Pressemitteilung, 21.05.2007 - 15:08 Uhr
Perspektive Mittelstand
„Peer im Glück“ – Wohin mit den kurzfristigen Mehreinnahmen der öffentlichen Hand?
(PM) , 21.05.2007 - Bonn/Berlin - Als „Hans im Glück“ firmierte der damalige Finanzminister Eichel (SPD) nur für eine relativ kurze Zeit. Dann stellte sich heraus, dass sein Haushalt „auf Kante genäht“ war, wie der ehemalige Lehrer als Dauergast von Sabine Christiansen zu sagen pflegte. Vom Shootingstar in der rot-grünen Koalition verkam Eichel dann ganz schnell zum Prügelknaben. „Peer im Glück“ – diese Floskel hat noch niemand verwendet. Dabei sprudeln die Steuer-Quellen wie lange nicht mehr. Die Ergebnisse der Steuerschätzung für den Mai 2007 sind eigentlich Grund genug zum Jubilieren: Bis 2011 können Bund, Länder und Gemeinden mit Steuermehreinnahmen von knapp 180 Milliarden Euro rechnen. Dies teilte das Bundesfinanzministerium nach der Beratung des Arbeitskreises Steuerschätzung mit. Allein der Bund darf sich auf Mehreinnahmen von rund 87 Milliarden Euro freuen. Doch Steinbrück trat sofort auf die Euphorie-Bremse. Schließlich fordern seine Kollegen in den einzelnen Ministerien bis 2011 satte 28 Milliarden Euro mehr. „Der Staat schwimmt in fremdem Geld. Allein in diesem Jahr überwiesen die Steuerzahler rund 580 Milliarden Euro (inklusive Kindergeld und Eigenheimzulage) an den Staat“, erklärte der Bund der Steuerzahler (BDS) www.steuerzahler.de nach Veröffentlichung der neuesten Daten. Ein Teil der Steuermehreinnahmen müsse an die Bürger zurückgezahlt werden. Als vorrangige Entlastungsmöglichkeiten nannte der Bund der Steuerzahler die Wiederherstellung der alten Regelung bei der Entfernungspauschale, die Reduzierung des Solidaritätszuschlags sowie die Ausweitung des Katalogs der mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz besteuerten Güter und Dienstleistungen (in erster Linie verschreibungspflichtige Medikamente). Die zusätzlichen Ausgabenwünsche der Ministerien seien absurd. Gefragt sei jetzt eine durchgreifende Steuerreform nach dem Leitbild „Niedrig-Einfach-Gerecht“. In der Tat gibt es keinen Grund zur Entwarnung. „Wenn die Politik weitermacht wie bisher, wird die öffentliche Verschuldung bis zum Jahr 2050 auf das Zweieinhalbfache des Bruttoinlandsprodukts klettern – heute sind es knapp 70 Prozent“, warnen die Experten der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) www.insm.de, einer Denkfabrik, die sich dem Gedankengut Ludwig Erhards verpflichtet fühlt. Die Bundesrepublik schiebt einen Schuldenberg von über 1,5 Billionen Euro vor sich her. Das macht pro Kopf 18.297 Euro. Die Sünden wurden seit den siebziger Jahren gemacht. Allein von 1990 auf 2000 erhöhte sich die Schuldenlast des Bundes von 311 Milliarden Euro oder 24 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 782 Milliarden Euro oder 38 Prozent des BIP. Mit Recht und Gesetz nehmen es die Politiker in der Regel nicht so genau. Eigentlich sieht das Grundgesetz als Obergrenze für die Neuverschuldung die Investitionsausgaben vor. Letztere beliefen sich für den Bund im Jahr 2006 auf 23,2 Milliarden Euro – die neuen Schulden aber auf 27,9 Milliarden Euro. Wer jetzt die Hände in den Schoß legen will oder nach neuen finanziellen Wohltaten ruft wie vor allem die Familienministerin Ursula von der Leyen, der sollte bedenken, dass der gesamte Schuldenberg von Bund, Ländern und Gemeinden nach wie vor bei 68 Prozent der Wirtschaftsleistung liegt. Würde die bis 2005 praktizierte Finanzpolitik weiter betrieben, würde der Schuldenstand bis 2050 auf 239 Prozent des BIP steigen – das gesamtstaatliche Haushaltsdefizit beliefe sich dann auf 11 Prozent des Sozialprodukts. Die Regierung Merkel hat bisher nicht erkennen lassen, dass sie in der Finanzpolitik völlig neue Wege einschlagen will. Nach der Devise „Steuern erhöhen statt Ausgaben kürzen“ erhöhte die Bundesregierung im Januar dieses Jahres die Mehrwert- und die Versicherungssteuer. Dass es noch genügend Einsparpotenzial gibt, haben die Fachleute des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) www.iw-koeln.de zusammen mit dem Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut der Universität Köln errechnet. In Deutschland lassen sich pro Jahr über 80 Milliarden Euro ohne Leistungseinbußen einsparen, so ihre These. Mehr Investitionen des Staates seien hingegen bei Forschung und Entwicklung (FuE) gefordert, betont Tobias Janßen, Geschäftsführer der Beratungs- und Beteiligungsgesellschaft Goldfish Holdings www.goldfish-holdings.com in Düsseldorf. Goldfish Holdings wurde 2002 als globale Venture-Management-Organisation von Tobias Janßen gegründet und besitzt weltweite Beteiligungen in den Bereichen alternative Energien, Biotechnologie und Technologie. Darüber hinaus bietet Goldfish umfassende Beratungsleistungen für Neugründungen und Unternehmen in Schwellenmärkten an. Janßen verweist auf eine jetzt veröffentliche Untersuchung des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung (NIW) www.niw.de. „Die Studie stellt fest, dass FuE in Deutschland nur ‚Mitläufer der Konjunktur’ und nicht treibende Kraft im Wachstumsprozess ist. In fast allen Weltregionen hat man die staatlichen Ausgaben zuletzt deutlich ausgeweitet. Wir müssen in Deutschland auch wieder mehr in die Zukunft als in den Bestandsschutz investieren. Zukunftsförderung statt Vergangenheitsalimentierung – das könnte ein Motto für die Politik sein. In der Industrieforschung ist Knauserigkeit der falsche Weg. Wir dürfen uns nicht ewig nur auf den Automobilbau verlassen“, so Janßen.