Wie Führungskräfte mit Hilfe von Coaching-Techniken die Leistungsbereitschaft und Eigenverantwortung von Mitarbeiter fördern und so dafür die Weichen stellen, dass aus reaktiven Befehlsempfängern proaktive Mitgestalter werden…
Führung mittels Coaching setzt nicht auf Instruieren, sondern vielmehr darauf, Mitarbeiter zu befähigen.
Kleine und mittelständische Unternehmen sind genauso, wenn nicht sogar stärker als große Konzerne, auf die selbstverantwortliche Arbeit ihrer Mitarbeiter angewiesen. Teams und Führungskräfte profitieren enorm davon, wenn Einzelne das „Zepter übernehmen“ und zeitgerecht, pro-aktiv die jeweilige Aufgabe vorantreiben und erfolgreich abschließen. Wie aber kann eine Führungskraft die eigenen Mitarbeiter fördern und dabei unterstützen, die erwünschte Eigenverantwortung zu übernehmen?
Coaching als Führungsinstrument Systemisches Coaching regt die Kreativität an, schafft Freiheit für das „Erdenken“ neuer Lösungen und ermöglicht die Erarbeitung von Handlungsoptionen und Detailschritten. Der Mitarbeiter arbeitet selbstverantwortlich an seiner eigenen Lösung, weil im Coaching die Lösungen von demjenigen kommen, der das Problem hat. Dies ist auch der größte Unterschied zu anderen Beratungsformen. Die Unterstützung liegt in der Hilfe, die Lösung in und durch sich selbst zu suchen und zu finden. Nutzt die Führungskraft Coaching-Fragen, so geht sie davon aus, dass der Mitarbeiter fähig ist und alle Fertigkeiten mitbringt, die anstehenden Probleme zu lösen. Somit versteht sich systemisches Coaching als modernes Führungsinstrument, das den Mitarbeiter wertschätzt, unterstützt und in seiner Selbstwirksamkeit fördert. Coaching-Gespräche können einen bedeutenden Unterschied machen, weil sie sowohl in Entscheidungsfragen oder bei der Detailplanung einzelner Prozessschritte als auch in Veränderungssituationen und sogar bei Konfliktsituationen helfen können. Eine gelungene Form des Coachings ruht auf wenigen, leicht verstehbaren Eckpfeilern. Dabei nutzt die coachende Führungskraft zwei wichtige Komponenten:
- Die Klärung der Rahmenbedingungen für die Aufgabe (Der Mitarbeiter weiß so, was unabänderliche Bedingungen für das Projekt sind, was im Detail erwartet wird oder was nicht diskutiert werden kann.) und
- Coaching-Fragen zur Hilfe bei der Ausgestaltung der Aufgabenbewältigung. (Hier übernimmt die Führungskraft „das Fragen fragen“. Sie gibt keine Expertenratschläge und keine Antworten.)
Natürlich werden Mitarbeiter, die schon eine stark ausgeprägte „Ownership“-Mentalität und -Erfahrung haben, weniger Coaching-Unterstützung brauchen, als junge und noch weniger erfahrene Kollegen. Der Bedarf entsteht innerhalb jedes einzelnen Projekts und in der Arbeit mit jedem einzelnen Mitarbeiter neu.
Was spricht noch für Coaching in der Führung?
Heute stellen sich Führungskräfte aller Hierarchieebenen einer Vielzahl neuartiger Herausforderungen, auf die Coaching eine Antwort liefern kann. Zu diesen Herausforderungen gehören u.a. auch folgende:
- Das Wissen, die Menge und Komplexität von Informationen steigen täglich an und Führungskräfte erleben hautnah, dass sie nicht mehr „alles im Griff haben können“. Es wird unmöglich, über alle Einzelheiten Bescheid zu wissen und in vielen Fällen kann die Führungskraft auch nicht mehr „mehr wissen“ als sein Mitarbeiter.
- Das stetige Voraus- und Mitdenken einer Führungskraft innerhalb von Aufgabenbereichen, die ein Mitarbeiter übernehmen soll, hat dramatische Folgen. Es trägt dazu bei, dass der Mitarbeiter sich daran gewöhnt, stets überprüft zu werden oder „be-ratschlagt“ zu werden. Der Effekt ist ein sich „innerliches Zurücklehnen“ und das Ausschalten selbstständiger Gedanken. Wieso sollte der Mitarbeiter auch noch mitdenken? Früher oder später gibt ihm die Führungskraft Anweisungen, liefert Vorschläge, kontrolliert auf Richtigkeit und Vollständigkeit und übernimmt so alle Verantwortung. Das eigenverantwortliche Denken durch den Mitarbeiter wird nicht mehr benötigt.
- Die Globalisierung ermöglicht eine weltweite Vernetzung und Führungskräfte arbeiten mittlerweile häufig mit Teammitgliedern, die über alle Kontinente verstreut sind. Klare Führungskommunikation, die Übernahme von Eigenverantwortung des Mitarbeiters vor Ort und eine kreative, selbstbewusste Zielerreichung durch jeden Einzelnen wird essentiell.
- Der Wettbewerb um die „guten und kompetenten Leistungsträger“ wird immer härter. Führungskräfte sind gefordert, neue Wege zu gehen, um diese begehrten Mitarbeiter nicht zu verlieren. Nur so bleiben Know-how, Erfahrung und das gewachsene „Beziehungsvertrauen“ des Einzelnen (mit unternehmensinternen und -externen Kollegen) erhalten. Wichtige kurze Dienstwege, persönliche Kontakte und das „Netz erprobten Vertrauens“ bleiben der Führungskraft und dem Team bewahrt.
Diesen Herausforderungen adäquat zu begegnen ist mit Coaching möglich. Coaching-Techniken bringen viele Vorteile mit sich. Nachfolgend hier die wichtigsten zusammengefasst:
- Sie können heute als Führungskraft nicht mehr alle Antworten auf alle Fragen wissen – und durch Coaching müssen Sie das auch nicht mehr.
- Sie haben den Mitarbeiter aufgrund seiner Kompetenzen und Erfahrung in Ihrem Team und diese werden durch Coaching sichtbar und wirksam.
- Die persönlichen Fähigkeiten des Mitarbeiters werden gefördert.
- Mitarbeiter werden selbstverantwortlich und übernehmen Projekt-„Ownership“, denn jede „selbst-erdachte“ Lösung wird auch selbst verantwortet.
- Sie hören innerhalb des Coaching-Prozesses von Ihrem Mitarbeiter möglicherweise Neues und „nie bisher Da-gewesenes“, das auch Sie persönlich zum Lernen anregt.
- Coaching-Fragen wertschätzen den Gesprächspartner in all seine Persönlichkeitsfacetten. Als coachende Führungskraft werden Sie geschätzter Gesprächspartner und arbeiten an der Vertrauensbasis und Beziehung zu Ihrem Mitarbeiter.
Zwei der wenigen wichtigen Voraussetzungen, die als Führungskraft VOR einem Coaching eingehalten werden müssen, sind zum Einen die Klärung und Festsetzung der Rahmenbedingungen und zum Anderen die Arbeit an der inneren Führungshaltung.
Die Rahmenstrukturen, in denen sich ein Projekt bewegt, muss und kann nur die Führungskraft vorgeben. Es sind die „Leitplanken“ auf dem Weg zur Lösung, die der Mitarbeiter genau kennen sollte. Im Rahmen vereinen sich unternehmerische Vorgaben mit den persönlichen Erwartungen der Führungskraft. Ist der Rahmen nicht korrekt oder vollständig gezogen, kann die Arbeit des Mitarbeiters in Frustrationen enden. Deshalb sollte die Führungskraft sicherstellen, dass sie alle wichtigen vorausgesetzten Bedingungen an den Mitarbeiter weitergegeben hat.
Die innere Führungshaltung, die es für systemisches Coaching braucht, hat zwei Komponenten:
- Die Führungskraft vertraut dem Mitarbeiter, schätzt ihn und ist davon überzeugt, dass der Mitarbeiter alles weiß und kann (bzw. in Erfahrung bringen kann), um die Aufgabe zu lösen.
- Die Führungskraft weiß oder akzeptiert zu 100%, dass ihre eigenen Ziele, Lösungen oder Ideen nur Varianten sind und sein Mitarbeiter ganz eigene gute und passende Ziele, Lösungen und Ideen entwickeln kann. Im Coaching-Gespräch geht es einzig und allein um die Lösungen des Mitarbeiters.
Was tut eine Führungskraft nun genau, wenn sie coacht?
Jeder Coach - auch eine Führungskraft – tut gut daran, sich an einen gewissen Ablauf zu halten. Im Coaching gibt es 5 Schritte, die sich bewährt haben. Nach der Problembeschreibung durch den Mitarbeiter (Schritt 1), stellt die Führungskraft Fragen nach dem zu erreichenden Ziel (Schritt 2). Ist die Zielformulierung abgeschlossen widmen sich die Folgefragen der Phase „Auftragsklärung“ (Schritt 3). Hier wird erarbeitet, was sich der Mitarbeiter von der Führungskraft erwartet und die Führungskraft entscheidet (Problem- bzw. Projektabhängig) welche Unterstützung sie anbieten will und kann (manchmal wird die Führungskraft Informationen zur Rahmenklärung weitergeben; manchmal eine Anweisung aussprechen). Entscheidet sie sich an dieser Stelle für ein Coaching, sind die Weichen für das folgende Gespräch gestellt (worüber sie den Mitarbeiter auch informieren sollte). Nun beginnt das Herzstück des Coachings: die Lösungssuche und -gestaltung (Schritt 4). Sind alle Wege zur Lösung gefunden, leitet der Mitarbeiter im nächsten Schritt konkrete Maßnahmen und Details ab (Schritt 5).
Hier als Beispiel eines Auswahl möglicher Fragen für die verschiedenen Phasen eines solchen Gesprächs:
- Gesprächsphase – Problembeschreibung: „Um was geht es?“
- Gesprächsphase - Zielformulierung: „Was möchten Sie nun optimalerweise in diese Sache erreichen?“ u.v.m.
- Gesprächsphase - Auftragsklärung: „Und was können wir besprechen, damit Sie gut weiterarbeiten können/vorwärts kommen?“ u.v.m.
- Gesprächsphase - Lösungssuche:
- „Woran erkennen Sie, dass Sie die richtige Lösung gefunden haben?“
- „Wer wäre von Ihrer Lösung möglicherweise noch betroffen?“
- „Wer kann Sie unterstützen?“
- „Was würden Ihnen Ihre Kollegen raten?“
„Wie sieht das ideale Ergebnise – wenn an alles gedacht ist – aus?
- „Was läuft schon gut?“
- „Was können Sie tun, um alles (das Problem) noch schlimmer zu machen?“
- „Was würde ich Ihnen raten?“
- u.v.m.
- Gesprächsphase - Nächste Schritte: „Was werden Sie als nächstes konkret tun/ in Angriff nehmen?“
Richtig praktiziert ist Coaching eine besonders elegante Kommunikationsart, die unendlich große Chancen auf erfolgreiche und nachhaltige Ergebnisse birgt. (Bartels O., Wundsam K.,: Mein erstes Mal. Was Coaching alles verändern kann. Wien, 2011). Coaching als Führungsinstrument kann von einer Führungskraft erlernt werden und schon nach wenigen Durchläufen stellt sich eine Prozesssicherheit ein, die für beide Seiten bereichernd wirkt, die gewünschten Effekte erzielt und sogar großen Spaß macht.
Das Wichtigste in Kürze!
- Was? Innerhalb des vorgezeichneten Führungsrahmens übernimmt der Mitarbeiter ein Projekt bzw. eine Aufgabe. Er kennt die Grenzen und seinen Gestaltungsspielraum, für den er 100%ig verantwortlich ist.
- Wer? Die Führungskraft ist Coach und stellt Fragen. Der Mitarbeiter ist der „Probleminhaber“, sucht Antworten und Lösungswege.
- Wann? In jedem Schlüsselmoment, in dem der Mitarbeiter Unterstützung braucht und die Führungskraft keine (Experten-)Antwort hat, bewusst keine geben will oder nach neuartigen Lösungswegen gesucht werden soll.
- Woher? Der Mitarbeiter erkennt eine Notwendigkeit, ein Bedürfnis, um innerhalb seiner Aufgabe vorwärts zu kommen. Die Initiative und Anfrage für ein Coaching geht vom Mitarbeiter aus.
- Wofür? Zum vollständigen Erreichen der genannten Ziele. (Zur selbstverantwortlichen Ausfüllung des Gestaltungsspielraumes innerhalb der Aufgabe.)
- Wie? Durch Fragestellungen, die den Mitarbeiter dabei unterstützen, eigene Antworten und Lösungen zu finden. Fokussierend auf seine individuellen Kompetenzen.
- Warum? Für den Mitarbeiter: Um nachhaltig mehr Erfolg bzw. Kreativität, eine größere Performance, Autonomie, Selbstwirksamkeit und/oder Zufriedenheit zu erreichen. Für die Führungskraft: Um nachhaltig mehr Erfolge, Selbstverantwortung des Einzelnen, höhere Mitarbeiter-/Teamperformance zu erreichen; für ein gutes Arbeitsklima und/oder persönliche Arbeitsentlastung und/oder persönliche Zufriedenheit, etc.