehen. Das gilt insbesondere auch für das Berufsleben und der hierbei erzielten Arbeitsentgelte. Nach der Entscheidung des Gerichtshofs können eingetragene Lebenspartner somit dasselbe “Arbeitsentgelt“ wie ihre verheirateten Kolleginnen und Kollegen beanspruchen. Unter diesen Begriff fallen grundsätzlich alle Leistungen, die Arbeitgeber ihren Beschäftigten gewähren. Das sind zum Beispiel Familienzuschläge, Beihilfen, betriebliche Hinterbliebenenrenten, Sterbegeld und Hinterbliebenenpensionen.Das Fazit:Der europäische Gerichtshof hat entschieden, dass die Versagung einer Hinterbliebenenrente für für einen eingetragenen Lebenspartner eine Diskriminierung wegen der sexuelle Ausrichtung darstellt. Betroffene Lebenspartner sollten sich gegenüber ihren Arbeitgebern oder Versorgungsanstalten auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs berufen und bei einer Leistungsverweigerung notfalls auch gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen und hierdurch die auch im Arbeitsleben gebotene Gleichberechtigung selbstbewusst erkämpfen. Der Autor ist Rechtsanwalt in Köln. Er ist Partner der Rechtsanwaltskanzlei WAGNER HALBE Rechtsanwälte Köln. Er berät und vertritt Privatmandanten und Unternehmer in allen Fragen des Familien- und Erbrechts.