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Fachartikel, 24.10.2008
Rechtliche Aspekte zum Freelancer-Einsatz – Teil 1
AGB oder Individualvertrag?
Angesichts von Personalknappheit und leeren Kassen wird es für Unternehmen, aber auch für Behörden immer attraktiver freie Mitarbeiter, häufig auch als Freelancer bezeichnet einzustellen. Ungeachtet der Potenziale, die freie Mitarbeiter bieten, wie bspw. Kosteneinsparungen und einer erhöhten Flexbilität, gehen mit dem Freelancer-Einsatz jedoch auch Risiken einher.
Weil arbeitsrechtliche Bestimmungen wie der gesetzliche Kündigungsschutz, die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und die Urlaubsvergütung auf echte freie Mitarbeiter keine Anwendung finden, ist eine derartige Gestaltung für viele Unternehmen äußerst attraktiv. Vor allem aber unterliegen echte freie Mitarbeiter nicht der Sozialversicherungspflicht. Auch kann die Zeit der Beschäftigung auf die Dauer der zu erledigenden Arbeit begrenzt werden. So können Sonderarbeiten und Arbeitsspitzen abgefangen werden, ohne dass der Personalstand erhöht werden muss. Zu diesen Arbeiten gehören im IT-Bereich oft IT-Spezialisten, die die IT-Abteilung verstärken, Berater, die für eine längere Zeit ein neues IT-System mit planen, IT-Fachleute, die von einer Firma zum Beispiel dauerhaft zur Wartung der IT-Systemlandschaft "ausgeliehen" werden oder Mitarbeiter eines Auftragnehmers, die jahrelang an der Realisierung eines in Auftrag gegebenen IT-Systems arbeiten.

Erhebliche Haftungsrisiken entstehen in diesen Fällen dann, wenn ein Arbeitnehmer fälschlich als freier Mitarbeiter beschäftigt wird, tatsächlich jedoch abhängig beschäftig und damit scheinselbstständig ist. Auch kann in der dauerhaften Überlassung eines Mitarbeiters eine nicht genehmigte Arbeitnehmerüberlassung liegen. Des Weiteren ist auch die vertragliche Gestaltung dieser Verträge wesentlich. Ein großes Problem besteht hier oft darin, ob der Vertrag vertragstypologisch als Werk- oder als Dienstvertrag zu qualifizieren ist und wo hier die eigentlichen Unterschiede liegen.

Verträge mit freien Mitarbeitern: Als AGB oder Individualvertrag?

Will man einen Vertrag mit einem freien Mitarbeiter abschließen, so kann man diesen Vertrag auf Grund von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder als Individualvereinbarung gestalten. Diese Wahl ist wesentlich, da bei Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen andere Wirksamkeitsvoraussetzungen gelten als bei Individualvereinbarungen.

Gemäß § 305 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Dabei ist gleichgültig,

  • ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden,
  • welchen Umfang sie haben,
  • in welcher Schriftart sie verfasst sind und
  • welche Form der Vertrag hat.

Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen jedenfalls nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

Die zentrale Vorschrift der Inhaltskontrolle von AGB

§ 307 BGB bestimmt, dass Klauseln in AGB unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung ist gem. § 307 II BGB im Zweifel dann anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit

  • wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist, oder wenn
  • wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet wird.

In den §§ 308 und 309 BGB ist näher ausgeführt, welche Klauseln insbesondere unwirksam sind. Diese Vorschriften gelten zwar gem. § 310 I, S.1 BGB nicht, wenn die AGB gegenüber einem Unternehmer oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts verwendet werden. Über § 310 I S.2 BGB und die Generalklausel des § 307 BGB besteht aber auch zwischen Unternehmern kein entscheidender Abweichungsspielraum vom BGB. Dies führt und führte dazu, dass sich die gängigen AGB-Texte in der Praxis sehr standardisiert haben. Der Verwender von AGB kann daher auch im B2B-Bereich (Vertrag zwischen Unternehmen (Business-to-Business) oder mit der öffentlichen Hand) nicht wesentlich von den Vorgaben des BGB und des HGB abweichen. Es ist daher nicht möglich, durch scheinbar listige AGB die Rechte des Vertragspartners des Verwenders wesentlich zu beschneiden. Im Zweifel werden solche Regelungen unwirksam sein.

Lesen Sie im zweiten Teil dieser achtteiligen Artikelserie welche unterschiedlichen Vertragstypen ein Freelancer-Vertrag zugeordnet werden kann und welche Folgen sich daraus ergeben. Um zu den anderen bereits veröffentlichen anderen Beitragen zu gelangen, klicken Sie bitte nachfolgend den jeweiligen Link.

Teil 2: Einordnung von Freelancer-Verträgen
Teil 3: Vertragstypologische Pflichten
Teil 4: Scheinselbstständigkeit oder Arbeitnehmerüberlassung?
Teil 5: Haftung bei Pflichtverletzung

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Elisabeth Keller-Stoltenhoff ist Rechtsanwälting und spezialisiert auf IT-Vergabe- und IT-Vertragsrecht. Sie gründete 2004 die IT-Recht-Kanzlei, die sich auf Beratung in den Bereichen IT-Vertrags- und Vergaberecht, E-Commercerecht, ...
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