Kolumne
MarkenPanoptikum, 01.03.2011
Perspektive Mittelstand
Neue Markenwerte im Angebot
Marke Schlecker gar nicht lecker
Um das eigene Markenimage zu verbessern, braucht es mehr als nur ein neues Corporate Design. Auch neue Markenwerte reichen hier nicht aus. Diese Erfahrung dürfte auch die Marke „Schlecker“ machen.
Seit kurzem tritt Schlecker mit neuem blauen Logo auf. Der bisher mit dominanten Großbuchstaben geschriebene Schriftzug wurde durch eine Mixtur aus Block- und Schreibschrift ersetzt. Darüber hinaus werden die Filialen in den nächsten Jahren für rund 230 Mio. Euro modernisiert. Alles in allem nette Markenkosmetik, die man von der (noch) führenden Drogeriemarktkette durchaus auch erwarten darf.

Bezeichnender aber ist, für welche Werte die Marke „Schlecker“ zukünftig stehen möchte, für Sympathie, Nähe und Zugänglichkeit. So, so. Nähe macht ja noch halbwegs Sinn, verfügt Schlecker doch deutschlandweit über die meisten Filialen (aktuell rund 8.000), die zudem meist im Orts- bzw. Stadtzentrum gelegen sind, wenn auch häufig in eher schlechten Lagen.

Wesentlich irritierender ist demgegenüber der Markenwert „Sympathie“. Den hat sich dm in vielen Jahren äußerst glaubwürdig durch sein aufrechtes Tun und Handeln mehr als verdient und mit seinem weithin bekannten Claim „Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein“ auch noch äußerst treffend in Worte gefasst. Es erscheint deshalb kaum realistisch, dass Schlecker sich diesen Markenwert mittelfristig zu eigen machen kann – und wenn es das Ehinger Unternehmen dann doch irgendwann mit viel Werbeaufwand und noch viel mehr Wohlverhalten schaffen sollte, dann differenziert sich die Drogeriekette damit nicht gegenüber Hauptwettbewerber dm. Aber genau darum geht es doch bei starken Marken: um glaubhafte Differenzierungs- und Alleinstellungsmerkmale!

Was schließlich unter „Zugänglichkeit“ verstanden werden soll, bleibt zunächst offen. Vielleicht möchte Anton Schlecker mit diesem Markenwert die stärkere Öffnung seines Unternehmens gegenüber der Öffentlichkeit zum Ausdruck bringen, bei der seine Kinder Meike und Lars eine zentrale Rolle spielen sollen (vgl. Interview in Manager-Magazin 12/2010). Das ist lobenswert, aber doch kein Markenwert!

Fazit: Nähe ist gut, Zugänglichkeit sollte in Zeiten von CSR eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein (und dürfte damit wenig hilfreich sein, um sich zu differenzieren) und „Sympathie“? Das klingt fein und lecker, ist aber alles andere als Schlecker!

P.S.: Auch der seit kurzem im Fernsehen gezeigte Werbespot von Schlecker passt nicht zu den neuen Markenwerten. Statt mit Sympathie, Nähe und Zugänglichkeit, für deren Veranschaulichung eine kleine Geschichte mit Mitarbeitern und/oder Kunden in einer neuen Schlecker-Filiale sicherlich hilfreich gewesen wäre, wirbt der billig gemachte 20-Sekunden-Spot ganz platt mit dem Claim „Schlecker ist billiger“.

Im Stil einer Flash-Animation mit sparsamer Vertonung werden lediglich im Preis reduzierte Produkte vor Schlecker-blauem Hintergrund gezeigt. Sympathie, Nähe und Zugänglichkeit sehen anders aus! Es bleibt deshalb abzuwarten, ob das neue Selbstverständnis der Drogeriemarktdynastie mehr ist als nur ein sanft balsamiertes Lippenbekenntnis.

Den TV-Werbespot sehen Sie hier.

ZUM KOLUMNIST
Über Karsten Kilian
Dipl.-Kfm. Karsten Kilian gilt als einer der führenden Markenexperten Europas. Mit Markenlexikon.com hat er das größte Markenportal im deutschsprachigen Raum aufgebaut. Nach seinem BWL-Studium an der Universität Mannheim arbeitete Herr Kilian u.a. mehrere ...
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