Fachartikel, 31.05.2010
Perspektive Mittelstand
Personalkosten
Arbeitskosten in der Industrie erstmals gesunken
Im vergangenen Jahr sind erstmals seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland die Arbeitskosten im Produzierenden Gewerbe gesunken. Grund hierfür waren der hohe Anteil an Beschäftigten in Kurzarbeit, Überstundenabbau und ähnliche Maßnahmen.
Die Wirtschaftskrise hat auf dem Arbeitsmarkt bisher nur vergleichsweise geringen Schaden angerichtet: Selbst im Produzierenden Gewerbe, dessen Wirtschaftsleistung im Jahr 2009 um 15 Prozent eingebrochen ist, waren lediglich 2 Prozent weniger Mitarbeiter beschäftigt als 2008.

Dieser Beschäftigungserfolg relativiert sich ein wenig dadurch, dass die Belegschaften deutlich früher nach Hause gehen mussten als in ökonomisch besseren Zeiten – Überstunden wurden abgebaut, Arbeitszeitkonten leergeräumt, und die Kurzarbeit wurde massiv ausgeweitet. Dementsprechend sind die Arbeitskosten je Vollzeitbeschäftigten 2009 im Westen um 2,1 Prozent und im Osten um 0,8 Prozent gesunken.

Die Wirtschaftskrise hat darüber hinaus auch in der Struktur der Arbeitskosten ihre Spuren hinterlassen:

Entwicklung der Arbeitskosten in Westdeutschland

Im Produzierenden Gewerbe sind die Arbeitskosten je Vollzeitkraft im Jahr 2009 auf das Niveau von 2007 zurückgefallen und waren mit 54.890 Euro um 1.200 Euro bzw. 2,1 Prozent niedriger als 2008. Dabei ist das Entgelt für arbeitsfreie Tage sogar gestiegen. Es macht jetzt 10,2 Prozent des Jahresverdienstes aus – 2008 waren es erst 9,8 Prozent.

Verantwortlich dafür sind die sogenannten Remanenzkosten der Kurzarbeit. Diese wird zwar vom Staat kräftig bezuschusst, ist aber für Unternehmen keineswegs kostenfrei:
  • Die Vergütung für Urlaubs- und Feiertage richtet sich auch weiter am normalen Wochenpensum aus.
  • Die Sozialversicherungsbeiträge sind ebenfalls zunächst fast ungeschmälert fällig, wenngleich der Staat den halben oder – bei Weiterbildungsmaßnahmen oder längerer Dauer der Kurzarbeit – sogar den ganzen Betrag zurückerstattet.
Auf jeden 100-Euro-Schein für das Jahresentgelt mussten die Arbeitgeber im vergangenen Jahr 18,50 Euro für Sozialversicherungsbeiträge drauflegen. Im Jahr 2008 waren es 10 Cent weniger.

Direkten Einfluss hat die Wirtschaftskrise auch auf die Finanzierung der betrieblichen Altersversorgung und die sonstigen Personalzusatzkosten:
  • Mehr Insolvenzen haben die Beiträge für den Pensionssicherungsverein in die Höhe schießen lassen.
  • Die Aufwendungen für Entlassungsentschädigungen sind wegen häufigerer Jobverluste höher.

Summa summarum stiegen die Personalzusatzkosten in Relation zum Entgelt für geleistete Arbeit – dem sogenannten Direktentgelt – von 71,3 Prozent im Jahr 2008 auf 72,4 Prozent in 2009.

Entwicklung der Arbeitskosten in Ostdeutschland

In den neuen Ländern mussten 2009 für eine Vollzeitkraft durchschnittlich 36.830 Euro gezahlt werden. Damit bleibt es beim ostdeutschen Kostenvorteil von rund einem Drittel gegenüber dem Westen. Im Vergleich zum Vorjahr sanken die Arbeitskosten um 0,8 Prozent.

Dass die Arbeitskosten im Osten nicht so stark zurückgegangen sind wie im Westen, erklärt sich vor allem dadurch, dass das Produzierende Gewerbe in den Ostländern weniger heftig unter der Krise gelitten hat. Die Personalzusatzkostenquote stieg in den neuen Bundesländern dennoch von 60,1 auf 61,1 Prozent.

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