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Fachartikel, 13.12.2010
Pressearbeit
Wie Firmen mit redaktioneller PR punkten
Pressearbeit mit redaktionellen Beiträgen ist nicht einfach. Es sei denn, Unternehmen wissen die gängigen Genres sauber voneinander zu trennen. Anwenderbericht, Success Story oder auch Fachartikel sind eigene Textsorten und werden, je nach PR-Strategie, für verschiedene Zwecke eingesetzt. Das Problem: Gerade Erfolgsgeschichten werden oft als Fachartikel angeboten – eine Praxis, die vor allem dem Ansehen des eigenen Unternehmens schadet.
In der Mehrheit der Pressestellen deutscher Unternehmen herrscht „Ahnungslosigkeit über die Bedürfnisse der Medien“. Zu dieser Feststellung gelangte die Kommunikationsberatung Wiegand & Wiegand Media Services – heute Wiegand & Wiegand - die Auftrittsberater – schon 2002. Mit einer Online-Befragung unter 291 Journalisten konnte das Unternehmen damals zeigen, dass die Redaktionen alles andere als glücklich sind mit der Pressearbeit vieler Firmen. Der Blick „für journalistische Bedürfnisse“ fehle, Pressestellen und Journalisten seien sogar vielfach wie Feuer und Wasser, resümierte Geschäftsführer Wolf Achim Wiegand über die Studienergebnisse.

Und heute? Haben die Unternehmen seitdem dazugelernt? Gewisse Zweifel sind nach wie vor angebracht. Diese Einschätzung speist sich etwa aus den Ergebnissen einer Journalistenumfrage aus dem Jahr 2009, die die Deutschen Journalisten Dienste (djd) unter rund 270 Journalisten der Ressorts Verbraucher- und Servicethemen durchführte. „Nicht geliebt, aber gebraucht“, so das Fazit der Umfrage. Konkret bedeutet das: PR-Infos sind dann willkommen, wenn deren Nutzen stimmt und sie die Arbeit der Redakteure erleichtern. Mangelt es jedoch am Nachrichtencharakter, sind die Texte gespickt mit nicht nachvollziehbaren Superlativen oder wird ein Unternehmens- oder Produktname mehrfach genannt, dürfte sich so manches Redakteurshaar zu Berge stellen.   

Ein Fachartikel ist weder ein Anwenderbericht noch eine Success Story

Eine professionell organisierte Pressearbeit eines Unternehmens orientiert sich an den Bedürfnissen der jeweiligen Redaktionen und weiß, welche Beitragsarten für welche Medien in Frage kommen. So stellt sich zumindest die Theorie dar, allein es mangelt hier und da an der praktischen Umsetzung. Besonders deutlich lässt sich dies an der Verwendung der gängigen Textsorten Fachartikel, Success Story und Anwenderbericht zeigen. Gerade der Fachartikel als fachjournalistische Textsorte wird sehr oft als etwas „missbraucht“, was er im Grunde gar nicht ist – nämlich weder Success Story, noch Anwenderbericht und schon gar nicht Produktbericht. Hier scheint Aufklärung angezeigt, denn diese Textsorten sind im Sinne einer professionellen und imagefördernden Pressearbeit scharf voneinander zu trennen.

Fachartikel, Success Stories oder Anwenderberichte haben aus Sicht der PR eine andere Urintention als die journalistische Information. Sie werden geschrieben und zur Veröffentlichung angeboten, um bestimmte Unternehmensinteressen zu vertreten und sind in aller Regel Bestandteil einer größeren PR-Kampagne. Das ist nicht weiter verwerflich, würde dem Fachartikel in der Rolle einer fachjournalistischen Textsorte von gewieften Pressestellen oder Marketingabteilungen nicht häufig ein anderes Label verpasst.

Hierzu ist anzumerken: Manche PR-Abteilungen lancieren Beiträge ganz bewusst unter dem Deckmantel Fachartikel, weil sie glauben, so schneller zu Platzierungen in der Fachpresse zu gelangen. Diese Unternehmen gehen bewusst von einer mangelnden Skepsis beziehungsweise Kritikfähigkeit seriös arbeitender Fachredaktionen aus, die in aller Regel sehr wohl zwischen den gängigen Genres zu unterscheiden wissen. Der beabsichtigte Lerneffekt dieses Beitrags sollte für diese Art von Unternehmen also eher gering ausfallen. Alle anderen sollten nach der Lektüre Fachartikel von Success Story und Anwenderbericht unterscheiden können – und dies im Sinne einer imageadäquaten Pressearbeit auch versuchen umzusetzen.

Fachartikel und Anwenderbericht als journalistische Spezialfälle

Fachartikel und Anwenderbericht gehören idealtypisch zu Spezialfällen des journalistischen Berichts. Hier überwiegen der Nachrichtencharakter und die Objektivität der Darstellungsform. Indes haben Meinungen des Autors in diesen Texten nichts verloren. Fachartikel, Anwender- und auch Produktbericht müssen also die typischen W-Fragen eines Berichts beantworten:
  • Wer?
  • Was?
  • Wie?
  • Wann?
  • Warum?
  • Wo?
Doch im Gegensatz zur bloßen Nachricht gehen diese Textsorten in ihrem Inhalt weiter. Sie erhellen Zusammenhänge, stellen Hintergründe vor und schildern allgemeine oder – wie im Beispiel des Anwenderberichts – auch konkrete Problemstellungen. Fachartikel und Anwenderbericht lassen sich außerdem dem so genannten Nutzwertjournalismus zuordnen. Leser und auch potenzielle Kunden erfahren über die erfolgreiche Platzierung eines Beitrags, von welchem Genre auch immer, Hintergrundinformationen, bekommen Entscheidungshilfen geliefert und Ursachen von Problemen und deren Lösungen aufgezeigt.

Soweit der allgemein verbindende Charakter dieser Textsorten. Doch worin unterscheiden sich Fachartikel und Anwenderbericht eigentlich konkret? In der Praxis gibt es durchaus Mischformen, so dass eine Abgrenzung der einzelnen Genres voneinander geboten erscheint. Dabei kommt dem Fachartikel eine durchaus prominente Sonderstellung zu. Nicht von ungefähr schreibt Jörg Forthmann, Geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Kommunikationsagentur Faktenkontor, im „Praxishandbuch Public Relations“ von der „Königsdisziplin“ Fachartikel, der nicht einfach zu platzieren und noch schwieriger zu schreiben sei. Vor allem sei es sprachlich wichtig, sich auf dem Niveau des Fachjournalisten und seines Mediums zu bewegen. Eine Herausforderung, vor der viele Unternehmen in die Knie gehen und stattdessen einfach Erfolgsstories oder sogar Produktberichte anbieten.

Fachartikel: Umfangreich, neutral, hohes fachliches Niveau

Die Antwort, was unter einem Fachartikel als fachjournalistische Textsorte tatsächlich zu verstehen ist, ist die Journalismus-Forschung bis heute schuldig geblieben. Daher liegt der Schluss nahe, dass die Ursache für den vielfältigen Missbrauch seines Labels gerade im Fehlen einer allgemein gültigen Definition zu suchen ist. Trotzdem lassen sich dem Fachartikel im journalistischen Koordinatensystem einige zentrale Merkmale zuordnen – Merkmale, die ihn von einem reinen PR-Text unterscheiden. Fachartikel kennzeichnen folgende Eigenschaften:
  • Mehrere DIN-A4-Seiten lang
  • Neutrale, objektive Darstellungsform
  • Hohes fachliches Niveau
  • Behandlung einer Fragestellung aus problemorientierter Perspektive
  • Auseinandersetzung mit einer generellen Fachthematik
  • Favorisiert kein einzelnes, herstellergebundenes Produkt
  • Geht nicht von einer kundenspezifischen Implementierung aus
  • Kann auch ein Grundlagen- oder Übersichtsartikel sein
  • Relativ hoher Nutzen für den Leser
Lesern und potenziellen Kunden bietet ein Fachartikel also nur dann einen entsprechenden Mehrwert, wenn er die eben genannten Voraussetzungen erfüllt. Als Fachartikel getarnte Erfolgsgeschichten oder Produktberichte sind hingegen bestenfalls dafür geeignet, Redakteure zu verärgern – und künftige E-Mails mit neuen Artikelangeboten vielleicht sogar ohne Würdigung eines Blickes spontan in den Papierkorb zu befördern. So kann das, was ursprünglich als durchaus sinnvolle PR-Strategie geplant war, schnell zum ungeliebten Bumerang in Sachen Unternehmensimage werden.  

Anwenderbericht: Die Sicht des Kunden


Einige Unternehmen scheinen mit der Bedeutung der Begriffe Auftraggeber und Auftragnehmer ihre lieben Probleme zu haben. Wie wäre es sonst zu erklären, dass nicht wenige Anwenderberichte als Success Stories daherkommen, in denen die Vorzüge von Produkten des Anbieters in den Vordergrund gerückt werden? Das kritische Fachpublikum wird diesen Etikettenschwindel allerdings recht schnell erkennen, denn schließlich ist ein Anwenderbericht das, was er im wahrsten Sinne des Wortes bedeutet: Ein Bericht eines Anwenders. Ein Praxisbeispiel, das bei der Recherche zu diesem Beitrag auf der Webseite eines Anbieters für Lohnbuchhaltungssoftware gefunden wurde, soll die zentralen Bestandteile dieser fachjournalistischen Textsorte aufzeigen:
  • Ausgangsüberlegung
  • Probleme
  • Implementierung
  • Resümee
Den Kunden und Anwender der Software des Anbieters plagten vor deren Implementierung hohe Zusatzkosten für Updates und Beratungsaufwand im Rahmen eines Lizenzvertrages. Außerdem bereitete die bisherige Lohnbuchhaltungssoftware unter anderem Probleme bei der elektronischen Entgeltabrechnung ELENA. Die Folge: Das Unternehmen strebte einen Wechsel der Softwarelösung an – und hatte Erfolg. Mit der neuen Lösung – der Produktname wird an dieser Stelle aufgrund nicht beabsichtigter Werbung verschwiegen – entschied es sich laut eigener Aussage für eine anwenderfreundliche Variante mit selbsterklärenden Menüs sowie über Telefon direkt erreichbare Support-Mitarbeiter. Hinzu kam ein Einsparpotenzial bei den Softwarewartungskosten von einigen tausend Euro pro Jahr. Das Resümee des Anwenders: Für Unternehmen kann es sich lohnen, das jährliche Budget für die Lohnbuchhaltungssoftware auf den Prüfstand zu stellen und eventuell auch den Anbieter zu wechseln.

Hier ist deutlich die Handschrift des Anwenderberichts erkennbar: Die Ausgangslage bildete eine konkrete Problemstellung, nämlich das Handling der bisherigen Lohnbuchhaltungssoftware. Eine Lösung musste her, und so entschied man sich für einen neuen Anbieter, der den Auftrag zufriedenstellend umsetzte. Die Vorzüge dieser Lösung werden daraufhin dem Leser direkt präsentiert und deren Nutzen dargelegt. Dies ist der eigentliche Sinn des Anwenderberichts, denn eine bestimmte Implementierung könnte ja auch für andere potenzielle Anwender interessant sein. Abschließend erfolgt eine Zusammenfassung beziehungsweise ein allgemeines Fazit.

Success Story: Vor allem ein Werbetext

Während Fachartikel und Anwenderbericht als fachjournalistische Textsorten gelten, lässt sich dies von einer Success Story nicht behaupten. Der Grund: Auch wenn eine Success Story, die ein erfolgreiches Produkt, Projekt oder Unternehmen beschreibt, wie der Anwenderbericht von einer konkreten Implementierung ausgeht, steht hier doch die Sicht des Herstellers beziehungsweise Anbieters im Mittelpunkt. Die zentrale Frage: Warum wurde gerade Produkt X ausgewählt und welche wirtschaftlichen Vorteile konnten beim Kunden damit erzielt werden? Kennzeichen, die eindeutig einem Werbetext zuzuordnen sind. Dies können zum Beispiel Steigerungen beim Umsatz oder auch eine Effizienzsteigerung bei bestimmten Prozessen sein. Folgende Eigenschaften bringt die Success Story mit:
  • Selten länger als zwei oder drei DIN-A4-Seiten
  • Ein-Quellen-Text und damit keine journalistische Darstellungsform
  • Fehlende Objektivität und Unparteilichkeit
Zurecht bemerkt Manfred Weise in seinem Beitrag „Die Genres – Fachjournalismus und Fach-PR mit unterschiedlichen Interessen“ jedoch, dass selbst „ein Mehr-Quellen-Text keine hinreichende Bedingung für Objektivität“ ist. Längst würden Firmen und Hersteller in ihren Pressetexten Zitate mitliefern, in denen Anwender und sonstige Spezialisten das eigene Produkt loben. Auf diese Weise würde versucht, einen allgemeinen Recherchebericht vorzutäuschen.

Aus Marketingsicht haben sowohl Fachartikel als auch Anwenderbericht und Success Story ihre jeweils eigene Berechtigung. Allerdings sollten sie auch als solche verfasst und den jeweiligen Medien angeboten werden, die diese Textsorten auch tatsächlich abdrucken. Nichts sollte peinlicher für ein Unternehmen sein, als von einer Redaktion mit dem Argument abgespeist zu werden, beim eingereichten Beitrag handele es sich nicht um einen Fachartikel, sondern eher um einen Anwenderbericht oder eben eine Success Story.  Unternehmen können hier leichtsinnig Kredit verspielen, wenn sie bewusst die redaktionellen Spielregeln übergehen.

Ausgangsfrage bei einer PR-Arbeit mit Fachartikeln, Anwenderberichten oder Success Stories sollte somit immer sein, welche Intention mit dem Verfassen eines solchen Beitrags verfolgt wird: Soll, wie beim Anwenderbericht, ein Kunde zu Wort kommen und ausgehend von einer allgemeinen Problematik eine konkrete Implementierung beschreiben? Soll die erfolgreiche Umsetzung eines Projekt oder die Implementierung eines Produkts beim Kunden im Vordergrund stehen und die Vorteile davon aufgezeigt werden? Oder wird vielmehr angestrebt, sein Expertenwissen durch eine allgemeine und neutrale Auseinandersetzung mit einem wirtschaftlichen Branchenthema darzulegen?

Ganz gleich mit welcher Intention der jeweilige Beitrag verfasst wird – ein Unternehmen sollte sich über die unterschiedlichen Bedeutungen von Fachartikel, Anwenderbericht und Success Story und ihrer Verortung im journalistischen Koordinatensystem im Klaren sein. Erst wenn dies der Fall ist und es gleichzeitig reflektiert, welche Rolle ein solcher Beitrag für die eigene PR-Arbeit einnimmt, werden Fehler vermieden und Fachartikel nicht als Anwenderbericht oder Erfolgsstory und umgekehrt verkauft. Dann ist die Gefahr gebannt, den sowieso schon unter Zeitdruck stehenden Redaktionen Beiträge wahllos nach dem Gießkannenprinzip anzubieten. Der Schlüssel liegt also auch hier in einer planvollen beziehungsweise methodischen und vor allem ehrlichen Pressearbeit, die für das eigene Unternehmensimage nur von Vorteil sein kann.  
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