Pressemitteilung, 20.10.2006 - 10:59 Uhr
Perspektive Mittelstand
Monopole gehören auf den Schrotthaufen der Ideologien – Vorgeplänkel zur Ministerpräsidentenkonferenz auf Frankfurter Medien-Workshop
(PM) , 20.10.2006 - Von Andreas Schultheis/Gunnar Sohn Bonn/Frankfurt - Ob Zufall oder Absicht, der Termin war bestens gewählt. Während heute die Ministerpräsidentenkonferenz im beschaulichen Bad Pyrmont zusammenkam, um bis Freitag unter anderem über den Entwurf des neuen Lotteriestaatsvertrages zu beraten, wurden beim Medien-Workshop von Dow Jones Newswires www.djnewswires.de in Frankfurt abermals Argumente und Standpunkte für und gegen die Beibehaltung des Staatsmonopols auf Sportwetten ausgetauscht. Wer das Milliardenspiel gewinnen wird, war nicht abzusehen, wohl aber, dass der Politik, die mehrheitlich für die Beibehaltung des Monopols eintritt, die Argumente dafür ausgehen. Eine Studie des Ifo-Institutes für Wirtschaftsforschung www.cesifo-group.de in München belegt nämlich, dass eine Marktöffnung ab 2008 zwar „private Wettshops wie Pilze aus dem Boden schießen“ lasse, so Lars Hornuf vom Ifo-Institut. Gleichzeitig würden sich bei einer Rohertragsbesteuerung von 15 Prozent die potenziellen Einnahmen für den Staat vervielfachen. Laut Ifo-Studie kann man infolge einer Liberalisierung außerdem mit bis zu 10.000 neuen Wettshops in Deutschland rechnen. „Auch die Hardliner in einigen Landesregierungen können nicht ihre Augen vor der Tatsache verschließen, dass bei einer Zementierung des Monopols bis zum Jahr 2010 nach Ifo-Schätzungen rund 15.000 Arbeitsplätze wegfallen werden. Die privaten Anbieter betrachten die derzeitige Diskussion somit mit neuer Gelassenheit“, sagte Reinfried Wiesmayr, Geschäftsführer des privaten Sportwetten-Anbieters Wettcorner www.wettcorner.com aus Österreich, der auf dem deutschen Markt tätig ist. „Wenn der neue Staatsvertrag das Monopol festschreibt, wäre dies ein Rückfall in die Steinzeit, auch aus Gründen des Spielerschutzes, der beim Staat nicht garantiert werden kann“, sagte auch Thomas Talos, Rechtsanwalt des privaten Anbieters bwin www.bwin.de. Er ist sich sicher, dass es langfristig eine Marktöffnung geben werde, vor allem mit Blick auf anstehende Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vor dem Hintergrund der im EU-Vertrag garantierten Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit. „Europa wird auch vor einem der letzten Monopole nicht halt machen.“ Ein staatliches Monopol begünstige lediglich die Entstehung von Schwarzmärkten und erhöhe somit die Suchtgefahr, die immer wieder als Argument für das Monopol angeführt werde. Dirk Uwer von der Anwaltssozietät Hengeler Müller www.hengeler.de wollte das Sportwettenmonopol wie viele andere Monopole auf dem „Schrotthaufen der Ideologien“ sehen. Auch Markus Maul, Präsident des Verbandes Europäischer Wettunternehmer www.vewu.com, zweifelte die Stabilität eines neuerlichen Monopols an, das außerdem auch der Volkswirtschaft schade: „Um das Monopol zu sichern, seien die Ministerpräsidenten bereit, „alle staatlichen Glücksspielangebote einzustellen und die Vertriebsstrukturen von Lotto auf ein Minimum zurückzufahren.“ Damit riskierten sie Einnahmeverluste in Höhe von geschätzten 2,5 Milliarden Euro. Bereits im Sommer letzten Jahres, so eine gestern verbreitete Pressemitteilung des Verbandes, hätten die Ministerpräsidenten dagegen eine Kommission eingesetzt, die mit der Ausarbeitung einer Neuregelung für den Sportwettenmarkt beauftragt war und die im Februar 2006 Empfehlungen für eine Liberalisierung vorlegte. „Die Ausführungen dieser Kommission lesen sich in vielen Punkten so, als hätten die privaten Anbieter sie selbst geschrieben“, kommentierte Maul. Ungeachtet dieser Empfehlungen und der Abmahnung durch die EU-Kommission in Form eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland zeige sich die Politik uneinsichtig. Für Stefan Ziffzer, Vorsitzender der Geschäftsführung des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München www.tsv1860.de, der seit der laufenden Saison einen Sponsorenvertrag mit bwin hat, spielt sich derzeit „ein heuchlerischer Kampf um liebgewordenen Pfründe“ ab. Selbst wenn die Ministerpräsidenten sich jetzt noch einmal auf die Beibehaltung des Monopols festlegen, werde sich in einigen Jahren der Markt entwickeln, „aber wieder einmal um uns herum“, so Ziffzer. „Warum nutzen wir die Chance nicht und werden einmal Vorreiter einer neuen Entwicklung?“ Dabei könnte sowohl dem Spielerschutz unter Aspekten der Suchtvorbeugung wie den Interessen der Staathaushalte und der Sportförderung Rechnung getragen werden. Ein Modell, das beiden Lagern gerecht würde, glaubte Wilfried Straub für den Deutschen Fußball-Bund www.dfb.de und die Deutsche Fußball-Liga www.dfl.de bereits im Februar präsentiert zu haben. Das aber sei von der Politik „mit einem Federstrich vom Tisch gewischt worden", so der Sportwettenbeauftragte des DFB. „Das war politisch nicht korrekt, das war sogar unanständig." Auch für ihn sei die seit Monaten öffentlich ausgetragene Diskussion „scheinheilig". Gleichwohl werde man im Interesse der Verbände jede Entscheidung akzeptieren. DFB und DFL sowie der Deutsche Olympische Sportbund www.dosb.de hatten bisher einen Kompromissvorschlag gesetzt, der neben Oddset auch andere Anbieter vorsieht. Im Übrigen erfülle der staatliche Anbieter nach wie vor die Auflagen des Bundesverfassungsgerichts insbesondere in puncto Spielerschutz nicht. So hätten sich die Werbeausgaben in den Monaten Mai und Juni 2006 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Straub und der Duisburger Anwalt Guido Bongers www.ra-bongers.de wiesen außerdem darauf hin, dass der Jugendschutz bei Oddset nicht verwirklicht werde und Minderjährige in Oddset-Annahmestellen spielen könnten, so Bongers.