Pressemitteilung, 10.12.2011 - 17:37 Uhr
Perspektive Mittelstand
Neues zur Zulässigkeit der Verwendung der Materialbezeichnung „Textilleder“ in der Werbung - Teil 1
(PM) Saarbrücken, 10.12.2011 - Das Landgericht Dortmund hat mit Beschluss vom 14. Juli 2011 in dem von uns im Auftrage des Wirtschaftsverbandes eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahren die Verwendung der Bezeichnung "Textilleder" in der Werbung für Möbelstücke, deren Bezugsstoffe nicht oder nicht überwiegend aus Leder bestehen, per einstweiliger Verfügung untersagt.Nunmehr hat auch das Landgericht Bielefeld mit Urteil vom 23. September 2011 (Az.: 17 O 119/11) dem Antrag von WAGNER Rechtsanwälte stattgegeben und im Wege der einstweiligen Verfügung die Verwendung der Materialbezeichnung „Textilleder“ in der Werbung für Möbelstücke verboten.Darüber hinaus liegt mit dem Urteil des Landgerichts Würzburg vom 6. Oktober 2011 (1 HK O 1429/11) auch die erste Entscheidung in einem ("normalen") Klageverfahren vor - vorherige Entscheidungen waren jeweils im Rahmen des schnelleren sog. einstweiligen Rechtsschutzes ergangen. Auch in diesem Fall gab das Landgericht Würzburg unserem Antrag statt und untersagte der Beklagten, einer Möbelhändlerin, die Verwendung der Bezeichnung „Textilleder“ in der Werbung.SachverhaltDie den Entscheidungen zu Grunde liegenden Sachverhalte hatten alle folgende Gemeinsamkeit: Es wurden jeweils Möbelstücke, deren Bezugsstoffe keinerlei Lederanteile aufwiesen, sondern die lediglich aus einem Textilgewebe mit Kunststoffbeschichtung oder aber aus einem lederähnlich aussehenden und sich ähnlich anfühlenden PVC-Material bestanden mit der Bezeichnung „Textilleder“ beworben. Die EntscheidungenDie Gerichte teilten die Auffassung von WAGNER Rechtsanwälte und bejahten ein Unterlassungsanspruch der Mandantin gemäß §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2; 3; 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Sowohl das Landgericht Bielefeld als auch das Landgericht Würzburg hielten den Begriff „Textilleder“ für irreführend und sahen in seiner Verwendung eine Täuschung über wesentliche Merkmale der Ware im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG.Landgericht WürzburgDas Landgericht Würzburg war der Ansicht, dass bei der Benutzung des Begriffs "Textilleder" der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durch-schnittsverbraucher auf die Verwendung von echtem Leder bei der Herstellung des Produkts schließe, was tatsächlich ja nicht der Fall sei.Nach den gerichtlichen Feststellungen wendet sich die Werbung und der beanstandete Internetauftritt der Beklagten an jeden potentiellen Möbelkäufer, so dass die Würdigung der Bedeutung des Ausdrucks „Textilleder“ ohne Einholung einer Meinungsumfrage von dem angerufenen Gericht selbst, als den allgemeinen Verbraucherkreisen zugehörig, vorgenommen werden konnte. Das Gericht hielt die Verwendung der Bezeichnung „Textilleder“ für Möbelbezugsstoffe, welche nicht aus gegerbter Tierhaut bestehen, für unzulässig, da der Verbraucher im Unterschied zu dem eindeutigen, denaturalisierenden Begriff "Kunstleder" bei der Verwendung eines zusammengesetzten Begriffs mit „Leder“ den Einsatz von Leder erwartet. Das Landgericht Würzburg stellte des Weiteren fest, dass das Fehlen der Kennzeichnung „Echt Leder“, mit welcher Produkte oft versehen werden, in der Werbung der Beklagten die bestehende Irreführung nicht ausräumen kann. Denn nach Auffassung des Gerichts wird „Echt Leder“ lediglich von einigen Herstellern eingesetzt, um sich optisch mit einem Symbol vom Kunstleder abzugrenzen. Wichtig ist die Entscheidung des Landgerichts Würzburg auch deshalb, weil sie sich mit der Frage auseinandersetzt, ob die Kosten einer (vorgerichtlichen) Anwaltsabmahnung (2. Abmahnung), der bereits eine von einem Verband zuvor selbst ausgesprochenen Abmahnung vorausging, ersatzfähig sind. Diese Frage ist in der Rechtsprechung aufgrund der Klagebefugnis eines Verbandes umstritten. Teilweise wird im Falle eines Verbandes die Erstattungsfähigkeit der anwaltlichen Abmahnkosten generell unter Verweis darauf abgelehnt, dass nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugte Verbände nach ihrer Organisation und Ausstattung selbst in der Lage sein müssen, Wettbewerbsverstöße abzumahnen (und daher anwaltliche Hilfe nicht unbedingt notwendig sei). Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung „Fotowettbewerb“ (BGH GRUR 1970, 189 – Fotowettbewerb) die Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten für die zweite Abmahnung für den Fall bejaht, dass die Beklagte nur unzureichend oder aber gar nicht auf die erste, vom Verband selbst ausgesprochene Abmahnung reagiert. Auch die Oberlandesgerichte Köln, Düsseldorf und München zählen die Kosten einer zweiten Abmahnung durch die Prozessbevollmächtigten eines Verbandes zu den erforderlichen Aufwendungen des Verbandes. Allerdings hat der BGH in einer aktuellen Entscheidung aus dem Jahr 2010 nunmehr Gegenteiliges entschieden (BGH GRUR 2010, S. 354 - Kräutertee, Urteil vom ). Im vorliegenden Fall hat sich das Landgericht Würzburg für die Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten der zweiten Abmahnung ausgesprochen. Insoweit hat das Gericht hier festgestellt, dass der Kläger angesichts der abwartenden Reaktion der Beklagten eine zweite Abmahnung durch unsere Kanzlei nicht von vornherein für aussichtslos halten musste.


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